Das gilt in der neuen Corona-Verordnung (Update)
Laut neuer Corona-Verordnung wird die "Alarmstufe II" daher später greifen. Obergrenzen für Veranstaltungen werden gesenkt. Gastronomie ohne Sperrstunde.

Stuttgart. (jsz) Strengere Regeln in Alarmstufe I, höhere Hürden für Alarmstufe II: Das sind die wichtigsten Änderungen, die die Landesregierung zum Freitag mit der neuen Corona-Verordnung in Kraft setzen will. Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) stellte die wesentlichen Eckpunkte am Mittwoch im Landtag vor. Der komplette Text soll Donnerstag veröffentlicht werden. In Kraft treten würde die Verordnung dann am Freitag.
> Die Grundzüge: Die Regierung bleibt bei den vier Kategorien Basis-, Warn-, Alarmstufe I und Alarmstufe II. Mit einer Ausnahme sollen auch die Kriterien für den Wechsel von einer zu anderen Stufe nicht angetastet werden. Diese Ausnahme betrifft die Alarmstufe II, die bislang ab einer landesweiten Intensivbetten-Auslastung von 450 Corona-Patienten oder ab einer Sieben-Tage-Hospitalisierungsinzidenz von 6 in Kraft trat – es genügte, wenn eines von beiden Kriterien erfüllt war. Künftig müssen beide Werte erreicht oder übertroffen sein, um den Wechsel von Alarmstufe I in Alarmstufe II auszulösen. Die Hürde ist also höher geworden. "Wir wollen die Maßnahmen nur dann wieder deutlich verschärfen, wenn wieder kritische Situationen auf den Intensivstationen drohen", sagte Kretschmann. Allerdings drohe auch auf den Normalstationen und in Arztpraxen eine Überlastung. Die Regeln in Alarmstufe I fallen deshalb künftig teilweise strenger aus.
> Was gilt aktuell? Die Landesregierung hatte am 12. Januar Alarmstufe II unter Verweis auf die Unwägbarkeiten der Omikron-Variante übergangsweise "eingefroren", unabhängig von Intensivbetten und Hospitalisierung. Sie gilt derzeit deshalb noch, mit Ausnahme der Bereiche Hochschule und Einzelhandel, die nach Urteilen des Verwaltungsgerichtshofs (VGH) zu den bisherigen Regeln von Alarmstufe I zurückkehren konnten. Mit der neuen Verordnung sollen die beiden Kriterien wieder greifen. Am Mittwoch gab es 278 Covid-10-Intensivpatienten und eine Hospitalisierungsinzidenz von 4,9, das würde Alarmstufe I bedeuten.
> Neuerungen in Alarmstufe I ab Freitag: Bislang galt in dieser Stufe für Clubs und Diskotheken die 2G-Regel (geimpft oder genesen). Künftig bleiben sie geschlossen, gleiches gilt für Messen. Veranstalter können sich ansonsten künftig zwischen 2G und 2G-plus (geimpft oder genesen plus negativer Test) entscheiden und damit die Kapazitätsvorgaben beeinflussen. So gilt unter 2G in geschlossenen Räumen eine Obergrenze von 1500 Personen, die sich unter 2G-plus auf 3000 erhöht. Draußen ist die Teilnehmerzahl unter 2G auf 3000 beschränkt, unter 2G-plus auf 6000. Bei diesen Draußen-Events dürfen je zehn Prozent auf Stehplätze entfallen. Für alle Veranstaltungen gilt eine Beschränkung auf 50 Prozent der Kapazität. Zum Vergleich: Bislang hatte Alarmstufe I unter 2G eine Obergrenze bis zu 25.000 ermöglicht.
> Handel und Gastronomie: In Alarmstufe I gilt im Einzelhandel seit dem VGH-Urteil ohnehin bereits wieder 3G (geimpft, genesen oder getestet), daran soll sich nichts ändern. In der Gastronomie müssen Gäste in dieser Stufe geimpft oder genesen sein (2G). Die bisher geltende Sperrstunde ab 22.30 Uhr entfällt.
