Das Archivbild von 1970 zeigt den US-amerikanischen Rocksänger und Gitarristen Jimi Hendrix bei seinem Auftritt beim Popfestival auf der Ostsee-Insel Fehmarn. Foto: Dieter Klar/dpa
Es war seine zweite Single – nachdem er Ende 1966 mit "Hey Joe" für Furore als der neue und endgültige Gitarren-Gott gesorgt hatte. Und es war seine erste Eigen-Komposition, die es in die Charts schaffte. Mit "Purple Haze" stürmte Jimi Hendrix und seine Band Experience 1967 die britischen und deutschen Hitparaden.
Ein halbes Jahrhundert ist das her. Und der Gitarren-Gott von damals, der am kommenden Montag 75 Jahre alt geworden wäre, wenn er nicht im September 1970 mit nur 27 viel zu früh gestorben wäre, gilt längst als einer der progressivsten und kreativsten Musiker aller Zeiten.
Mythen und Legenden ranken sich heute noch um "Purple Haze", das Hendrix praktisch bei jedem seiner Live-Gigs mit im Programm hatte. Es sei ein Song, der Drogen und deren Folgen in den Himmel hebe und sie propagiere, hieß es damals mit Blick auf den Text: "Purpurner Dunst füllt mein Hirn, in letzter Zeit scheint nichts mehr so zu sein wie sonst; ich benehm mich komisch und weiß nicht, warum – Entschuldigung, ich küss grad mal schnell den Himmel", heißt es da. Und später: "Purpurner Dunst, du hast mir das Gehirn weggeblasen – ist heute schon morgen, oder sind wir bereits am Ende der Zeit?"
Hinzu kam, dass "Purple Haze" die Bezeichnung für eine bestimmte Cannabis-Sorte war und auch heute noch ist. Und dass Hendrix als Drogen-Konsument im größeren Stil bekannt war.
Schließlich reagierte Hendrix und lieferte seine eigene Interpretation: "Purple Haze hat mit Drogen wenig zu tun. Das ist ein reines Liebeslied." Na ja – kann man natürlich auch so sehen. Schließlich heißt es in der Mitte des Textes auch "Ich weiß nicht, ob ich glücklich oder traurig sein soll. Wie auch immer: Dieses Mädchen hat mich total verzaubert." Und das, noch dazu stilprägend im coolen Englisch dieser herrlichen Zeit in den 60er Jahren, klingt ja auch wirklich eher nach einem Love-Song: "Am I happy or in misery? Whatever it is – this girl put a spell on me."
Drogen oder Liebe: Wahrscheinlich steckt beides in "Purple Haze". Was den Song aber wirklich so fantastisch macht, ist letztlich überhaupt nicht der Text, sondern die Musik: Selbst für die damalige Zeit, in der viel experimentiert wurde, der totale Knaller. Hendrix erobert mit seinem Gitarrenspiel in knapp zweieinhalb Minuten vollkommenes Neuland. Sensationell, revolutionär – und rotzfrech. "Purple Haze" beginnt in schrägstem Prä-Metal-Sound mit Verzerrer eigentlich fast vollkommen dissonant, entwickelt sich dann jedoch schnell zu einem eingängigen, fast melodiösen Riff, das man nicht mehr aus dem Kopf bekommt. Der Song mündet schließlich in eines jener atemberaubenden, archtetypischen, unverwechselbaren Soli, die Hendrix zu einem der stilprägendsten und innovativsten Gitarreros aller Zeiten gemacht haben – wenn nicht zum Besten von allen.
Völlig zu Recht steht "Purple Haze" denn auch auf Platz 2 der Liste der "100 besten Gitarren-Songs aller Zeiten" des Fachmagazins "Rolling Stone" – gleich hinter Chuck Berrys "Johnny B. Goode" und vor zwei weiteren Hendrix-Songs, die in diesen Jahrhundert-Charts ebenfalls noch auftauchen.