Den Sommer verbringt Chris de Burgh auf hiesigen Freilichtbühnen oder in Konzertsälen, um ganz alleine seine größten Hits und so manches selten gehörte Schätzchen zu spielen. Steffen Rüth sprach vorab mit ihm.
Chris, Sie melden sich aus einem Aufnahmestudio in London. Woran arbeiten Sie gerade?
Chris de Burgh: Wir diskutieren über mein neues Projekt, ein Musical über Robin Hood, das 2020 in Fulda Premiere feiern soll.
Worauf kommt es Ihnen bei dem Musical an?
Dass wir diesen Robin Hood nicht nur als mittelalterlichen, sondern auch als modernen Charakter zeigen. Das Stück spielt natürlich im Mittelalter, doch die Menschen sollen eine Verbindung zu ihrem eigenen Leben aufbauen und nachvollziehen können, dass dieser Mensch ein sehr gut ausgeprägtes soziales Gewissen hatte. Diese Frage ist nämlich sehr relevant im 21. Jahrhundert.
Brauchen wir mehr Robin Hoods, damit es fairer zugeht in der Gesellschaft?
Dem würde ich zustimmen. Eine kleine Anzahl globaler Unternehmen hat sich die Erde untertan gemacht und kontrolliert alles. Das gefällt mir nicht. Die Zeiten sind sehr unsicher, mit einem Präsidenten in den USA, bei dem keiner weiß, was er sich als nächstes in den Kopf setzen wird. Die Demokratie ist so stark unter Beschuss wie lange nicht. Was wir aktuell dringend brauchen auf der Welt, ist ein Charakter wie Robin Hood, ein Held.
Am 15. Oktober feiern Sie ihren 70. Geburtstag. Zeit für eine vorläufige Bilanz?
Ich kann nicht meckern. Ich bin seit 1977 mit derselben Frau verheiratet, habe drei längst erwachsene Kinder, meine Gesundheit, immer noch eine starke Stimme und einen Beruf, der mich nach wie vor ausfüllt. Ich denke nicht, dass irgendjemand ein perfektes Leben hat, aber ich bin schon ein sehr glücklicher alter Junge. Ich lebe ein Leben, das mir ermöglicht, auf der ganzen Welt aufzutreten. Vor kurzem spielten wir in Dubai und davor in Kapstadt. Ehrlich, das Leben ist ziemlich super.
Vor dem runden Geburtstag kommen Sie auf Solo-Tour ohne Band. Wie wird das?
Großartig wird das! Ich spiele sehr gerne solo. So fing das vor 45 Jahren doch alles an. Solo-Shows sind gleichzeitig am einfachsten und am schwierigsten - weil außer dir niemand da ist. Ich liebe es, eine intime Verbindung zum Publikum aufzubauen. Ich kann viel mehr über die Geschichte einzelner Songs erzählen, der Kontakt zu den Menschen ist viel enger.
Die Deutschen haben Sie ins Herz geschlossen. Woher kommt die enge Verbindung?
Grundsätzlich liebe ich mein Publikum und habe großen Respekt. Ich biete einen guten Gegenwert fürs Geld. Außerdem habe ich ja Europäische Geschichte studiert und bin seit jeher extrem von der Geschichte Deutschlands fasziniert. Und in der jüngeren Vergangenheit hat sich ein Deutschland, das am Boden war, nach 1945 wieder hochgestrampelt und ist heute das mächtigste Land in Europa. Gründe dafür sind der Eifer und der Ehrgeiz der Deutschen, beides schätze ich sehr.
Wissen Sie schon, welche Lieder Sie auf der Solo-Tour spielen werden?
Nein. Das entscheide ich immer spontan. Ich habe mehr als 300 Songs aus allen Phasen meines Schaffens, aus denen ich auswählen kann. Ich bin solo viel flexibler als mit Band. Ich erfülle auch Wünsche, versprochen (lacht). Die großen Hits sind aber selbstverständlich im Programm, "The Lady In Red", "High On Emotion", "Don’t Pay The Ferryman", "Missing You", das kommt alles.
Mittlerweile ist es völlig normal, dass 70-jährige Musiker erfolgreich auf Tournee gehen, die Rolling Stones zum Beispiel sind ja sogar noch fünf Jahre älter als Sie. Was ist passiert, dass ältere Herrschaften noch immer die Welt rocken?
Der medizinische Fortschritt. Nein, okay, der vielleicht auch, aber ein Grund ist, dass wir Künstler aus der alten Zeit uns noch eine echte Karriere aufgebaut haben. Maßgeblich dafür sind beständig gute Songs. Ich könnte nicht als bloße Legende auf Tour gehen. Ich habe noch ein recht neues Album, das heißt "A Better World", ich denke eigentlich immer an neues Material. Das Wichtigste ist: Wir Alten haben uns noch aus dem Nichts nach oben gekämpft. Die neuen Stars kommen aus dem Internet oder aus dem Fernsehen, denen fehlt die Erfahrung, sich durchbeißen zu müssen.
Ist "A Better World" ein politischeres Album als Ihre übrigen?
Wie auf jeder Platte singe ich über meine Betrachtungen, Gedanken und Gefühle. Der am klarsten politische Song ist "Homeland", er handelt von den schrecklichen Dingen, die seit Jahren in Syrien passieren, und von den armen Flüchtlingen, die einfach nur versuchen, am Leben zu bleiben.
Die Haltung der Deutschen gegenüber Asylsuchenden scheint immer ablehnender zu werden. Können Sie mit einem Konzert die Meinung der Menschen ändern?
Da bin ich skeptisch. Vielleicht bringe ich ein bis zwei Leute pro Show zum Nachdenken. Für mich sind die Fakten eindeutig. Das sind Menschen wie du und ich, sie sind verzweifelt, ihre Heimat ist zerstört, ihr Leben ist höchst unsicher. Wir müssen Sympathie mit ihnen haben. Sicher, auch in Deutschland gab es Attacken wie den Anschlag auf den Berliner Weihnachtsmarkt, und ein paar wirklich üble Leute reichen aus, um die positive Willkommensstimmung kaputt zu machen. Wenn du jemanden nach Hause einlädst, willst du zu Recht, dass er sich anständig benimmt. Dennoch: Wir brauchen mehr Mitgefühl.
Vor zehn Jahren hätten Sie fast im Iran gespielt, Sie treten regelmäßig im Libanon auf. Gehen Sie bewusst in Länder, die von einigen als "böse" angesehen werden?
Nein, so sehe ich das nicht. Musik kennt kein Gut und kein Böse, keine Rasse, keine Religion, keine Weltanschauung. Aus verschiedenen Gründen kam das Konzert im Iran nicht zustande, aber ich habe noch immer sehr stark den Wunsch, einmal dort zu spielen. Die Iraner sind supernette, tolle Menschen. Und Musik ist nicht nur die internationale Sprache schlechthin, sondern besitzt auch eine unwiderstehliche, verbindende Kraft.
Info: Chris de Burgh kommt am Montag, 30. Juli, 20 Uhr, in die Stadthalle nach Heidelberg. Karten von 73 bis 90,25 Euro gibt es beim RNZ-Ticketservice.