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> Ungeimpfte: Die nächtlichen Ausgangssperren fallen weg. Schon seit Mitte der Woche dürfen Ungeimpfte wieder shoppen gehen, wenn sie einen aktuellen Test dabei haben. Bei Friseuren und Barbershops müssen sie ab Freitag keinen PCR-Test mehr vorweisen, es reicht ein Antigen-Schnelltest.
> Masken: Überall, wo Maskenpflicht herrscht, sind in Alarmstufe I künftig FFP2-Masken ab 18 Jahren vorgeschrieben, auch im Öffentlichen Personennahverkehr.
> Kontakte: Die Regeln für private Treffen blieben unverändert, sagte der Regierungschef: Das bedeutet, dass sich in der Alarmstufe I maximal ein Haushalt mit zwei weiteren Personen aus einem anderen Haushalt treffen darf. Geimpfte und Genesene zählen nicht dazu, ebenso wenig Kinder bis einschließlich 13 Jahren.
> Fastnacht: "Umzüge im Freien müssen wir leider untersagen, denn hier lassen sich weder die Abstände einhalten noch die Einhaltung der Corona-Regeln gewährleisten", sagte Kretschmann. "Bei Hallenveranstaltungen gelten die gleichen Regeln wie bei anderen Innenveranstaltungen – wobei die Frage, wie wir mit Essen und Trinken umgehen, noch in Klärung ist."
Update: Mittwoch, 26. Januar 2022, 20.24 Uhr
Trotz Omikron Lockerung ab Freitag
Stuttgart. (dpa/lsw) Baden-Württemberg lockert trotz Omikron-Welle seine strengen Corona-Regeln in vielen Lebensbereichen. Vom kommenden Freitag an gilt etwa in Restaurants, in Museen und beim Sport in Hallen nur noch die 2G-Regel, bisher mussten auch hier Geimpfte und Genesene einen aktuellen Test vorweisen. Bei Großveranstaltungen in Sport und Kultur sind wieder mehr Besucher erlaubt, die Obergrenze liege bei 6000, kündigte Ministerpräsident Winfried Kretschmann am Mittwoch im Landtag in Stuttgart an. Auch für Ungeimpfte gibt es Erleichterungen. Die nächtlichen Ausgangssperren fallen mit Rückkehr in die normale Alarmstufe weg. Trotz der Lockerungen mahnte Kretschmann wegen der hochansteckenden Omikron-Virusvariante zur Vorsicht.
Die grün-schwarze Regierung nahm deshalb in der zweithöchsten Stufe, der normalen Alarmstufe, auch einige Verschärfungen vor. Clubs, Discos und Messehallen müssen wegen erhöhter Ansteckungsgefahr geschlossen bleiben. "Wir gehen an dieser Stelle auf Nummer sicher", sagte Kretschmann. Eigentlich hätten sie in der Alarmstufe mit der 2G-Regel wieder öffnen dürfen. Fastnachtsumzüge sind verboten. In Bussen und Bahnen muss künftig eine FFP2-Maske getragen werden. Im Einzelhandel gilt wegen eines Gerichtsurteils vom Dienstag wieder die 3G-Regel, Ungeimpfte können mit einem aktuellen Test wieder einkaufen.
Die neue Corona-Verordnung der grün-schwarzen Regierung soll Donnerstag beschlossen werden und von Freitag an gelten. Künftig soll es demnach länger dauern, bis das Land die Alarmstufe II mit härteren Einschränkungen ausrufen kann. Außer bei der AfD gab es von der Opposition im Landtag kaum Kritik an den neuen Regeln.
Hintergrund für die Lockerungen ist, dass die Regierung aus Grünen und CDU das reguläre Stufensystem wieder in Kraft setzen muss. Zuletzt hatte sie wegen Omikron die Alarmstufe II mit harten Einschränkungen eingefroren. Der Verwaltungsgerichtshof (VGH) hält dieses Vorgehen aber für voraussichtlich rechtswidrig. Kretschmann bekräftigte, Omikron bringe zwar weniger schwere Krankheitsverläufe, sei aber deutlich ansteckender. Weil die Belastung der Krankenhäuser in den vergangenen Wochen - relativ gesehen - gesunken ist, muss die Regierung die Maßnahmen etwas lockern.
