Neue Innovations-Campus-Projekte geplant
Baden-Württemberg will die Bereiche Nachhaltigkeit und Quantentechnologie fördern und weiter ausbauen. Ein bestehendes "Erfolgsmodell" soll ausgeweitet werden.

Von Roland Muschel, RNZ Stuttgart
Stuttgart. Ob Tesla, Intel oder Northvolt: Große Investoren machen seit geraumer Zeit einen Bogen um Baden-Württemberg. So hat der US-amerikanische Hersteller Tesla im März 2022 seine große E-Auto-Fabrik in Brandenburg eröffnet. Im gleichen Monat haben der US-amerikanische Halbleiterproduzent Intel und der schwedische Batteriezellenhersteller Northvolt ihre Standortwahl für Milliardeninvestitionen bekannt gegeben: Sie fiel auf Sachsen-Anhalt respektive Schleswig-Holstein. Gleichzeitig hat Baden-Württembergs angestammte Export-Industrie im Zuge der Preisexplosion mit ihrer starken Energieabhängigkeit und angesichts der weltpolitischen Lage auch mit ihrer hohen Abhängigkeit von Exporten nach China zu kämpfen. Klimakrise und Strukturwandel setzen dem Standort zusätzlich zu.
Was also tun? Die grün-schwarze Koalition setzt in dieser Situation auf zwei zentrale Weichenstellungen zur Sicherung der Wirtschaftskraft und damit des Wohlstands des Lands: Sie will zum einen eine neue Ansiedlungsstrategie auf den Weg bringen und zum anderen die Innovationscampus-Projekte stärken und ausweiten. Für beide Vorhaben sollen im Doppelhaushalt 2023/24 insgesamt rund 45 Millionen Euro investiert werden.
"Die Industrie-Landkarte wird gerade neu geschrieben. Damit Baden-Württemberg nicht absteigt wie einst das Ruhrgebiet, wollen wir gezielt Forschung und Firmen mit Zukunft ins Land holen", sagt Grünen-Fraktionschef Andreas Schwarz im Gespräch mit dieser Zeitung. "Die Ansiedlungsstrategie und der Ausbau der Innovationscampus-Modelle sind dabei zentrale Bausteine."
Drei Innovationscampus-Modelle gibt es im Land bereits: das 2016 ins Leben gerufene Cyber Valley in Tübingen und Stuttgart mit dem Schwerpunkt Künstliche Intelligenz, den 2019 gestartete Innovationscampus "Mobilität der Zukunft" an den Standorten Karlsruhe und Stuttgart sowie die im August 2022 eingeweihte "Health and Life Science Alliance" in Heidelberg und Mannheim. Die Idee ist jeweils, Grundlagen- und Anwendungsforschung von Hochschulen und außeruniversitären Forschungseinrichtungen mit unternehmerischem Denken und dem Spirit der Start-ups zu vernetzen und so die Erkenntnisse aus dem Labor zur Anwendung zu bringen.
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"Wir wollen das Erfolgsmodell nun ausweiten", kündigt Schwarz an. "In Freiburg und Karlsruhe soll ein neuer Innovationscampus Nachhaltigkeit entstehen. Zudem schaffen wir einen auf Teilstandorte von Ulm über Stuttgart bis Karlsruhe verteilten Innovationscampus Quantentechnologie." Damit, ergänzt CDU-Fraktionschef Manuel Hagel, bringe man den Forschungsstandort "auf ein neues Level". Wissenschaft und Forschung seien der Grundstein für die wirtschaftliche Stärke des Landes. "Wir wollen, dass das so bleibt."
Beim neuen Innovationscampus Nachhaltigkeit solle es darum gehen, Lösungen für nachhaltiges Wirtschaften zu finden, sagt Schwarz. "Wie können wir etwa Lieferketten klimaneutral oder Materialkreisläufe nachhaltiger gestalten?" Die Quantentechnologie wiederum sei "die Schlüsseltechnologie des 21. Jahrhunderts" mit enormen Potenzialen etwa in der Medizintechnik.
Der Innovationscampus Quantentechnologie soll ab 2023 geschaffen werden, im Doppelhaushalt sind dafür 8,1 Millionen Euro bereitgestellt, für den Innovationscampus Nachhaltigkeit ab 2024 1,0 Millionen Euro jährlich. Zusätzliche Mittel erhalten auch die bestehenden Projekte. Fürs Cyber Valley sind ab 2023 jährlich 3,05 Millionen Euro zusätzlich zur bestehenden Förderung vorgesehen plus die Finanzierung eines Neubaus für 40 Millionen Euro, für den Innovationscampus Mobilität ab 2024 jährlich 4,8 Millionen Euro zusätzlich sowie einmalig 800.000 Euro. Der Innovationscampus Lebenswissenschaften wiederum soll 2023 zusätzlich 5,0 Millionen Euro und ab 2024 jährlich 10,0 Millionen Euro erhalten.
Für die Ansiedlungsstrategie will die Regierung im Doppeletat 11,8 Millionen Euro bereitstellen. Damit sollen unter anderem Ansiedlungsscouts finanziert werden, die potenzielle Investoren ansprechen und für den Standort gewinnen sollen. Der Großteil der Mittel fließt für die Weiterentwicklung der Landesagentur Baden-Württemberg International (bw-i) zur zentralen Standortförderungsagentur.