Ein Jahr nach Zulassung

So ernüchternd steht es um die E-Roller-Revolution im Südwesten

Sie sollten für eine kleine Revolution im Straßenverkehr sorgen: Rund ein Jahr ist es nun her, dass E-Tretroller in Deutschland zugelassen wurden. Was hat sich im Südwesten getan?

10.06.2020 UPDATE: 10.06.2020 13:50 Uhr 1 Minute, 50 Sekunden
Foto: dpa

Heidelberg. (dpa) In Großstädten gehören sie schon zum Stadtbild: Elektro-Tretroller sollten Autofahrten ersetzen und damit auch zum Umweltschutz beitragen. Doch fast ein Jahr nach der Erlaubnis für die kleinen Flitzer in Deutschland fällt zumindest die Bilanz des ADAC Württemberg ernüchternd aus. "Wir gehen davon aus, dass fast keine Autofahrten durch E-Scooter eingespart werden", sagte ADAC-Verkehrsexperte Holger Bach. Gerade Mietmodelle würden eher spontan für Kurzstrecken genutzt. Sie seien aber weniger Bestandteil einer Wegekette. "Eine positive Umweltwirkung ist bei den E-Scootern zur Leihe so gut wie nicht vorhanden."

Am 15. Juni ist es genau ein Jahr her, dass der Weg für E-Tretroller bundesweit frei gemacht wurde. Seitdem sind die batteriebetriebenen Fahrzeuge, die man mit einer App mieten kann, vor allem in größeren Städten verfügbar. Im Südwesten rollen sie etwa in Stuttgart, Heidelberg, Karlsruhe und Mannheim. Ulm will nun vielleicht nachziehen. Und auch in Freiburg könnten E-Tretroller kommen.

Mit den bis zu 20 km/h schnellen Scootern dürfen über 14-Jährige Radwege oder - wenn nicht vorhanden - Straßen befahren. Eine Helmpflicht gibt es nicht, der ADAC empfiehlt jedoch, sich mit einem Helm zu schützen. In Baden-Württemberg gab es laut Innenministerium bis zum Mai 118 polizeilich registrierte Verkehrsunfälle mit E-Tretrollern. 94 Menschen wurden dabei verletzt, 21 davon schwer.

Rund 1300 Verkehrsverstöße zählten die Beamten, darunter verbotene Fahrten zu zweit oder Fahrten auf unerlaubten Flächen. Auf Gehwegen sind die E-Tretroller beispielsweise tabu. Kritik gab es immer wieder für den meist kurzen Lebenszyklus der Scooter. Zugeparkte Gehwege sorgten gerade zu Beginn für Ärger. Dies habe sich in den vergangenen Monaten aber deutlich verbessert, hieß es aus den Städten.

Auch das nächtliche Einsammeln der elektronischen Fahrzeuge zum Aufladen hatte den Städten zufolge für Lärmbeschwerden gesorgt. Dies habe sich mittlerweile gelegt, weil die Roller inzwischen Wechselakkus hätten und nicht mehr eingesammelt werden müssten, hieß es etwa aus Heidelberg. Fast 700 E-Scooter stehen in der Stadt zur Verfügung. In Stuttgart sind es bisher rund 2000, in Karlsruhe rund 900.

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Gerade im Sommer sind E-Tretroller stärker gefragt. Das Bundesverkehrsministerium will sich die Nutzung der Fahrzeuge im Straßenverkehr laut der entsprechenden Behörde in Baden-Württemberg aber genauer anschauen. Kritik gab es vom Fußgängerverband "Fuss e.V.": Die Tretroller würden zum Großteil als Spaßfahrzeuge genutzt, oft von Touristen oder nach dem Kneipenbesuch, sagte Vereinsvorstand Roland Stimpel und forderte mehr Aufklärung über geltende Regeln.

Der ADAC und Baden-Württembergs Innenminister Thomas Strobl (CDU) wiesen darauf hin, dass für E-Scooter-Fahrer die gleichen Alkoholgrenzwerte gelten wie für Autofahrer. E-Scooter seien als Kraftfahrzeuge eingestuft, somit sei jede Fahrt ab 0,5 Promille strafbar, sagte Bach.

"Wenn Sie getrunken haben, lassen Sie nicht nur das Auto, sondern auch den E-Scooter stehen. Sie bringen nicht nur sich und andere, sondern auch Ihren Führerschein in Gefahr", mahnte auch Strobl. In Karlsruhe etwa musste schon der ein oder andere Fahrer seinen Führerschein wegen Alkohol am E-Tretroller-Lenker laut Stadt abgeben.

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