Die Regeln für private Treffen blieben unverändert. Das heißt, dass Ungeimpfte Kontaktbeschränkungen einhalten müssen. Ein Haushalt darf sich nur mit zwei weiteren Personen treffen. Die Ausgangssperren zwischen 21.00 Uhr und 05.00 Uhr für Nicht-Immunisierte fallen in der Alarmstufe weg. Bisher galt in Kreisen mit einer 7-Tage-Inzidenz von mindestens 500, dass Ungeimpfte nur aus zwingenden Gründen nachts das Haus verlassen dürfen. Mit der neuen Corona-Verordnung soll auch die Regel in der Alarmstufe II angepasst werden. Künftig sollen die Ausgangsbeschränkungen erst greifen, wenn in einem Kreis die Inzidenz von 1500 überschritten wird.
In der Gastronomie entfällt in der Alarmstufe auch die Sperrstunde ab 22.30 Uhr. In Museen, Archiven und Büchereien gilt nur noch 2G. Dasselbe gilt für Kosmetiksalons. Auch bei touristischen Angeboten wie Skilifts, Seilbahnen und Busreisen müssen Geimpfte und Genesene künftig keinen Test mehr vorweisen.
Im Fußballstadion sind in der normalen Alarmstufe wieder bis zu 6000 Zuschauer zugelassen, wenn der Veranstalter die 2G-plus-Regel anwendet. Das heißt, die Besucherinnen und Besucher müssen geimpft oder genesen und zusätzlich getestet sein. Wenn die Veranstalter mit der 2G-Regel arbeiten wollen, gilt eine Obergrenze von 3000 Zuschauern. 10 Prozent dürfen Stehplätze sein. Die Besucher müssen aber eineinhalb Meter Abstand halten.
Bei Kulturveranstaltungen wie Konzerten sind in geschlossenen Räumen 3000 Besucher zugelassen - unter der Bedingung, dass 2G plus am Eingang angewendet wird. Bei 2G ist die Obergrenze 1500. Für alle Veranstaltungen gilt, dass höchstens die Hälfte der Kapazitäten ausgeschöpft werden dürfen.
Die Corona-Inzidenz ist wegen Omikron in den vergangenen Tagen auf über 800 stark gestiegen. Allerdings ist die Zahl der Covid-19-Patienten auf Intensivstationen auf 286 gesunken. Die landesweite Hospitalisierungsinzidenz lag zuletzt bei 4,8. Sie gibt an, wie viele Corona-Infizierte innerhalb einer Woche pro 100 000 Einwohner in Krankenhäuser gebracht werden.
Kretschmann erklärte, mit der Hospitalisierungsrate von über 3,0 sei die Voraussetzung für die Alarmstufe erfüllt - auch wenn die Obergrenze der Intensivbetten von 390 nicht erreicht werde. Künftig gelte aber für das Erreichen der Alarmstufe II eine neue Regel: Diese werde nur ausgerufen, wenn beide Grenzwerte überschritten werden. Das heißt, die Hospitalisierungsrate müsste über 6 steigen und es müssten mehr als 450 Covid-Patienten auf Intensivstationen liegen. "Diese Verknüpfung ist neu", erklärte der Regierungschef.
SPD und FDP hielten der Regierung vor, dass der VGH das Einfrieren der Alarmstufe II gerügt hatte. Kretschmann habe hier "willkürlich" gehandelt, kritisierte FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke. "Der erste, der sich nicht an die eigenen Regeln hält, ist Winfried Kretschmann. Da braucht er sich nicht zu wundern, dass Menschen auf die Straße gehen." Er vermisse eine Exit-Strategie: "Wie stellen sie sich vor, dass es weiter geht, wenn diese Pandemie – so Gott will – demnächst endet?"
