Von Harald Berlinghof
Da kreist ein blauer Planet, gesprenkelt mit weißen Dampfwolken, um eine gelbe Sonne. Sauerstoff und Wasser gibt es, die Temperaturen liegen im günstigen Bereich. Der Planet kreist innerhalb der sogenannten "habitablen" Zone um seine Sonne. Er ist also wie gemacht für Leben! Doch wir sprechen hier nicht von unserer guten, alten Erde, sondern von einer Himmelskugel in tatsächlich astronomisch weiter Entfernung. "TOI 700d" wurde vergangenes Jahr entdeckt und ist mehr als 100 Lichtjahre von uns entfernt.
In den 1990er Jahren wurden erstmals solche Planeten von Astronomen entdeckt. 1998 fand man einen blauen Planeten im System Proxima Centauri, in "nur" 4,2 Lichtjahren Entfernung. Das sind etwa 40 Billionen Kilometer, was etwa 30.000-mal der Entfernung der Erde zur Sonne entspricht. Unerreichbar mit heutigen Raketen. Inzwischen stehen 21 solcher Planeten im Verdacht, sehr erdähnlich zu sein.
Solche Entdeckungen der Astronomen elektrisieren die Menschen immer wieder aufs Neue. Dabei dreht sich unter unseren Füßen genau solch ein paradiesischer Planet. Er ist vielgestaltig, atemberaubend, anheimelnd und manchmal auch extrem herausfordernd. Er ist kalt, manchmal auch heiß, an vielen Stellen nass und in weiten Teilen staubtrocken. Er kann stockfinster sein oder strahlend hell, lebendig grün und bunt, oder braun und tot. Machen wir uns auf zu einer Reise, die zu den extremsten Orten dieser Welt führt. Zu den schönsten, gefährlichsten, zu den ergreifendsten und abstoßendsten Orten.
Eisige Kälte
Am kältesten Ort der Erde kann kein Mensch überleben. Das Ostplateau der Antarktis hält diesen Rekord mit minus 93,2 Grad Celsius noch gar nicht so lange. Die Temperatur wurde von Satelliten aus dem Orbit gemessen. Zuvor galt die russische Wostok-Wetterstation in der Antarktis mit 89,2 Grad Celsius als kältester Ort der Erde.
Königspinguine in der Antarktis. Foto: GettyAljoscha ist acht Jahre alt. Er lebt in einem Dorf in Ostsibirien und geht im Nachbardorf zur Schule. Morgens, bei Dunkelheit, kämpft er sich mitten im sibirischen Winter auf dem kältesten Schulweg der Welt zu Fuß zur Straße, wo der Schulbus ihn mitnehmen soll. Das klapprige Gefährt kommt oft zu spät, weil es nicht anspringen will bei den Minusgraden. In der Schule bleibt er bis zum späten Nachmittag und wenn er die Heimfahrt zu seiner Mutter antritt, ausgestattet mit den guten Wünschen seiner Lehrerin, dann droht bereits wieder die Dunkelheit. Wenn er den Fußweg von der Straße zum eigenen Haus durch den tiefen Schnee verfehlt, sich an der vom Wind verkrüppelten Birke nicht rechts hält, so kann dies lebensgefährlich werden.
Jakuten-Pferde in Ostsibirien. Foto: GettyDas Dorf von Aljoscha ist der kälteste bewohnte Ort der Erde. Oimjakon in Sibirien liegt nur etwa zwei Autostunden von der kältesten Großstadt der Erde, Jakutsk, entfernt. Im Jahresschnitt kommt man in Oimjakon auf minus 40 Grad Celsius. 2013 wurden hier sogar minus 71,2 Grad Celsius gemessen. Aber das ist immerhin noch 20 Grad wärmer als in der Ostantarktis. Kältefrei gibt es für die Schüler erst ab minus 54 Grad.
In Jakutsk leben 300.000 Menschen. Vom Fischfang, von der Jagd, von der Rentierzucht und von der kärglichen Landwirtschaft während der eisfreien Zeit zwischen Mai und September. "Minus 39 Grad heute. Das ist doch fast warm", lacht German Abtuhgajew. Einige "verrückte" Touristen tragen ein paar Rubel zusätzlich in die Stadt. Aber die wollen meist schnell weiter an den bewohnten Kältepol der Erde, nach Oimjakon. Mit Eisangeln am See vertreibt man sich die Zeit, solange das Eis noch nicht zu dick geworden ist. Feuer hat eine schamanistische Bedeutung, während der Wodka von innen wärmt.
