Die Sieger des Klimawandels
Etliche Arten haben sich etabliert - Mal mehr, mal weniger gefährlich

Baden-Württemberg. (mare) Der Schaden des Rekordsommers war groß. Stichwort Ernteausfälle. Stichwort Pflanzensterben. Stichwort Fischsterben. Doch es gibt auf der Kehrseite auch Sieger der Hitze. Nämlich Tiere aus exotischen Regionen, die dank des Klimawandels nun auch im Südwesten Deutschland eine Heimat gefunden haben und sich hier ausbreiten. Und zwar zu Tausenden. Zum Teil als regelrechte Plagen. Zum Teil ungefährlich für Mensch und Ökosystem. Zum Teil als Gefahr.
Eine kleine Übersicht über die Sieger des Klimawandels und "neuen" tierischen Bewohner im Südwesten:
Bernstein-Waldschabe

Die Bernstein-Waldschabe stammt ursprünglich aus Südeuropa und hat sich in den letzten Jahren im Südwesten etabliert. Gerade im Sommer - wenn es besonders heiß und trocken ist - kann es zu regelrechten Invasionen durch Bernstein-Waldschaben kommen. Die tagaktiven Tiere nisten sich gerne in Häusern und Wohnungen ein, verenden dort aber auch schon nach wenigen Tagen. Denn Nahrung finden sie hier nur wenig. Die flugfähigen Schaben essen nämlich bevorzugt zersetzende Pflanzen. Die Bernstein-Waldschabe ist hellbraun gefärbt und wird etwa neun bis 14 Millimeter groß. Die Fühler sind dabei fast doppelt so lang wie der Körper. Die Tiere sind harmlos.
Spinnenläufer
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Aus dem Mittelmeerraum her hat sich der wieselflinke Spinnenläufer im Südwesten eingenistet. Das Tier sieht dabei im ersten Moment furchteinflößend aus - fast wie ein kleines, 33 Millimeter großes Alien. Der Spinnenläufer hat viele lange Beine und Fühler und schafft einen halben Meter pro Sekunde. Der Gliederfüßer liebt die Wärme und hat sich aufgrund der globalen Erwärmung nun auch in Baden-Württemberg niedergelassen. Der nachtaktive Jäger fühlt sich besonders in Gebäuden und dort vor allem in feuchten Kellern wohl. Das Tier ist für den Menschen harmlos - dennoch kann sein Biss schmerzhaft sein. Der Spinnenläufer ist aber tendenziell schreckhaft. Was jedoch nicht in Bezug auf andere Tiere gilt: Hier ist er erbarmungsloser Jäger, der dank seiner sensiblen Fühler seine Beute - meist Fliegen - früh wittert, überfallartig angreift und mit seinen Klauen Gift injiziert.
Halsbandsittich

Invasion der Papageien! Der Halsbandsittich hat sich nämlich mittlerweile in der gesamten Rheinebene ausgebreitet - allein im Rhein-Neckar-Raum sollen es über 3000 sein. Zunächst kamen die giftgrünen Papageien mit den roten Schnäbeln als Käfigtiere nach Deutschland. Doch einige Tiere konnten fliehen - und nun genießen die Exoten aus Nordafrika oder aus Indien zu Tausenden ihre Freiheit. Im heimischen Klima fühlen sie sich nämlich sehr wohl, kommen besonders in Parks in Städten gut über den Winter. Denn hier finden sie genügend Nahrung: Beeren, Obst oder Blüten. Die Vögel können in Bäumen und Höhlen auch gut nisten und beispielsweise auf Platanen schlafen. Die Halsbandsittiche gelten unter Forschern als Gefahr für das heimische Ökosystem: Denn sie sind Konkurrenten um Nahrung und Lebensraum für alteingessene Tierarten. Daher - und weil sie auch relativ leicht Krankheiten übertragen können und so auch für den Menschen eine potentielle Gefahr sind - wird diskutiert, die Population einzudämmen.
Asiatischer Tigermoskito

In Heidelberg ist das bissige Insekt fast schon gefürchtet: der asiatische Tigermoskito. Zu einer regelrechten Plage in der Bahnstadt war das Tier in diesem Sommer geworden. Denn bei sehr warmen Temperaturen entwickeln sich die Tigermücken besonders gut. Daher fühlen sich die blutsaugenden Insekten nun auch bei uns wohl. Das langbeinige Insekt mit den Fühlern kann dabei auch für den Menschen zur Gefahr werden - es gilt als Krankheitsüberträger. Mittel gegen den tropischen Blutsauger gibt es wenig. Zwar kann deren Population lokale eingegrenzt werden. Aber eine vollständige Ausrottung scheint nicht möglich. Man wird sich an die Tigermücke gewöhnen müssen.
Amerikanischer Flusskrebs

In den Gewässer herrscht Krieg. Nämlich zwischen den einheimischen Krebsen und dem eingewanderten amerikanischen Flusskrebs. Das bis zu zwölf Zentimeter große Tier mit den beiden großen Scheren ist dabei Überträger der Krebspest - selbst aber immun dagegen. Daher nimmt ihre Anzahl überhand, wird sogar zum Problem. Die EU führt den amerikanischen Flusskrebs gar schon auf der "Liste der unerwünschten Tierarten". Das Tier ist nachtaktiv und legt in der Regel Höhlen an, fühlt sich aber auch im schlammigen Boden wohl und braucht zudem noch nicht einmal sauberes Wasser zum Leben, sondern kann sich auch in verunreinigten Gewässern vermehren.
Buchsbaumzünsler

