Von Steffen Rüth
Zwei Männer sind tabu im Interview zu Maite Kellys neuem Album "Hello!": der geschasste DSDS-Jurykollege Dieter Bohlen sowie Ex-Ehegatte Florent Raimond, der Vater von Kellys drei Töchtern Agnes (15), Josephine (13) und Solène (6). Aber Steffen Rüth fand noch genügend andere Themen mit der Zweitjüngsten von Barbara und Daniel Kelly, die sich in den vergangenen zehn Jahren eine beeindruckende Karriere als Schlagersängerin aufgebaut hat. Beispielsweise Erfolg, Sehnsucht und Frauen in der Kirche.
Maite, Du hast zwei Töchter im Teenager-Alter und eine Sechsjährige. Wie läuft es mit dem Homeschooling?
Wenn es um Technik geht, bin ich eine Katastrophe (lacht). Aber ich weiß immerhin jetzt, wie Zoom funktioniert, das haben meine Kinder mir beigebracht. Also mit der Kleinen klappt es gut, und die beiden Großen sind Gott sei Dank sehr selbstständig. Die sagen höchstens mal: Mama, geh‘ bitte, du machst alles nur noch schlimmer. Meine Mädchen sind kleine Streberinnen – genau wie ich damals eine war.
Dabei habt Ihr Kellys von außen doch immer wie ein liebenswert-chaotischer Hippie-Haufen gewirkt.
Naja, jeder hatte seine Aufgaben und ohne Disziplin wäre das alles nicht möglich gewesen. Als wir noch Straßenmusik gemacht haben, habe ich für uns alle gekocht, für 18 Leute. Und später, als wir in ganz Europa Konzerte spielten, war ich für die Kostüme verantwortlich, habe gebügelt und alles hingelegt. Zum Glück war ich eine harte Arbeiterin.
Dann ist das heute ein Klacks für Dich?
Nein, ein Klacks ist es nie. Als Mutter von drei Kindern und mit meiner Arbeit muss ich wie jede andere Mama vorausschauend planen. Man muss sehr organisiert und pragmatisch sein in dieser Krise Ich fange lieber zu früh an als zu spät. Meine Straßenkindheit war eine gute Schule für mein Leben heute.
Wie meinst Du das?
Erfolg fliegt einem nicht zu. So eine Karriere, das bedeutet Unermüdlichkeit und Fleiß. Es gehört aber auch dazu zu wissen, wie man seine Kräfte einteilen muss.
Was sind Deine Entspannungsmethoden?
Sport, ein heißes Bad und gute Ernährung. Ich habe meine Spa-Rituale und bade zum Beispiel gern mit ätherischen Ölen. Und Sport ist immer ein ganz wichtiger Ausgleich.
Welche Art von Sport machst Du?
Tanzen, Laufen, Kampfsport, Yoga, Ballett – der Körper ist sehr vielfältig und deshalb versuche ich, ihn möglichst ganzheitlich zu trainieren. Es kommt auch immer drauf an, was ich gerade brauche. Vor einer Tournee gehe ich viel laufen und singe dabei, um die Kondition hochzuschrauben. Neulich habe ich so gelacht, als ich gesehen habe, wie Miley Cyrus auf dem Laufband rennt und dabei ihre Stimme trainiert. Miley macht das also auch so. Während einer Tournee mache ich eher Yoga und Krafttraining.
Mindestens so facettenreich wie Dein Sportprogramm ist auch Dein neues Album "Hello!". Musikalisch fällt auf, dass es nicht nach deutschem Schlager, sondern nach einer internationalen Pop-Produktion klingt.
Die Kompositionen und die Arrangements so hochwertig wie möglich zu machen, ist mir tatsächlich sehr wichtig. Ich mache zwar Schlager, aber der Ansporn ist es, für Qualitätslieder zu stehen. Das heißt, für Lieder, die einfach zugänglich sind und simpel wirken, die du aber auch nach dreitausendmaligem Hören noch gern hast.