AfD-Fraktionschef Bernd Gögel hält die Einschränkungen für völlig übertrieben. Zur FFP2-Maskenpflicht in Bussen und Bahnen sagte er: "Das kann doch nicht ihr Ernst sein." Die richtige Strategie sei, dass alle Menschen sich täglich testen. Die Fraktionschefs von Grünen und CDU, Andreas Schwarz und Manuel Hagel, verteidigten die Corona-Strategie. "Wir bleiben im Team Umsicht und Vorsitz", sagte Schwarz. Sein CDU-Kollege sagte, es gebe kein Schema F, mit dem man das Virus aus der Welt schaffen könne: "Wir müssen auch immer bereit sein, den eingeschlagenen Weg auch zu korrigieren."
Update: Mittwoch, 26. Januar 2022, 10.00 Uhr
FFP2 in der Bahn, Lockerungen im Handel
Von Henning Otte
Stuttgart. Die Wortwahl sprach für sich. Noch am Montagabend, nach der Bund-Länder-Konferenz, hatte Ministerpräsident Winfried Kretschmann vom "Kurs der Vorsicht" gesprochen, den er wegen der grassierenden Omikron-Variante weiterverfolgen wolle. Am Dienstagmittag ist es dann der "Kurs der Umsicht". Ein kleiner, aber feiner Unterschied.
Der Grünen-Politiker weiß, dass er mit der neuen Corona-Verordnung in dieser Woche ein Signal geben muss. Wenn es die Grenzwerte bei den Kliniken hergeben, muss er die Maßnahmen lockern. Das haben ihm die Richter des Verwaltungsgerichtshofs nun zum zweiten Mal seit Freitag unter die Nase gerieben: Die Richter kippten die 2G-Regel für den Einzelhandel mit sofortiger Wirkung. Damit gilt für den Einzelhandel vorläufig, dass neben Geimpften und Genesenen auch wieder Menschen mit einem aktuellen Test (3G) in Läden einkaufen dürfen. Geklagt hatte eine Frau aus dem Ortenaukreis, die ein Geschäft für Schreibwaren betreibt.
Kretschmann hätte lieber noch gewartet, bis belastbare Daten für die Folgen von Omikron für die Kliniken vorliegen. Hinzu kommt: Mitte Februar soll angeblich der Höhepunkt der Welle sein. Doch die neue Verordnung muss nun mal neu gefasst werden. Und auch der bayerische Nachbar Markus Söder (CSU) drängelt an manchen Stellen Richtung Öffnung. Erste Eckpunkte für die neue Verordnung im Südwesten zeichnen sich ab.
Warum gilt demnächst wieder die normale Alarmstufe? Die Justiz hat der Regierung klare Vorgaben gemacht. Der Verwaltungsgerichtshof hält das Einfrieren der Alarmstufe II mit strikten Einschränkungen vor allem für Ungeimpfte für voraussichtlich rechtswidrig. Weil die Grenzwerte bei der Belastung der Kliniken zuletzt unterschritten wurden, hätte das Land eigentlich längst in die normale Alarmstufe zurückgehen – und lockern müssen. Klar ist, das Stufensystem tritt bald wieder in Kraft. Aber: Wegen Omikron will Kretschmann die Regeln teilweise anpassen.
Was zeichnet sich schon ab? Nachdem das Gericht die 2G-Regel im Einzelhandel gekippt hat, dürfte die Landesregierung auch in ihrer Verordnung wieder zu dem sowieso in der Alarmstufe vorgesehenen 3G zurückkehren. Dann können Ungeimpfte wieder mit einem aktuellen Test shoppen gehen. Auch für Kultur- und Sportfans gibt es gute Nachrichten: Das Land will wieder mehr Besucher zulassen. Anders als in Bayern soll es aber keine Veranstaltungen mit bis zu 10.000 Zuschauern geben.
