Es könnte schlimmer sein
Die Südwest-Industrie weniger abhängig von russischem Gas als in anderen Bundesländern.

Stuttgart. (jsz) Die Landesministerin für Umwelt und Energie, Thekla Walker (Grüne), will in Baden-Württemberg sofort massiv Gas sparen, um für den Winter eine stabile Versorgung zu sichern. Vor dem Landtags-Umweltausschuss verwies sie am Donnerstag gleichzeitig darauf, dass die Situation im Südwesten nicht ganz so dramatisch sei wie in anderen Bundesländern.
Walker erstattete dem Gremium in öffentlicher Sitzung Bericht zu der Frage: "Vorbereitung auf die Gasmangellage im Herbst und Winter – was plant die Landesregierung, um Energie einzusparen?" Anders als vor der Ölkrise in den 1970er Jahren habe es in Deutschland für den Bereich Gas bislang keine Vorgaben gegeben, wie etwa die Speicher gefüllt sein müssten. Es sei eine enorme Aufgabe, jetzt gerechte Mangelszenarien zu berechnen.
Die Ministerin erläuterte zunächst die Anstrengungen des Bundes und der Bundesnetzagentur. Es gebe dabei ein Krisenteam, in dem Baden-Württemberg zusammen mit Bayern vertreten sei. Im Hintergrund würden Verteilungskriterien für eine Mangellage erarbeitet, die im Fall einer Notfallstufe transparent gemacht würden. In der aktuellen Alarmstufe gehe es darum, vorsorglich Gas einzusparen.
Seit dem 11. Juli ist der Gasfluss aus Russland wegen der Wartung der Pipeline Nord Stream 1 auf 40 Prozent reduziert. Ob und gegebenenfalls in welcher Höhe die Lieferungen nach Abschluss der Wartung am 21. Juli wieder ausgeweitet werden, ist offen. Walker verwies auf Berechnungen der Bundesnetzagentur, wonach Deutschland bei einer dauerhaften Drosselung jetzt 20 Prozent einsparen müsse, um im Winter eine stabile Versorgung zu sichern. Außerdem bereite die Bundesnetzagentur ein Aktionsmodell vor, bei dem Unternehmen nicht benötigtes Gas am Markt zur Verfügung stellen könnten.
Die Ministerin beruhigte die Ausschussmitglieder insofern ein bisschen, als Baden-Württemberg im Gegensatz zu einigen östlichen Bundesländern auch Gas aus anderen Himmelsrichtungen beziehe, etwa den Benelux-Staaten. "Aber es ist natürlich auch für uns und auch für unsere Industrie eine ganz zentrale Frage: Gelingt es uns jetzt noch in den kommenden Monaten, das entsprechend so vorzubereiten, dass wir mit dieser Lage klarkommen?" Das sei vor allem eine technische Frage. Es werde angesichts des Preisdrucks aber auch soziale Hilfen und Überlegungen geben müssen, wie man etwa in finanzielle Schieflage geratene Stadtwerke absichern könne.
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Walker berichtete der Runde über die unterschiedlichen Füllstände der Gasspeicher in Baden-Württemberg, erläuterte aber auch, dass für das Bundesland ein aktuell niedrig gefüllter Großspeicher in Österreich von Bedeutung sei. In der Antwort auf eine Landtagsanfrage der SPD hatte ihr Haus diese Verhältnisse vor Kurzem detailliert aufgelistet.
Walker erklärte, es gebe bereits eine umfangreiche Liste mit möglichen Einzelmaßnahmen, die je nach Kommune und Einrichtung unterschiedlich ausfallen könnten. "Im Land sind wir aufgestellt, wir bereiten die Lage und die Szenarien, die kommen, vor." Jetzt sei die Zeit "ganz massiv" Energie einzusparen, sagte Walker, und zwar unabhängig von der unmittelbaren Zukunft, denn Russland werde ein unzuverlässiger Geschäftspartner bleiben. Es sei wichtig, dass sich an diesen Anstrengungen alle beteiligten.