Tödliche Hitze
Die iranische „Dasht-e Lut“-Wüste. Foto: Getty
Machen wir einen Sprung um 160 Grad Celsius zum heißesten Ort der Erde. In der zentraliranischen Wüste Dasht-e Lut, die seit 2015 zum Weltnaturerbe zählt, wurden von einem Satelliten im Jahr 2016 mit 78,3 Grad Celsius die höchste jemals auf der Erde gemessene Bodentemperatur verzeichnet. Das ist eigentlich tödlich, weil Eiweiße, also auch Aminosäuren, bei solchen Temperaturen unumkehrbar gerinnen. Trotzdem gibt es in der Wüste Lut Leben. Skorpione und Insekten überleben in Höhlen und kommen nur nachts zum Vorschein. Auch der Biologe Jamshid Y. hat sich nur nachts hinausgewagt in die Lut. Dann ist es eisig kalt, bei sternenklarem Himmel – aber wehe, wenn die Sonne aufgeht ...
Konkurrenz hat die Wüste Lut im australischen Queensland mit gemessenen 69,3 Grad Celsius und den flammenden Bergen in China mit 66,7 Grad Celsius. Lange hielt das kalifornische Death Valley den globalen Hitzerekord mit 56,7 Grad Celsius – gemessen 1913.
Djamila, die "Schöne", möchte den kargen und heißen Flecken bei Tripolis in Libyen, wo sie lebt, am liebsten hinter sich lassen. Neben Hitze und Langeweile gibt es dort für eine Jugendliche, die über Smartphone mit der Welt verbunden ist, nichts, was sie sich wünscht. Sie will weg. Das Mittelmeer ist nicht unerreichbar fern. Und Europa? Ihr Dorf, das libysche El Azizia, gilt als heißester bewohnter Ort der Erde. Dort wurden 1922 genau 57,8 Grad Celsius im Schatten gemessen. Die Zahl der Einwohner wird schwankend angegeben zwischen 4000 und 10.000. Kamele, Dattelpalmen und gelegentliches Geschützfeuer des Bürgerkriegs aus der Ferne prägen das Bild. Der Ort liegt am Rande einer fruchtbaren Ebene, die aber in den Sommermonaten zu den trockensten und heißesten Gebieten der Erde zählt.
Trocken wie der Mars oder Dauerregen
Die chilenische Atacama-Wüste am Fuße des Vulkans Licancabur. Foto: Getty
Alle Wüsten sind trockene Orte. In der Sahara etwa regnet es jährlich 40 Millimeter (40 Liter pro Quadratmeter). Zum Vergleich: In Deutschland sind es 500 bis 1000 Millimeter. In der nordchilenischen Atacama-Wüste hingegen regnet es nur alle fünf bis zehn Jahre einmal. Und dann meist auch nur kurz. Gerade mal 0,1 Millimeter Regen ergibt das pro Jahr. Damit ist sie der niederschlagsärmste Ort der Erde. So trocken wie der Mars.
Anik Kapoor ist es dagegen gewohnt, nass zu werden. Er lebt in Cherrapunji, im Nordosten Indiens im Bundesstaat Meghalaya, dem "Wohnsitz der Wolken", unweit der Grenze zu Bangladesh. Sein Geburtsort verzeichnet 180 Regentage im Jahr. Wenn er im Regen zur Zementfabrik geht, wo er seinen Lebensunterhalt verdient, kommt er an einem hölzernen Schild für Touristen vorbei: "The wettest place on planet earth", "der nasseste Platz auf dem Planeten Erde" also, steht darauf zu lesen. Touristen und Zement, das sind die Haupteinnahmequellen der rund 12.000 Einwohner. Für Landwirtschaft ist es zu nass und zu wolkig.
Regenwaldlandschaft bei Cherrapunji in Nordostindien. Foto: GettyMit 11.430 Millimeter Regen im Jahresschnitt hält Cherrapunji den Weltrekord beim Niederschlag. Für 1860/61 wurde ein bisheriger Allzeitrekord von 22.461 Millimetern gemessen. Es gibt allerdings noch einen unbewohnten Ort auf der Erde, der die indische Kleinstadt übertrifft: Der hawaiianische Vulkan Wai’ale’ale weist 335 Regentage auf und bringt es auf 12.000 Millimeter jährlichen Niederschlag. Der regenreichste Ort in Deutschland ist das Dorf Balderschwang im Allgäu, der Rekord liegt dort bei gerade mal 3503 Millimeter Regen im Jahr 1970.