Angefressene Blätter: Ein Zeichen, dass der Buchsbaumzünsler sein Unwesen im Garten treibt. Die Raupe kam Anfang des 21. Jahrhunderts aus Ostasien nach Europa und legt seine Eier auf Blättern des Buchsbaums ab. Der Schädling wird bis zu fünf Zentimeter lang und ist grün-schwarz gestreift beziehungsweise gepunktet. Als Falter erreicht er eine Flügelspannweite von 40 bis 45 Millimeter und ist meist Weiß mit braunem Rand. Als Raupe durchläuft der Buchsbaumzünsler etwa sieben Larvenstadien und kann zu kompletten Kahlfraß führen. Auffällig ist, dass geschädigte Pflanzen von einem Gespinst umgeben sind.
Maiswurzelbohrer

Aus den USA hat sich in den 1990er der Maiswurzelbohrer in den Südwesten verirrt - und hier etabliert. Der etwa fünf Millimeter große Käfer hält sich, wie der Name schon sagt, liebend gern am Mais gütlich - und kann so erheblichen Schaden anrichten. Das Tier hat einen schwarzen Kopf mit dunklen Fühlern und gelbem Halsschild und gelben Streifen an den Flügeln. Sie treten verstärkt ab Mitte Juni auf. Dabei krabbeln sie flink auf dem Mais umher und können auch fliegen. Ihre Eier - rund 200 bis 300 Stück - legen sie im Boden der Maisfelder ab. Seit 2014 wird der Maiswurzelbohrer von der EU nicht mehr als Schädling angesehen. Dennoch wird er etwa per Fruchtwechsel oder mit Insektiziden bekämpft.
Körbchenmuschel

Eigentlich sind sie ja heimisch, die Körbchenmuscheln. Denn schon vor tausenden von Jahren gab es sie in Europa. Doch mit der letzten Eiszeit vor rund 11.000 Jahren starben sie hierzulande aus. Und erlebten aber im 20. Jahrhundert eine Renaissance - sie wurden aus dem ostasiatischen Raum eingeschleppt und breiteten sich - wieder - aus. Es gibt zahlreiche Arten an Körbchenmuscheln - der Hauptunterschied wird zwischen fein- und grobgerippter Körbchenmuschel gemacht. Gemein ist im groben ihre Funktionsweise der Kiemen, des Schlosses und der Muskeln. Sie wird etwa 36 Millimeter lang, die Wirble sitzen mittig und die Schale ist sehr dick. Sie leben auf schlammigen Flussböden und florieren vor allen Dingen bei viel Licht und hoher Temperatur.
Waschbär

Ein nachtaktiver Jäger: Der Waschbär ist Mitte des 20. Jahrhunderts in Europa eingewandert und hat sich - nicht zuletzt aufgrund seiner Anpassungsfähigkeit - hier etabliert. Das Tier kann bis zu 71 Zentimeter lang und neun Kilo schwer werden. Als Nahrung dienen ihm vor allem Pflanzen, aber auch Weichtiere und Wirbeltiere. Der bevorzugte Lebensraum des Waschbären sind wasserreiche Mischwälder, sie schlafen am liebsten auf Bäumen oder im Gestrüpp. Bei Jägern und Naturschützern gilt er als Gefahr für das heimische Ökosystem - diese Annahme ist jedoch umstritten. Vor allem mit Vögeln gibt es Konflikte, da Waschbären mögliche Nistplätze vernichten können. Auch als Krankheitsüberträger kommt das Tier infrage - und somit potentielle Gefahr für den Menschen.
Kräuseljagdspinne

Kräuseljagdspinne. Foto: kaz
Sie kommt in die Wohnungen: Seit zehn Jahren breitet sich die Kräuseljagdspinne im Südwesten aus. Vom Aussehen her ähnelt das Tier einer Tarantel. Sie kann bis zu zwei Zentimetern Körperdurchmesser groß werden, Merkmal sind die haarigen Beine. Da sie ursprünglich aus dem Mittelmeerraum kommt, mag sie es sehr warm. Daher nistet sie sich gerne in Gebäuden ein. Netze spinnt die Kräuseljagdspinne aber nicht. Sie fängt ihre Beute nämlich im Sprung - dabei schießt sie die Fäden ab, die ihr Futter lähmen. Für den Menschen ist die Spinne aber harmlos. Ihr Biss ruft maximal Rötungen hervor - und sie beißt auch nur zu, wenn sie sich bedroht fühlt.
Asiatischer Marienkäfer

Kleiner süßer Käfer, große Bedrohung für seine heimischen Artgenossen: der asiatische Marienkäfer. Der asiatische Marienkäfer ist äußerlich etwas größer als sein europäisches Pendant, hat ein weißes Kopfschild und anderes Punktemuster. Er isst etwa 400 Blattläuse am Tag - doppelt so viel der europäische Marienkäfer. Feinde hat er nur wenige, da er sehr bitter schmeckt. Das kann auch Auswirkungen auf die Wein- oder Gemüseernte haben, falls Käfer bei der Lese mit in die Verarbeitung geraten. Ende des 20. Jahrhunderts wurde er vom Menschen aus Nordamerika nach Europa gebracht - und kann nun zur Plage werden, da sich besonders im Herbst oftmals ganze Schwärme bilden.