Eine Verschärfung gibt es auch: In Bussen und Bahnen, wo man häufig eng an eng steht, soll künftig die FFP2-Maske Pflicht sein. Bemerkenswert daran: Noch vor kurzem hatten Sozialminister Manne Lucha und Verkehrsminister Winfried Hermann (beide Grüne) vom Bund gefordert, eine entsprechende Regelung für den ÖPNV zu schaffen. Das Land könne das nicht. Jetzt sieht man offenbar doch eine Möglichkeit – die übrigens beispielsweise in Bayern schon deutlich länger genutzt wird.
Was ist noch nicht geklärt? Die Rückkehr zur normalen Alarmstufe würde eigentlich auch bedeuten, dass in Restaurants nur noch 2G und nicht mehr 2G-plus gelten würde. Und die Sperrstunde von 22.30 Uhr bis 6.00 Uhr wäre auch passé. Aber ob sich die Regierung dazu durchringen kann, ist noch nicht klar. Fraglich ist auch, ob Clubs und Bars wieder öffnen dürfen. Sind im Februar wieder größere Messe-Veranstaltungen möglich? Und dürfen die Menschen im Februar Fasnet feiern? Auch diese Fragen muss das Land beantworten.
Darf die Regierung die Alarmstufe einfach verändern? Wenn Grün-Schwarz die bisherigen Regeln in der normalen Alarmstufe leicht verschärfen will, muss sie das dem Vernehmen nach gut begründen und auf mögliche Infektionsherde hinweisen. Auf breiter Front die Alarmstufe an die Alarmstufe II anzugleichen, gehe aber schon aus rechtlichen Gründen nicht, heißt es in Koalitionskreisen.
Wie ist der genaue Zeitplan? Das Kabinett diskutierte den Entwurf des Sozialministeriums für die Verordnung am Dienstag erstmals. An diesem Mittwoch informiert Kretschmann im Landtag über seine weiteren Pläne. Der Beschluss soll dem Vernehmen nach im Laufe des Mittwochs fallen und spätestens am Donnerstag verkündet werden. Dann würden wohl am kommenden Freitag die neuen Regeln gelten.
Wie könnte die weitere Entwicklung aussehen? Nicht so rosig. Omikron lässt auch im Südwesten die Zahl der Ansteckungen in die Höhe schießen. Die landesweite Hospitalisierungsinzidenz kletterte zuletzt auf 5,0. Sie gibt an, wie viele Corona-Infizierte innerhalb einer Woche und pro 100.000 Einwohner in Krankenhäuser gebracht werden. Bei einem Wert von 6,0 müsste Baden-Württemberg wieder die Alarmstufe II ausrufen.
Update: Dienstag, 25. Januar 2022, 21.12 Uhr
Mannheim. (dpa/lsw) Baden-Württemberg will noch diese Woche die Corona-Regeln in Geschäften und bei Großveranstaltungen etwas lockern. Die Landesregierung gerät dabei zunehmend unter Druck, weil der Verwaltungsgerichtshof zum zweiten Mal innerhalb weniger Tage das Einfrieren der Alarmstufe II mit harten Einschränkungen für Ungeimpfte als voraussichtlich rechtswidrig einstufte.
Das Land will noch diese Woche seine Corona-Verordnung anpassen und damit auch das reguläre Stufensystem wieder in Kraft setzen, was einige weitere Erleichterungen mit sich bringen dürfte. Jedoch verschärft die Regierung im Gegenzug die Maskenpflicht in Bussen und Bahnen. Dort gilt voraussichtlich von Freitag an eine Pflicht zum Tragen von FFP2-Masken.
Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) sprach am Dienstag in Stuttgart von einem "Kurs der Umsicht", der angesichts der grassierenden Omikron-Virusvariante von Nöten sei. Er könne keine Entwarnung geben. Omikron habe zwar weniger schwere Verläufe, sei aber deutlich ansteckender. Die Gefahr einer Überlastung der Krankenhäuser und auch der Arztpraxen sei weiter vorhanden.
