Baden-Württemberg

Immer mehr Schulen müssen zurück zum Quarantäne-Fernlernen

Wegen Corona-Verdachts dürfen landesweit 444 Klassen nicht am Präsenzunterricht teilnehmen. Ministerin Eisenmann warnt vor "Schwarzmalerei".

09.10.2020 UPDATE: 10.10.2020 06:00 Uhr 2 Minuten, 13 Sekunden
Schulklassen in Quarantäne sollen, so die Vorschrift, im gleichen Umfang zuhause Unterricht bekommen. Foto: dpa/RNZ Repro

Von Axel Habermehlund Daniel Bräuer

Rhein-Neckar. Einen Monat nach Beginn des Schuljahres steigt die Zahl der Schüler, die wegen Corona-Verdachts zu Hause bleiben müssen, zunehmend an. Stand Donnerstag befanden sich laut Kultusministerium landesweit 444 Klassen an 232 Schulen vorsorglich in Quarantäne, fast 90 mehr als am Dienstag. Komplett geschlossen sind aktuell drei Schulen, dieser Wert stieg auch zuletzt nicht an.

Nicht nur an den Corona-Hotspots wie im Kreis Esslingen gehen ganze Klassen kurzfristig wieder zum Fernlernen über. In der Rhein-Neckar-Region waren ebenfalls schon Schulen betroffen, zuletzt etwa einzelne Klassen am Thadden-Gymnasium und zuvor an der IGH in Heidelberg, am Hohenstaufen-Gymnasiun in Eberbach, der Weinheimer Hans-Freudenberg-Schule und eine Jahrgangsstufe am Leibniz-Gymnasium in Östringen.

Hintergrund

Schulklassen in Quarantäne:

> 15. September: 0

> 24. September: 172

> 1. Oktober: 304

> 6. Oktober: 357

> 8. Oktober: 444

Quelle: Kultusministerium Baden-Württemberg

[+] Lesen Sie mehr

Schulklassen in Quarantäne:

> 15. September: 0

> 24. September: 172

> 1. Oktober: 304

> 6. Oktober: 357

> 8. Oktober: 444

Quelle: Kultusministerium Baden-Württemberg

[-] Weniger anzeigen

Unklar ist, wie viele Personen – Schüler und Lehrer – das betrifft. Die Zahl werde "derzeit nicht systematisch erfasst, da die Infektionslage und auch die Maßnahmen an den Schulen vor Ort sehr dynamisch sind", heißt es im Ministerium. Auch das Landesgesundheitsamt (LGA) betont: Quarantäne für Schulklassen unterliegt keiner Meldepflicht.

Geht man davon aus, dass, vorsichtig geschätzt, im Schnitt 20 Schüler eine Klasse bilden, wird klar, dass es um einige Tausend Kinder und Jugendliche geht. Im Land gibt es rund 1,5 Millionen Schüler. Die Zahl gesicherter Sars-CoV-2-Fälle an Schulen wird ebenfalls nicht genau erfasst. Laut LGA gab es seit Schuljahresbeginn 531 bestätigte Fälle bei Kindern und Jugendlichen in Schulen, Kitas oder Horten sowie 23 Fälle unter Lehrern.

Die Landesregierung ordnet Präsenzunterricht als unbedingt zu schützenden Kernbereich ein. "Für mich hat es absolute Priorität, dass die Schulen und Kitas im Land offen bleiben", sagt Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne). Um das Infektionsrisiko zu begrenzen, setzt die Regierung auf feste Schüler-Kohorten, die sich möglichst nicht durchmischen, auf Maskenpflicht außerhalb der Klassenräume und auf häufiges Lüften. Eine Maskenpflicht gilt nur für weiterführende Schulen und dort nur in den Pausen und Fluren. An Infektionsschwerpunkten mit mehr als 50 Fällen pro 100.000 Einwohner könnten die Landkreise aber auch Maskenpflicht im Unterricht anordnen, sagt Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU).

Für Unverständnis sorgt vielerorts das dichte Gedränge in den Bussen: Auf dem Heimweg scheint die strikte Trennung der Klassen nicht mehr zu gelten. "Da fragt man sich schon: Was hat das jetzt gebracht, dass wir die Pausenzeiten gestaffelt haben?", beschreibt es ein Sinsheimer Schülersprecher.

"Dass es auch an Schulen zu Infektionen kommen wird, war uns allen klar. Wir alle können aber durch Einhaltung der Corona-Regeln und durch gegenseitige Rücksichtnahme dazu beitragen, dass sich die Situation nicht weiter verschärft", so Eisenmann. Die Fallzahlen an Schulen seien "noch relativ überschaubar" – bei landesweit fast 68.000 Klassen. "Schwarzmalerei oder Panik sind deshalb fehl am Platz."

Angeordnet wird eine Quarantäne immer vom örtlichen Gesundheitsamt, wenn es von einem bestätigten Corona-Fall im Umfeld einer Klasse erfährt. Die Ämter bewerten dann die Situation einer Klasse oder Lerngruppe und stufen deren Mitglieder als Kontaktpersonen der Kategorie eins ("höheres") oder zwei ("geringeres Infektionsrisiko") ein.

Verunsichert reagieren manche Eltern darauf, dass Kinder in Kategorie zwei einen Corona-Test angeboten wird, der Schulbesuch aber bis zum Vorliegen des Ergebnisses erlaubt bleibt.

Quarantäneklassen sollen Fernunterricht erhalten. Dazu hat das Ministerium "Leitlinien" und "Qualitätskriterien" veröffentlicht. So sollen etwa alle Schüler dieselben Materialien bekommen und alle Schüler in allen Fächern regelmäßig Aufgaben und Rückmeldungen erhalten. Der Fernunterricht muss "dem Umfang und den Inhalten des Präsenzunterrichts entsprechen". Die Lehrer müssen ihren Unterricht dokumentieren. Außerdem ist "regelmäßige und verlässliche Kommunikation" zwischen Lehrern und Schülern vorgeschrieben – daran hatte es während der Schulschließung im Frühjahr zuweilen gemangelt, wie Eltern beklagten.

(Der Kommentar wurde vom Verfasser bearbeitet.)
(zur Freigabe)
Möchten sie diesen Kommentar wirklich löschen?
Möchten Sie diesen Kommentar wirklich melden?
Sie haben diesen Kommentar bereits gemeldet. Er wird von uns geprüft und gegebenenfalls gelöscht.
Kommentare
Das Kommentarfeld darf nicht leer sein!
Beim Speichern des Kommentares ist ein Fehler aufgetreten, bitte versuchen sie es später erneut.
Beim Speichern ihres Nickname ist ein Fehler aufgetreten. Versuchen Sie bitte sich aus- und wieder einzuloggen.
Um zu kommentieren benötigen Sie einen Nicknamen
Bitte beachten Sie unsere Netiquette
Zum Kommentieren dieses Artikels müssen Sie als RNZ+-Abonnent angemeldet sein.