Von Steffen Rüth
Jungs, habt Ihr die Küche hinter Euch schon mal benutzt?
Corbyn Besson: Das ist durchaus schon vorgekommen, aber meistens lassen wir uns doch lieber was liefern (lacht). Du siehst hier einen Ausschnitt des Raums, in dem es passiert: Unser Hauptquartier. Drüben in der Ecke steht zum Beispiel das Piano, an dem wir viel geschrieben haben, das gesamte Album ist hier entstanden.
2019 habt Ihr jeden Monat eine neue Single veröffentlicht, 2020 war bis vor kurzem wenig von Euch zu hören. Selbst in den sozialen Medien habt Ihr den Ball total flach gehalten. Warum habt Ihr Euch so rar gemacht?
Jonah Marais: Wir wollten uns ein bisschen sammeln, uns kreativ nach Herzenslust austoben und dann mit einem richtig großen Aufschlag zurückkommen. Wir sind drei Jahre lang praktisch ohne Pause unterwegs gewesen, das mussten wir erst mal alles verarbeiten. Und, das war uns ganz wichtig: Wir wollten nach unseren musikalischen Wurzeln graben, das neue Album wirklich selbst schreiben und produzieren. Wir spielen auch viel mehr Liveinstrumente als vorher.
Daniel Seavey: Why Don’t We fühlt sich jetzt an wie eine richtige Band. Wenn wir endlich wieder live spielen können, versprechen wir ein Spektakel.
Die Songs selbst zu schreiben, ist für Boygroups ein seltenes Privileg. Musstet Ihr kämpfen, damit Euch die Plattenfirma nicht doch lieber ein paar Songwriting-Teams vorbeischickt?
Besson: Zum Glück nicht. Wir hatten von Anfang an klargemacht, dass wir bei diesem Album mehr Verantwortung übernehmen und uns stärker an der kreativen Arbeit beteiligen wollten. Das macht einem zu Beginn ein bisschen Angst, aber wir haben schnell gemerkt, wie wunderbar Songschreiben ist. Wir haben die Herausforderung angenommen und sind von der Klippe gesprungen.
Was hat Euch Angst gemacht?
Marais: Als Teil der Musikindustrie bekommst du manchmal das Gefühl vermittelt, es gäbe eine Formel zum Erfolg, der du dich doch bitteschön anzupassen hast. Das haben wir anfangs auch getan. Aber wir sind nicht mehr die Jungs von vor vier Jahren. Wir sind älter geworden und auch reifer. Nach und nach fingen wir an, selbst an Songs zu arbeiten, und das funktionierte auch richtig gut. Und doch hat man das Gefühl, als würde man sich ganz schön weit aus dem Fenster lehnen. Eben weil es außergewöhnlich ist für eine Boygroup, mal nicht mit den üblichen Pop-Autoren zusammenzuarbeiten. Das fühlt sich schon nach einem Risiko an. Aber auch unser Label und unser Management stehen voll hinter unserer Entscheidung.
Besson: Wir haben uns auch selbst ganz schön Druck gemacht, indem wir sagten: Wir vertrauen jetzt auf unsere eigenen Fähigkeiten. Doch wir haben daran geglaubt, dass wir das packen, und jeder einzelne Song, den wir schrieben, nahm ein wenig von dem Gewicht von unseren Schultern. Und jetzt sind wir wirklich sehr stolz auf das, was wir geleistet haben.
Am Wichtigsten ist, dass man seine Musik selbst liebt, oder?
Besson: Absolut. Viele der neuen Stücke haben wir schon während unserer Tour geschrieben, also noch einige Zeit vor der Pandemie und den ganzen Einschränkungen. Wir haben die Songs sprichwörtlich hinter den Kulissen zusammengepuzzelt und kaum jemandem überhaupt davon erzählt.
Ihr hockt ja ohnehin die meiste Zeit aufeinander. Wie wichtig ist es, dass Ihr Euch tatsächlich mögt?
Marais: Ich denke, das ist überhaupt der wichtigste Grund, warum das Zusammenspiel in dieser Band so gut funktioniert. Wir waren vorher schon Freunde und haben uns beschnuppern können, bevor wir mit Why Don’t We loslegten. Als wir zum ersten Mal alle gemeinsam in einem Raum waren, hatten wir sofort so ein "Jau, das passt"-Gefühl. Wir sind keine irgendwie zusammen gecastete Boyband. Sondern wir befinden uns auf einer gemeinsamen Reise mit unseren besten Freunden.
Lebt Ihr noch zusammen?
Seavey: Im ersten Jahr haben wir uns eine Bude geteilt, was uns natürlich noch näher zusammengebracht hat. Danach lebten wir drei Jahre lang auf engstem Raum im Tourbus zusammen. Jetzt hat jeder sein eigenes Heim, wir wohnen aber alle im Umkreis von 15 Minuten voneinander.
Ihr habt Euch nicht nur musikalisch entwickelt, sondern überhaupt. In den Videos zu Euren jüngsten Singles "Fallin‘" und "Lotus Inn" seht Ihr ganz schön erwachsen aus. Wie sehr merkt Ihr an Euch selbst den Sprung vom Teenagerjungen zum jungen Erwachsenen?
Marais: Das ist uns sehr bewusst. Außer Zach, der 19 ist, sind wir jetzt alle über 21.
Seavey: Und dürfen nun auch in den USA Alkohol trinken (lacht).
Marais: Ja, das ist schon ein Vorteil, aber ich finde überhaupt, gerade die Jahre von 20 bis 22 stecken voller Veränderungen. Wir haben so viel gesehen, so viele Erfahrungen gesammelt, so viele Einsichten in die Welt gewonnen, so viele Leute kennengelernt – das alles ist unheimlich wertvoll für uns und für unsere Musik.
Besson: Als wir anfingen, war Zach 15 und wir anderen gerade 18. Wir waren jung für unser Alter. Wir waren noch Babys. Und dann wurden wir quasi über Nacht in diese sehr erwachsene Musikindustrie hineinkatapultiert. Wir standen da und staunten. Manche Dinge haben wir sehr zügig lernen müssen. Uns blieb gar keine andere Wahl, als ziemlich schnell erwachsen zu werden.
Info: Das Album "The Good Times And The Bad Ones" gibt es ab 15. Januar.