Immer einen Schritt zu spät

Was Innenministerin Faeser gegen Schleuser tun will

Sie blickt aber vor allem auf Brüssel. An den Binnengrenzen scheint das Vorgehen wie Don Quijotes Kampf gegen die Windmühlen.

19.09.2023 UPDATE: 19.09.2023 06:00 Uhr 2 Minuten, 7 Sekunden
Steht wegen der angespannten Situation in der Migration unter Druck: Bundesinnenministerin Nancy Faeser. Foto: dpa

Von Mareike Kürschner, RNZ Berlin

Berlin. "Schleuser mit zehn Menschen an Bord verunglückt", "Schleuser liefern sich lebensgefährliche Verfolgungsjagd mit Polizei", "Schleuser flüchtet mit 18 Menschen an Bord vor der Polizei": Es sind ausgewählte Schlagzeilen der letzten zwei Wochen – aus Bayern und Sachsen. Sie lassen das Ausmaß der Schlepperkriminalität nur ansatzweise erahnen. Nach Angaben der Bundespolizei gehen Schleuser zunehmend skrupellos vor. 1400 Schlepper wurden laut Innenministerium in diesem Jahr erwischt, die Zahl der unentdeckten Fälle gilt als hoch.

Nancy Faeser, Bundesinnenministerin und SPD-Spitzenkandidatin in Hessen, hat seit einigen Wochen das Thema für sich entdeckt und kündigte verschärfte Gesetzesmaßnahmen an, darunter eine Operative-Analyse-Zentrale bei der Bundespolizei und eine Taskforce mit den Nachbarstaaten. Die Opposition sieht darin eine Profilierung im Wahlkampf. Doch wie lässt sich Schleuserkriminalität wirksam eindämmen?

An den Binnengrenzen scheint das Vorgehen gegen Schleuser wie Don Quijotes Kampf gegen die Windmühlen, solange Hunderttausende von außen unkontrolliert in die EU kommen und die kriminellen Banden daran ein Vermögen verdienen. Deswegen geht auch Faesers Blick nach Brüssel. Dort zeigt man stoisch auf die Ampel-Koalition in Berlin, die Klarheit beim Schutz der EU-Außengrenzen vermissen lasse.

Der EU-Abgeordnete und Vorsitzender der CDU/CSU-Gruppe im Europäischen Parlament, Daniel Caspary, fasst es so zusammen: "Es braucht ein Zusammenspiel aller Ebenen: lokal, national und europäisch. Bislang handelt Europa, während die Bundesregierung die lokale Ebene alleine lässt", sagte er unserer Berliner Redaktion. Berlin müsse "alles dafür tun, Schleuserkriminalität zu bekämpfen, menschliches Leid zu verhindern, aber auch einen effektiven Außengrenzschutz sicherzustellen".

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Auf nationale Ebene drängt die Union in ihrer Oppositionsrolle deshalb auf stationäre Grenzkontrollen im Kampf gegen Schleuser. Faeser lehnt das ab. "Es ist nicht erklärlich, warum die Innenministerin in der schlimmsten Migrationskrise seit Jahren nicht längst Grenzkontrollen verhängt hat", sagte der innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag, Alexander Throm, unserer Zeitung. "Stattdessen will sie die Schleusung härter bestrafen. Ohne Kontrolle ist diese Idee weiße Salbe ohne große Wirkung."

Für die SPD kommen stationäre Grenzkontrollen aber nicht in Frage: "Sie binden vor allem Personal, das wir bei der Intensivierung der effektiven Schleierfahndung viel dringender benötigen", so Dirk Wiese, Vizefraktionschef der SPD. "Schleuser arbeiten sehr flexibel. Bei Grenzkontrollen suchen sie sich schnell neue Migrationsrouten, an den Kontrollen vorbei." Schleierfahndung im grenznahen Bereich sei deutlich effektiver.

Zum konkreten Schutz der Außengrenzen fordert FDP-Fraktionschef Christian Dürr: "Wir müssen die Möglichkeit schaffen, Asylanträge auch in Drittstaaten zu prüfen", sagte Christian Dürr, FDP-Fraktionschef, unserer Berliner Redaktion. "Damit könnten wir die Machenschaften krimineller Schleuserbanden wirksam bekämpfen. Zudem würde eine solche Regelung sofortige Klarheit über den Schutzstatus schaffen und verhindern, dass sich Menschen ohne Perspektive auf die gefährliche Mittelmeerroute begeben." Genauso wichtig sei es, den Migranten die Botschaft zu vermitteln, "wie gefährlich es ist, wenn sie sich in die Hände von Schleusern begeben."

Der Parlamentarische Geschäftsführer der Fraktion, Stephan Thomae, plädiert zudem dafür, die EU-Grenzschutzagentur Frontex personell zu verstärken, um "die EU-Außengrenzen vor Schleusern effektiv zu schützen". Zudem müssten die Strafverfolgungsbehörden der EU-Staaten enger zusammenarbeiten und geprüft werden, ob der Austausch zwischen ihnen und Mitgliedstaaten optimiert werden könne. Außerdem müsse Fahndungs- und Kontrolldruck erhöht werden. "Dazu müssen wir Länder, die entlang der großen Migrationsrouten liegen, bei der Bekämpfung der Schleuserkriminalität mit ins Boot holen."

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