Du schreibst die Songtexte überwiegend selbst. Worauf achtest Du dabei besonders?
Jedes Album, das ich schreibe, ist eine Tür in meine Welt und in mein Herz. Meine Musik ist nicht effizienzgesteuert. "Hello!" ist ein Album der Gefühle, ein Album der Sehnsucht. Es handelt von der Seele, der Sinnlichkeit und der Leidenschaft. Bei aller Leichtigkeit der Musik spürst du zwischen den Zeilen, wie sehr ich es möchte, dass die Zuhörer sich in diesen Songs selbst erkennen, dass sie tief in sich hineinhorchen und auch hineinschauen.
Wie kam es zur Sehnsucht als zentralem Thema auf dem Album?
Einfach, weil ich eine klare Ehrlichkeit wollte. Ich bin 41 Jahre alt und habe eine unglaubliche Gelassenheit in meinem Leben erreicht. Ich denke, ich bin mittlerweile erwachsen, lasse den Gefühlen freien Lauf und stehe zu allen meinen Emotionen. Die Sehnsucht macht mir keine Angst. Im Gegenteil. Ich umarme sie als einen Teil von mir.
Von Ängsten handelt indes das Stück "Von Mal zu Mal".
Das stimmt. In dem Song spreche ich über dunkle Momente. Ich umarme auch die Angst. Sie ist wichtig, um die Zuversicht zuzulassen.
Muss man im Leben das Dunkle kennen, um das Helle wertzuschätzen?
Ich bin da nicht so sicher, dass man erst in der Hölle landen muss, um den Himmel zu genießen. Als Katholikin denke ich so nicht. Aber wer ein Leben ohne Schatten sucht, der sucht vergeblich. In jedem Leben gibt es auch Enttäuschungen, Abschiede, Trauer und Herausforderungen. Wenn du jedoch immer darauf wartest, dass das Licht von außen kommt, dann verpasst du die Chance, selbst ein Lichtbringer zu sein.
Du hast eine positive und lebensbejahende Ausstrahlung. Wie wichtig ist es Dir, gerade in schwierigen Corona-Zeiten Hoffnung zu vermitteln?
Natürlich möchte ich die Menschen mit jedem meiner Lieder berühren. Aber dafür muss ich selbst ein berührter Mensch sein. Die Leute müssen mir auch glauben, wovon ich singe. Ich habe von Corona gelernt, wie stark ich bin, indem ich für andere stark bin. Je älter ich werde, desto besser wird mein Leben. Ich stehe in der Verantwortung als Mutter und als Unternehmerin. Eine andere Reife, eine andere Ernsthaftigkeit ist in mein Leben getreten. Dazu gehört auch ein Stück weit so eine "Der Glaube ist stärker als die Angst"-Devise. Nicht jeder muss mich verstehen, und umgekehrt behaupte ich nicht, selbst immer richtig zu liegen. Ich gebe mir somit auch die Freiheit, mit Nachsicht zu mir selbst durchs Leben zu gehen.
An Karfreitag hältst Du im Paderborner Dom mit Monsignore Georg Austen, dem Generalsekretär des Bonifatiuswerks, eine Dialogpredigt. Was wird Dein Thema sein?
Ich möchte Jesus an diesem Tag andachtshaft ehren, indem ich den Kreuzweg aus den Augen einer Frau beschreibe.
Sollten Frauen in der katholischen Kirche generell eine größere Rolle spielen?
Frauen spielen in der katholischen Kirche die größte Rolle. Ohne die vielen weiblichen Laien gäbe es die Kirche in dieser Form nicht. Wir sind die Säulen.
Wie sehr freust Du Dich dieses Jahr auf Ostern?
Wir lieben Ostern. Es sind Tage voller Rituale. Meine Kinder und ich werden virtuell die Heilige Messe feiern und dann zusammen die Eier suchen, die ich im Garten versteckt habe.
Info: Das Album "Hello!" ist gerade erschienen. Ihr Live-Auftritt in der Region ist für den 29. Januar 2022 in der SAP-Arena Mannheim geplant.