Stadtbibliothek platzt aus allen Nähten
Anerkennung und Förderung vom Bund - aber immer noch keine Perspektiven von der Stadt - SPD-Fraktion drängt jetzt mit Antrag

Die Stadtbibliothek Heilbronn im K 3 erfreut sich großer Beliebtheit. Diese Kulturstätte der Stadt ist eigentlich attraktiv untergebracht, platzt aber aus allen Nähten. Foto Fritz-Kador
Von Brigitte Fritz-Kador
Heilbronn. Heilige Ruhe herrscht selten in den Räumen der Stadtbibliothek Heilbronn, dazu ist hier viel zu viel los. Weil sie schon längst aus allen Nähten platzt und es auch an Ruhezonen fehlt, ist ihre räumliche Erweiterung seit Jahren ein Thema, nun aber auch Voraussetzung dafür, dass das umgesetzt wird, was deren Leiterin Monika Ziller so versprochen hat: "Mehr kulturelle Vielfalt bieten! Die Stadtbibliothek Heilbronn startet 2018 mit neuen Perspektiven."
Das wird ihr durch einen besonderen Erfolg teilweise leicht gemacht: Ende letzten Jahres wurde ihr Förderantrag im Rahmen des Programms "360° - Fonds für Kulturen der neuen Stadtgesellschaft" der Kulturstiftung des Bundes positiv beschieden - als eine von fünf Bibliotheken in Deutschland. Ab diesem Sommer gibt es für vier Jahre die Vollförderung von bis zu 360.000 Euro. Damit soll eine(n) Kulturagentin/agenten finanziert werden um die Diversitätsarbeit zu begleiten, dazu kommen freie Mittel für neue oder überarbeitete Programminhalte.
Die Stadtbibliothek war schon vor der "Flüchtlingswelle" ein bevorzugter Lernort für junge Menschen, leicht erreichbar auch für die aus der weniger privilegierten Quartieren der Nordstadt und Menschen mit Zuwanderungsgeschichte, die Stadtbahn hält vor der Haustüre. Im Jahr der großen Flüchtlingswelle, 2016, wurden über 1000 Bibliotheksausweise an Flüchtlinge ausgestellt, sie kommen bis heute regelmäßig in großer Zahl um zu lernen. Spitzenreiter ist man aber auch in der Ausleihe bei jungen Menschen: 80 Prozent der Heilbronner Grundschüler sind Nutzer der Stadtbibliothek - und das schon seit Jahren.
Die Förderung durch den Bund ist das eine, die Aussichten für die seit Jahren anstehende Erweiterung das andere; An Solidaritätsbekundungen fehlt es nicht, an konkreten Maßnahmen schon. Dabei ist ein Problem schon ausgeräumt: Die im letzten Jahr anstehende Erneuerung der Mietverträge ist erfolgt - unter günstigeren Bedingungen. Seit 2001 ist die Stadtbibliothek Mieter im K3, die Rede ging von zuvor 600.000 Euro Jahresmiete. So mancher Stadtrat rechnete der Verwaltung vor, was man für diese Summe hätte alles selber bauen können.
Schon 2015 hatte sich der Freundeskreises der Stadtbibliothek ("Lesen-Hören-Wissen") in einem offenen Brief an die Öffentlichkeit und Entscheidungsträger gewandt, nach den Zukunfts- und Raumperspektiven gefragt. Jetzt hat die SPD-Fraktion im Heilbronner Gemeinderat die Initiative ergriffen und den Antrag gestellt, noch vor der Sommerpause ein Raumkonzept für die Sanierung und Gestaltung der Erweiterungsflächen sowie den Umbau der Bestandsflächen zu erstellen, dies auch für die inhaltliche Ausrichtung, den Personal- und Finanzbedarf und der Darstellung der Einsparung seit Reduzierung der Mietkosten.
Überrascht habe man zur Kenntnis genommen, so die SPD-Fraktion, dass die zugesagten Erweiterungsfläche noch nicht einmal angemietet worden seien, noch habe man sich auf das ein Konzept für die nächsten 20 Jahre verständigt. "Das ist ärgerlich" sagt SPD-Stadträtin Tanja Sagasser-Beil. Man habe der Verlängerung des Mietvertrags in dem Glauben zugestimmt, dass im Jahr 2017 geplant und im Jahr 2018 umgebaut wird." Eine zeitgemäße, an den Bedürfnissen einer digitalen Bildungsgesellschaft orientierte Bibliothek müsse mit dem gleichen Herzblut vorangebracht werden, wie andere Projekte. Die Stadt Heilbronn arbeitet derzeit an eine rneuen Kulturkonzeption.
In dem Schreiben des Freundeskreises, hieß es: "Aber waren Sie schon einmal am Nachmittag in der Bibliothek? Mitten unter all den lernenden Kindern und Jugendlichen in den Gängen? Haben Sie die stickige Luft erlebt? Vorträge, ankämpfend gegen den Lärmpegel während der offiziellen Öffnungszeit?" Das war noch vor der Flüchttingswelle, die der Stadtbibliothek neue und große Besucherschichten brachte. Die Stellungnahme der Stadt aus diesen Tagen könnte auch von letzten oder vorletzten Jahr stammen: "Derzeit sind wir verwaltungsintern dabei, verschiedene Szenarien für die Erweiterung der Bibliothek zu planen und die entsprechenden, belastbaren Zahlen dazu zu erheben. Detailliertere Aussagen über Umfang, Kosten und Zeitraum der Erweiterung der Stadtbibliothek sind daher momentan noch nicht möglich."
Gerade hat Monika Ziller die Ergebnisse einer Besucherumfrage von 2017 vorgelegt. Ein Drittel der Nutzer kommt zum Lernen, knapp die Hälfte zielgerichtet nur in die Bibliothek. Von den Nutzern bis 25 Jahre halten sich mehr als Hälfte länger als eine Stunde auf, 37 Prozent von ihnen sind "sehr zufrieden", 55 Prozent "zufrieden". Im Vergleich mit Freiburg, Ulm, Heidelberg, Karlsruhe, Pforzheim, Mannheim, Reutlingen und auch Stuttgart liegt Heilbronn bei den absoluten Besucherzahlen an dritter Stelle mit über 600.000.