Windpark "Kornberg"

"Wir Bürger werden für dumm verkauft"

Harsche Kritik am Ablauf der Informationsversammlung - Reaktionen von Bürgern und Verantwortlichen

22.02.2018 UPDATE: 22.02.2018 06:00 Uhr 3 Minuten, 31 Sekunden

Reaktionen von Bürgern und Verantwortlichen

"Frechheit!", "Verarschung!", "unverschämt!" Die Reaktionen zahlreicher Bürger - darunter nicht nur erklärte Gegner des Projekts - fielen am Mittwoch geharnischt aus. Grund war die von den Bürgerenergiegenossenschaften Hardheim und Höpfingen gewählte Form der Öffentlichkeitsbeteiligung. Wir haben Stimmen von Bürgern und Verantwortlichen gesammelt:

> Dr. Ingo Großkinsky (CDU-Fraktionsvorsitzender im Hardheimer Gemeinderat): "Für mich ist das Ganze eine Lachplatte, und eigentlich könnte man gleich wieder gehen. Wir hätten unsere Fragen gerne öffentlich gestellt."

> Gaby Hauck (Hardheim): "Das ist eine Alibi-Veranstaltung: Erst lässt man uns nicht rein, dann gibt es keine Stühle, und als negativen Höhepunkt lässt man die Bürger nicht einmal zu Wort kommen."

> Bürgermeister Volker Rohm (Hardheim): "Wir haben uns für diese Form der Öffentlichkeitsbeteiligung entschieden, da es uns in den letzten fünf Jahren nicht gelungen ist, eine Versachlichung zu erreichen. Wir wollten einen Neuanfang ohne Emotionen und dafür mit ganz vielen Fakten. Ich merke, dass darüber viele verärgert sind, denen nun kein Podium geboten wurde, um Stimmung zu machen. Aber jeder hat die Möglichkeit, sich an den Ständen zu informieren und seine Fragen schriftlich einzureichen."

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> Ortsvorsteher Helmut Hartmann (Waldstetten): "Erstens ist der Titel ,frühzeitige Öffentlichkeitsbeteiligung’ eine Farce: Die Pläne reichen bis ins Jahr 2013 zurück, wir schreiben 2018. Zweitens kann man sich zwar informieren, aber die versprochene Anhörung oder Erörterung findet nicht statt. Und drittens entsteht dadurch der Eindruck, dass sich die Verantwortlichen davor scheuen, Rede und Antwort zu stehen."

> Dr. Christian Kuhn (Vorstandsmitglied des Flugsportclubs Odenwald, Walldürn): "Ich wollte ans Mikrofon und öffentlich eine Frage stellen, doch das ist mir vom Hausherrn, Bürgermeister Rohm, untersagt worden. Dem angeblichen Experten für Flugsicherheit, der am Infostand Fragen beantworten soll, fehlt es an Sachkenntnis. Ich habe den Eindruck, dass die Verantwortlichen nicht verstehen, was in Sachen Flugsicherheit eigentlich für eine Problematik dahintersteht. Oder die Erkenntnisse werden bewusst ignoriert."

> Klaus Kreßner (Gemeinderatsmitglied, Hardheim): "Ich habe einen guten Eindruck gewonnen, und ich bin positiv überrascht. Es bringt mehr, sich auf diesem Weg zu informieren als bei einer Podiumsdiskussion. Aber ich kann natürlich auch verstehen, wenn Bürger darüber verärgert sind. Eines ist mir aber auch wichtig: Die Gegner des Projekts sprechen bei weitem nicht für alle Bürger. Sie sind eine Minderheit."

> Siegbert Fitz (Bretzingen): "Das ist keine Bürgerversammlung, sondern hier wird versucht, die Bürger für dumm zu verkaufen!"

> Dieter Popp (Vorsitzender der Bürgerinitiative BGN, Höpfingen): "Es ist eine Frechheit, die Leute so abzuservieren. Das Ganze ist eine reine Show-Veranstaltung pro Windkraft. Eigentlich wollten wir den Bürgermeistern einige Fragen stellen ...."