Trotzdem will das Land wie auch Bayern die Regeln für Sport und Kulturveranstaltungen lockern - und das, obwohl sich Bund und Länder am Montag auf ein Festhalten an den derzeitigen Maßnahmen verständigt hatten. Anders als der Freistaat wolle man in der Fußball-Bundesliga aber keine Spiele mit bis zu 10.000 Zuschauern zulassen. "Wir werden sicher mit den Zahlen erheblich drunterbleiben", sagte der Grüne. Andererseits müsse es eine gewisse Öffnung geben, sonst werde es wieder "gigantische Debatten" über Unterschiede zwischen den Ländern geben.
In der bisher geltenden Alarmstufe II dürfen bei Veranstaltungen 50 Prozent der maximalen Kapazität genutzt werden - aber höchstens 500 Besucherinnen und Besucher können kommen. Die normale Alarmstufe, die demnächst gelten dürfte, sieht bei Veranstaltungen eigentlich eine Auslastung von bis zu 50 Prozent vor und höchstens 25 000 Besucherinnen und Besucher.
Nach dem VGH-Urteil dürfen Ungeimpfte vorerst wieder mit einem aktuellen Test shoppen gehen. Die Richter kippten die 2G-Regel für den Einzelhandel mit sofortiger Wirkung. Damit gilt für den Einzelhandel vorläufig, dass neben Geimpften und Genesenen auch wieder Menschen mit einem aktuellen Test (3G) in Läden einkaufen dürfen. Geklagt hatte eine Frau aus dem Ortenaukreis, die ein Geschäft für Schreibwaren betreibt. Zwischenzeitlich hatte der Handelsverband Baden-Württemberg die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs (VGH) begrüßt, die 2G-Regel in Geschäften zu kippen. "Dieses Urteil darf für die Landesregierung nun jedoch nicht bedeuten, dass sie die Regeln für den Einzelhandel in der Warnstufe I im Rahmen der neuen Corona-Verordnung verschärft", erklärte Hauptgeschäftsführerin Sabine Hagmann am Dienstag in Stuttgart. Der Verband fordere, 2G und 3G im Einzelhandel wie in Bayern gänzlich abzuschaffen.
Ein Sprecher von Kretschmann sagte, das Einfrieren der Alarmstufe II sei sowieso nur als "Übergangslösung" bis maximal 1. Februar gedacht gewesen. "Wir kehren mit leichten Anpassungen zur Stufenlogik zurück. Damit wird auch der Rechtsprechung des VGH entsprochen, die das Stufensystem an sich nicht infrage stellt."
Für die grün-schwarze Regierung in Baden-Württemberg ist es der zweite Rückschlag innerhalb weniger Tage. Erst am Freitag hatten die Mannheimer Richter einem ungeimpften Studenten in einer ähnlichen Sache Recht gegeben. Grün-Schwarz hatte Mitte Januar aus Sorge um Omikron die Alarmstufe II in der Corona-Verordnung beibehalten und damit die Grenzwerte für die Belastung der Krankenhäuser bis Ende Januar außer Kraft gesetzt. Weil die Belastung der Krankenhäuser in den vergangenen Wochen - relativ gesehen - gesunken ist, muss die Regierung eigentlich die Maßnahmen etwas lockern. Darauf pocht auch der VGH.
Kretschmann will an diesem Mittwoch im Landtag über seinen weiteren Kurs informieren. Die Rückkehr zur normalen Alarmstufe würde zum Beispiel auch bedeuten, dass in Restaurants nur noch 2G und nicht mehr 2G plus gelten würde. Fraglich ist auch, ob Clubs und Bars wieder öffnen dürfen.
Der Regierungschef forderte den Bund dringend auf, die neue Teststrategie mit dem Corona-Meldesystem zu verknüpfen. Wenn man künftig weitgehend auf PCR-Tests verzichte, um eine Ansteckung nachzuweisen, müsse dringend auch das Meldesystem angepasst werden. "Sonst verlieren wir ja den Überblick über das Pandemie-Geschehen", warnte Kretschmann.
