Land hat 175 Milliarden Euro mehr Schulden als Vermögen
Viel Vermögen, aber nicht genug - Vor allem Pensionslast schränkt ein

Von Roland Muschel, RNZ Stuttgart
Stuttgart. An diesem Mittwoch wird die grün-schwarze Regierungsmehrheit im Landtag den Doppelhaushalt 2020/21 mit der Botschaft verabschieden, dass sich der Südwesten weiter sehr vieles leisten kann, ohne dafür neue Kredite aufnehmen zu müssen. Gar nicht so rosig stellt sich die finanzielle Lage Baden-Württembergs allerdings laut der Vermögensrechnung 2018 dar, die Finanzministerin Edith Sitzmann (Grüne) an diesem Dienstag dem Kabinett präsentiert.
Laut der 54 Seiten umfassenden Übersicht, die dieser Zeitung vorliegt, übersteigen die finanziellen Verbindlichkeiten des Landes seine Vermögenswerte nämlich um die immense Summe von 175 Milliarden Euro. Damit ist der Negativsaldo gegenüber der ersten, im vergangenen Jahr vorgelegten Vermögensrechnung um zwölf Milliarden Euro angestiegen.
Im Landeshaushalt werden die Einnahmen und Ausgaben des jeweiligen Etatjahres gegenübergestellt. Dagegen stellt die Vermögensrechnung das nach kaufmännischen Grundsätzen ermittelte Vermögen und die Schulden des Landes "umfassend und im Zusammenhang dar", wie Sitzmann in der Kabinettsvorlage schreibt.
Danach hat das Land auf der Habenseite mit Sach- und Finanzanlagen wie Landesimmobilien oder der Beteiligung an der Landesbank Baden-Württemberg sowie offenen Forderungen Aktiva im Gesamtwert von 74,6 Milliarden Euro vorzuweisen.
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So sind rund 7650 Gebäude in Landesbesitz, von Hochschul- über Verwaltungsbauten bis hin zu Schlössern und Museen, deren Wert auf rund 14,8 Milliarden Euro taxiert wird. Dazu kommt ein Infrastrukturvermögen von 12,7 Milliarden Euro, das Landesstraßen, Geh- und Radwege genauso umfasst wie Straßengrundstücke, Brücken, Tunnel und verkehrstechnische Anlagen.
Das Waldvermögen wird mit 5,0 Milliarden Euro angegeben. 6,2 Milliarden Euro werden für die Kulturgüter Baden-Württembergs wie die Sammlungen der Landesmuseen angesetzt. Zu den Aktiva zählen aber auch offene Steuerforderungen, Wertpapiere oder die Anteile an mit dem Land verbundenen Unternehmen.
Gegenüber dem Vorjahr ist das Vermögen des Landes nach dieser Rechnung um 5,8 Milliarden Euro gestiegen. Noch stärker sind allerdings die Verbindlichkeiten gewachsen.
Weit stärker als die über Jahrzehnte angehäuften Schulden des Landes am Kreditmarkt in Höhe von rund 47 Milliarden Euro schlagen die entstandenen Ansprüche für Pensionen und Beihilfen seiner aktiven Beamten negativ zu Buche. Die Verpflichtungen, die das Land dafür eingegangen ist, summieren sich auf 190 Milliarden Euro, ein Plus von 14 Milliarden Euro gegenüber dem Vorjahr.
Nicht als Vermögenswert bilanziert werden indes künftig erwartete Steuereinnahmen. "Das Delta von fast 176 Milliarden Euro" zwischen Vermögen und Verbindlichkeiten "entspricht den für ein Flächenland wie Baden-Württemberg üblichen Werten", schreibt Sitzmann.
Viele Entwicklungen könnten sich indes sehen lassen, so seien das Vermögen Baden-Württembergs im Berichtsjahr 2018 durch "erhebliche Investitionen" in öffentliche Gebäude und die Infrastruktur "gemehrt" und die Kreditmarktschulden erstmals in der Landesgeschichte um 250 Millionen Euro abgeschmolzen worden.