> Bernadette Balles (Hardheim): "Es fehlen mir die Worte."

> Bürgermeister Adalbert Hauck (Höpfingen): "Es war kein Fehler, diese Form der Veranstaltung zu wählen, in der die reine Information im Mittelpunkt steht. Die Bürger sind anderes gewohnt, aber es ist durchaus legitim, auf eine öffentliche Fragerunde zu verzichten. Schließlich hat die Vergangenheit gezeigt, dass dies als Plattform für Meinungsäußerungen genutzt worden ist."

> Albrecht Reichert (Bretzingen): "Ich bin enttäuscht von der Art der Veranstaltung. Wie hier mit den Bürgern umgegangen wird, das macht mich betroffen."

> Horst Bernhard (Hardheim): "Wo ist hier die Bürgerbeteiligung? Das ist für mich eine Verarschung der Bürger!"

> Simone Richter (Bürgermeisterstellvertreterin, Hardheim): "Wir Gemeinderatsmitglieder waren nicht darüber informiert, dass die Veranstaltung in dieser Form abläuft. Ich bin davon ausgegangen, dass der Saal bestuhlt ist und dass Fragen gestellt werden dürfen. Die schriftliche Form reicht meiner Ansicht nach nicht aus: Die Fragen bringen nur etwas, wenn alle Bürger die Antworten hören können!"

> Thorsten Lang (Bretzingen): "Ich hatte mir deutlich mehr erhofft, für mich gibt es nichts Neues zu erfahren. Was leider fehlt, ist die Möglichkeit, Fragen stellen zu können."

> Harald Endreß (Geschäftsführer Zeag Erneuerbare Energien, Heilbronn): "Für heute sieht das Verfahren vor, dass die Öffentlichkeit in der Breite informiert wird. Und genau das tun wir heute. Bei einer Podiumsdiskussion bestimmen dagegen nur wenige Themen den Abend. Wenn ich mich verstecken wollte, wäre ich daheim geblieben."

> Dirk Köhler (Hardheim): "Ich dachte zunächst, ich bin bei der falschen Veranstaltung gelandet. Das Ziel der Verantwortlichen wurde wohl erreicht, denn so splittet sich der Protest, der sonst geballt in Richtung Bühne gegangen wäre, auf die einzelnen Stände auf. Für uns Bürger ist das Ganze aber natürlich nicht zufriedenstellend. Da die Möglichkeit fehlt, Fragen zu stellen, drängt sich bei vielen der Eindruck auf, dass manche Sachverhalte nicht öffentlich gemacht werden sollen. Und dieser Eindruck ist fatal für ein solches Großprojekt."

> Ortsvorsteher Kaspar Wolf (Bretzingen): "In der Begrüßung wurde betont, dass künftig Transparenz herrschen soll. Heißt das, dass das Verfahren vorher nicht transparent durchgeführt wurde? Und was wir heute Abend hier erleben, das ist dann transparent?"

> Christian von Mach (Büro Beck, Darmstadt): "Bei anderen Öffentlichkeitsterminen habe ich Podiumsdiskussionen erlebt, die sehr emotional und unschön waren. So wie heute ist es spannender; im direkten Gespräch kann mehr auf die Bürger eingegangen werden."

> Walter Müller (Landesverband der Bürgerinitiativen gegen Windkraft in Natur- und Kulturlandschaften, Vaihingen): "Es wurde eine öffentliche Veranstaltung angekündigt, bei der die Bürger mitdiskutieren können. Die Veranstaltung heute halte ich für eine Farce, die Bürger werden für dumm verkauft. Sie wurde so aufgezogen, um unbequeme Fragen im Keim zu ersticken. Die Verantwortlichen haben sich keinen Gefallen getan, vielmehr gibt es jetzt noch mehr Misstrauen in der Bürgerschaft." (ah/rüb)Â