In der "Querdenker-Apotheke" sind Masken-Muffel willkommen
Ein Plakat vor der Apotheke hieß "Menschen ohne Maske" willkommen, das Personal trug "Querdenker"-Sticker.

Von Brigitte Fritz-Kador
Heilbronn. Apotheken sind eigentlich Orte der Gesundheit, aber aus der Welt gefallen sind sie auch nicht – und das heißt: Maskenverweigerer und "Querdenker" gibt es auch dort, und das hat dann eine andere Relevanz, als wenn man ihnen auf offener Straße oder im freien Gelände begegnet.
Auch Heilbronn ist nicht frei davon. Für jedermann einsehbar war Apotheken-Personal, an dessen Arbeitsplatz im Außenbereich zwar die vorgeschriebenen Hinweise zur Maskenpflicht und Abstandhalten aushängen, das aber einen "Querdenker"-Sticker am weißen Kittel trägt. Kaum zu übersehen war auch ein Plakat in knalligen Farben, auf dem ein "Superman-Abklatsch" verkündet: "Hier sind auch Menschen ohne Maske willkommen!" Es hing noch zu Wochenbeginn direkt neben einem anderen Plakat mit der Aufschrift: "Bitte Mund und Nase bedecken".
Die ARD hatte schon im Dezember in der Sendung "Monitor" darauf hingewiesen, dass man diese Plakate vor allem an Orten antrifft, die bekannt sind als Hotspots für Corona- wie auch Verschwörungsmythen – und der AfD, etwa in den sächsischen Städten Bautzen und Görlitz.
Auch wenn in den allermeisten Apotheken in Heilbronn nicht nur peinlich genau, sondern auch nachhaltig freundlich auf die Einhaltung aller Vorschriften geachtet wird, bleibt doch die Frage, wie man mit denen verfährt, die es nicht tun.
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In der Deutschen Apothekerzeitung heißt es dazu: "Auch unter Apothekern gibt es sogenannte Querdenker. Aber: Handelt es sich nur um Einzelfälle? Und halten sich selbst diejenigen, die vermeintlich ,querdenken‘, an die Corona-Regeln? Es scheint so. Den Apothekerkammern liegt jedenfalls eine verschwindend geringe Anzahl an Beschwerden im Zusammenhang mit den Corona-Maßnahmen vor."
Eine Beschwerde aus Heilbronn aber hat auch die Apotheken-Zeitung erreicht: Ihrer kostenlos verteilten Kundenzeitung hatte eine Apotheke nachträglich ein Info-Blatt beigelegt (was schon presserechtlich nicht gestattet ist), das inhaltlich die Argumente von Corona-Leugnern und Maskenpflichtverweigerern aufnahm. Auch von mindestens einer Arztpraxis in Heilbronn weiß man, dass sie diesem "Lager" zuzurechnen ist – ein Blick ins Internet auf die Seite "Ärzte klären auf" genügt, um sich von deren Argumenten ein Bild zu machen.
Zwei fraktionslose Abgeordnete im Stuttgarter Landtag, dem äußerst rechten Spektrum zuzurechnen, sind bekennende Corona-Leugner und Maskenverweigerer, was sie bei jeder Gelegenheit demonstrieren. Und die Heilbronner AfD-Abgeordnete im Bundestag, Franziska Gminder, hat sich im Herbst letzten Jahres einen Ordnungsruf von Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble eingehandelt, als sie ohne Maske das Plenum betrat.
Der Ostbeauftragte der Bundesregierung, Marco Wanderwitz (CDU), hat gerade erst auf den Zusammenhang zwischen dem Anteil der AfD-Anhänger in einer Region und der dortigen Corona-Lage hingewiesen: "Wer die Infektionsschutzmaßnahmen ablehnt, wie viele AfD-Anhänger, Reichsbürger und Esoteriker es tun, hilft am Ende bei der Ausbreitung des Virus." An deutschen, aber auch an Universitäten in den USA wird inzwischen geforscht, ob ein Zusammenhang zwischen parteipolitischer Bindung und dem Verhalten gegenüber den Corona-Vorschriften besteht.
Insofern ist der Heilbronner AfD-Stadtrat Michael Seher dann doch ausgeschert: Seine Ende letzten Jahres angekündigte Großspende von 500 Masken für Heilbronner Schulen ist inzwischen eingetroffen und auch verteilt worden. Aber unübersehbar ist auch, dass Heilbronn nach den letzten Wahlen einen der höchsten Anteile an AfD-Wählern im Land hatte, die Stadt aber, auch wenn die Inzidenz inzwischen unter der 200er-Marke liegt, immer noch "Spitzenreiter" im Lande ist.
Eine Zahl dazu ist auf RNZ-Nachfrage zu erhalten gewesen: Seit Beginn des Corona-Ausbruchs, beziehungsweise seit dem Erlass entsprechender Vorschriften zu Maskentragen, Abstandhalten, Ausgehverbot und Quarantäneverstößen wurden in Heilbronn bisher 1816 Verstöße geahndet. Die Zahl der (mündlichen) Verwarnungen ist nicht erfasst, bekannt ist aber, dass es Polizei und kommunaler Ordnungsdienst hier "situationsangemessen" oft dabei belassen – eine Praxis, die auch schon Kritik hervorgerufen hat.