Dossenheim: Kein Schutz im Schutzgebiet
Dossenheim. Eine abgeholzte Streuobstwiese im Vogelschutzgebiet sorgt für Unmut bei der Dossenheimer BUND-Gruppe

Dossenheim. "Das ist eigentlich schon frech", empörte sich Dermot O'Connor. "Es sind mindestens 14 große und kleinere Bäume gefällt worden", berichtete der Vorsitzende des örtlichen BUND. Gerade erst hatte die Ortsgruppe zur "Wanderung durch das Vogelschutzgebiet "Bergstraße Dossenheim - Schriesheim" eingeladen. Und dabei entdeckten sie die abgeholzte Streuobstwiese.
Die Grünen hatten die Wanderung initiiert. Siegfried Demuth, Vorsitzender des BUND Weinheim, führte die Gruppe als kundiger Begleiter durch die Weinberglandschaft. Die Absicht war eindeutig: "Wir wollen die Bevölkerung darauf aufmerksam machen, wie sehr sich die Landschaft verändert", sagte Elke Friedrich-Albiez, zweite Vorsitzende der Dossenheimer Ortsgruppe. Und dann das. Fast hautnah musste sie erleben, was eigentlich zu verhindern war.
Doch warum so aufgebracht wegen ein paar alter Bäume? Die Rodung ist kein Einzelfall, sondern vielmehr eine von bisher 36 bekannt gewordenen Aktionen. Durch diese wird die Landschaft verändert sowie der Lebensraum von vom Aussterben bedrohter Tiere und Pflanzen. Genau das aber sollte in einem Vogelschutzgebiet gar nicht möglich sein. Zumal Teile zum Fauna-Flora-Habitat - kurz FFH-Gebiet - erklärt wurden.
Die Flächen insgesamt gehören zudem zum "Natura 2000"-Programm und stehen damit unter besonderem Schutz. Das damit verbundene Ziel ist "die biologische Vielfalt in Europa für zukünftige Generationen zu erhalten". Für das hiesige FFH-Gebiet heißt das konkret: Das wichtige Brutgebiet für Uhus und Wanderfalken und Zipp- und Zaunammer soll erhalten werden. Gerade für letztere Vogelarten sei das eine der wenigen noch verbliebenen Brutstätten im Land. Und weiter, das Gebiet sei gefährdet, unter anderem durch ersatzlose Beseitigung alter Obstbäume, Intensivweinbau und falsch verstandene Sanierung der bestehenden Trockenmauern.
Dennoch: Trotz aller Bemühungen hat sich das Gebiet zwischen Dossenheim und Schriesheim in den vergangenen Jahren schleichend, aber dramatisch verändert. Es ist verwunderlich, dass trotz einzuhaltender Schutzbestimmungen Baumfällaktionen scheinbar willkürlich und ohne erkennbar ordnende Hand durchgeführt wurden. Ob das aus Unwissenheit der Eigentümer geschieht, ist für bereits zerstörte Lebensräume fast nachgeordnet.
Das weiß auch Gerhard Röhner, der im Regionalverband des BUND Ansprechpartner für den Naturschutz ist. Er setzt sich für eine "gedeihliche Zusammenarbeit" ein. Das Mittel der Strafanzeige, zu dem der Regionalverband vor wenigen Wochen griff, erscheint eher als Verzweiflungstat. Denn an der zuständigen Behördenfront tut sich - vorsichtig formuliert - wenig. Währenddessen verschwindet Streuobstwiese um Streuobstwiese nicht nur eben einfach aus dem Landschaftsbild, sondern mit ihnen auch der Lebensraum zu schützender Tierarten.
Da erscheine es als Farce, wenn sich Gemeinden der Bergstraße im Programm für Integrierte Ländliche Entwicklungskonzepte (ILEK) zusammenschließen, um die "blühende Bergstraßenlandschaft" zu retten, und wenn das Regierungspräsidium einen mehr als 200 Seiten starken Pflege- und Entwicklungsplan entwirft, wie Röhner sarkastisch bemerkte. Gefragt ist die zuständige Behörde und das ist in nächster Instanz die beim Landratsamt angesiedelte "Untere Naturschutzbehörde". Inwieweit diese ihren Aufgaben nachkommt, bleibt angesichts der vollzogenen Eingriffe undeutlich. "Wir müssen so lang nerven, bis sich etwas tut", hatte Demuth gesagt. Die Bürger müssten für das sensibilisiert werden, was vor ihrer Haustür geschehe.