Zu wenig Verlässlichkeit in der Corona-Politik
Laut Umfrage wachsen die Zweifel am Handeln der Landesregierung. Kurzfristige Änderungen werden besonders kritisch gesehen. Zustimmung gibt es zum Präsenzunterricht.

Von Sören S. Sgries
Heidelberg. Seit zwei Jahren bestimmt die Corona-Pandemie das Leben in Deutschland. Wie zufrieden ist die Bevölkerung mit dem Krisenmanagement ihrer Landesregierung? Das war die zentrale Fragestellung beim aktuellen "BaWü-Check" im Auftrag der baden-württembergischen Zeitungsverlage. Zwischen dem 11. und dem 21. Januar 2022 befragte das Institut für Demoskopie Allensbach dazu 1044 Menschen im Land.
> Optimismus nimmt zu: Grundsätzlich blicken inzwischen wieder mehr Menschen optimistisch in die Zukunft – nämlich 38 Prozent der Befragten. Im vergangenen Oktober war die Zahl auf 34 Prozent abgesackt. 19 Prozent haben Befürchtungen, was die kommenden zwölf Monate angeht. Damit bleibt die Lage im Südwesten zurückhaltender als im Bundesschnitt: Dort geben sich 44 Prozent der Befragten zuversichtlich.
> Unzufrieden mit der Regierung: Das Corona-Krisenmanagement der Landesregierung von Winfried Kretschmann (Grüne) wird zunehmend kritisch gesehen. Eine relative Mehrheit von 47 Prozent beklagt "keine" oder "weniger gute" Arbeit. Zufrieden zeigen sich 45 Prozent der Befragten. Zum Vergleich: Ende 2020, nach dem ersten Krisenjahr, waren noch 60 Prozent der Befragten zufrieden, nur 34 Prozent äußerten sich kritisch.
> Sozialminister im Fokus: Manne Lucha (Grüne) bleibt für 23 Prozent der Befragten ein Unbekannter. Der Rest sieht den Gesundheits- und Sozialminister eher kritisch. 51 Prozent der Befragten, die Lucha kennen, bescheinigen ihm eine weniger gute oder gar schlechte Arbeit. 30 Prozent sind mit dem wichtigsten Krisenmanager zufrieden.
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> Maßnahmenchaos: Hauptkritikpunkt der Unzufriedenen ist die fehlende Transparenz und Verständlichkeit der Maßnahmen. So beklagen 67 Prozent Widersprüche und Willkür bei den Maßnahmen, 66 Prozent die "ständigen" Änderungen, deretwegen man kaum planen könne. 61 Prozent finden, die Landesregierung habe "keine Strategie, keinen Plan". Jeder zweite fürchtet wirtschaftliche Schäden durch die Maßnahmen. 39 Prozent der Befragten halten zudem die Einschränkungen für übertrieben – während 23 Prozent schärfere Maßnahmen als die jetzt geltenden wünschen (siehe Grafik).
> Zu wenig Kontrolle: Von denjenigen, die mit dem Krisenmanagement grundsätzlich zufrieden sind, werden andere Probleme häufiger genannt. An der Spitze steht hier die Klage, dass die Einhaltung der Regeln zu wenig kontrolliert werden (48 Prozent) – bei den Unzufriedenen beklagen das nur 31 Prozent. Fehlende Planbarkeit durch häufige Änderungen wird auch hier stark kritisiert (41 Prozent). 30 Prozent sagen, die Landesregierung reagiere meist zu spät auf das Infektionsgeschehen. 35 Prozent gehen die Maßnahmen nicht weit genug. Und: Nur acht Prozent der Befragten bezweifeln, dass die Regierung eine Strategie habe.
> Gesundheitsversorgung stabil? Eine Hauptsorge in der Pandemie, die Überlastung der Gesundheitssysteme, kommt bei den Befragten offenbar kaum an. Nur 23 Prozent haben den Eindruck, die Gesundheitsversorgung in ihrer Region sei "stark beeinträchtigt". "Weniger stark" sagen 42, "kaum bzw. gar nicht" 21 Prozent. Aber: 49 Prozent gehen davon aus, dass derzeit viele Operationen zurückgestellt werden.
> Sorgenfall Schulpolitik: Die Kritik an der Schulpolitik in der Corona-Krise ist seit Ende 2020 weiter gewachsen. Nur noch 26 Prozent der Befragten (–5) bewerten diese als gut, während sich 60 Prozent (+3) eher kritisch äußern. Bei Eltern von Schulkindern sind sogar 68 Prozent unzufrieden. Die neue Kultusministerin Theresa Schopper (Grüne) wird aber von Eltern derzeit noch deutlich weniger kritisch gesehen als ihre Vorgängerin Susanne Eisenmann (CDU): Zwar haben nur 16 Prozent eine gute Meinung von ihr, 28 Prozent eine schlechte. Über Eisenmann beklagten sich zuletzt aber 39 Prozent der Eltern.
> Lernrückstände: Eine Mehrheit der Eltern sieht ihm Lernstoff zumindest leichte Rückstände (40 Prozent). 33 Prozent sehen ihr Kind gar "deutlich" im Rückstand. Immerhin 21 Prozent glauben, dass ihre Kinder ohne Lernlücken durch die Pandemie gekommen sind.
> Digitalisierungsstillstand: 60 Prozent der befragten Eltern sagen, dass sich in zwei Jahren "nicht viel getan" habe bei der digitalen Ausstattung der Schulen. Jeder Fünfte sieht Verbesserungen. Das zeigt sich auch in der Frage, wie man grundsätzlich die digitale Ausstattung beurteilt. 2020 sagten nur 30 Prozent, die Schule sei "eher gut" ausgestattet – inzwischen sind es 41 Prozent (+11). Gleichzeitig sagen weiterhin 20 Prozent, die Schule sei "sehr schlecht" ausgestattet (2020: 21 Prozent).
> Ausreichender Schutz: Die Vorsichtsmaßnahmen an den Schulen stoßen auf relativ breite Zustimmung. 55 Prozent nennen sie ausreichend, 32 Prozent denken, man müsste mehr tun.
> Mehrheit für Präsenzunterricht: Die Entscheidung, Schulen und Kitas offen zu halten, wird von einer deutlichen Mehrheit begrüßt – 65 Prozent aller Befragten halten das für richtig, nur 18 Prozent für falsch. Die Werte sind bei Eltern fast deckungsgleich. Bei diesen zeigt sich auch, dass 51 Prozent große bis sehr große Sorgen haben, dass die Kinder in den nächsten Monaten nicht mehr zu Schule können. Nur 14 Prozent machen sich da kaum Sorgen. Unter Eltern, die unzufrieden mit der Schulpolitik sind, haben 61 Prozent Sorgen wegen kurzfristigem Unterrichtsausfall, unter zufriedenen nur 33 Prozent.

