Wegen der rasanten Omikron-Ausbreitung gibt es in Deutschland Engpässe bei den PCR-Tests. Bund und Länder haben deshalb beschlossen, dass PCR-Tests künftig auf Personal in Krankenhäusern, Praxen und Pflege konzentriert werden sollen.
Sozialminister Manne Lucha (Grüne) hält diese Änderung für verantwortbar. Für den Rest der Bevölkerung bedeute das, dass man nach einem positiven Antigen-Schnelltest einen zweiten Schnelltest machen soll, der aber von einem anderen Anbieter sein soll. Voraussetzung sei aber, dass man keine Symptome habe, schränkte Lucha ein. Die Änderung gelte dann auch für Schülerinnen und Schüler, die bisher nach einem positiven Schnelltest einen PCR-Test machen müssen. "Stand heute wird es das nicht mehr geben."
Update: Dienstag, 25. Januar 2022, 18.00 Uhr
Ungeimpfte dürfen vorerst im Südwesten wieder mit einem aktuellen Test shoppen gehen. Der Verwaltungsgerichtshof kippte die 2G-Regel für den Einzelhandel am Dienstag. Das Einfrieren der Alarmstufe II durch die Corona-Verordnung der Landesregierung sei voraussichtlich rechtswidrig, teilte der VGH in Mannheim mit. Die darin vorgesehene 2G-Regel werde mit sofortiger Wirkung außer Vollzug gesetzt. Damit gilt für den Einzelhandel vorläufig, dass neben Geimpften und Genesenen auch wieder Menschen mit einem aktuellen Test (3G) in Läden einkaufen dürfen.
Geklagt hatte eine Frau aus dem Ortenaukreis, die ein Geschäft für Schreibwaren betreibt. Sie monierte, dass Schreibwarenläden anders als Blumengeschäfte nicht zur Grundversorgung gerechnet werden. In letzteren gilt trotz Alarmstufe II die 3G-Regel. Das sei eine Ungleichbehandlung.
In Bayern hatte der Verwaltungsgerichtshof vor fünf Tagen ebenfalls die 2G-Regel außer Kraft gesetzt. Für die grün-schwarze Regierung in Baden-Württemberg ist es der zweite Rückschlag innerhalb weniger Tage. Erst am Freitag hatten die Mannheimer Richter einem ungeimpften Studenten in einer ähnlichen Sache Recht gegeben. Er hatte geklagt, dass die Alarmstufe II zum weitgehenden Ausschluss von Nicht-Geimpften von Präsenzveranstaltungen führe. Der VGH setzte den Teil der Corona-Verordnung zum Studienbetrieb von letzten Montag an außer Vollzug.
Die grün-schwarze Landesregierung hatte aus Sorge um die Omikron-Variante des Coronavirus die Alarmstufe II in der Corona-Verordnung beibehalten und damit die Grenzwerte für die Belastung der Krankenhäuser bis Ende Januar außer Kraft gesetzt. Die Mannheimer Richter erklärten nun erneut, dass eine Vorschrift, die ausdrücklich unabhängig von der 7-Tage-Hospitalisierungs-Inzidenz weitreichende Zugangsbeschränkungen für Ungeimpfte vorsehe, nicht im Einklang mit den Vorgaben aus dem Infektionsschutzgesetz des Bundes stehe.
Erhebliche Grundrechtsbeschränkungen könnten "nicht abgekoppelt von der Sieben-Tage-Hospitalisierungs-Inzidenz angeordnet werden", heißt es in der Mitteilung des Gerichts. Diese Inzidenz gibt an, wie viele Corona-Infizierte innerhalb einer Woche und pro 100 000 Einwohner in eine Klinik gebracht werden.
Allerdings will die Regierung von Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) noch diese Woche das reguläre Stufensystem wieder in Kraft setzen. Kretschmann kündigte allerdings an, dass die Regeln innerhalb der einzelnen Stufen nochmal angepasst werden müssten. Die rasante Ausbreitung der Omikron-Variante mache dies nötig.