Hintergrund - Wahlkommentar 2019 Paradox

27.05.2019 UPDATE: 28.05.2019 06:00 Uhr 1 Minute, 10 Sekunden

Ein Kommentar
von Frederick Mersi

So ganz schlau wird man nicht aus dem Ergebnis der Gemeinderatswahl. Sicher profitierte die Grüne Liste vom starken Ergebnis bei der Europawahl, sicher hatten die Freien Wähler nach dem Verlust von drei altgedienten Stadträten einen schweren Stand, und definitiv litt die SPD unter ihrem schlechten Abschneiden bundesweit - so weit die Binsenweisheiten.

"Wer viel macht, bekommt eben auch viele Stimmen" fällt ebenfalls in diese Kategorie der Ursachenforschung. Der Grünen Liste half sicher ihr Engagement mit unzähligen Veranstaltungen - bei einem Pensum, das Vertreter anderer Parteien kaum leisten können. Das Gleiche mag für die Liberalen Frauen gelten. Doch ist das der Beweis für die genannte These?

Das beste Gegenbeispiel ist die AfD: Sie hat sich in der Werbung um die Gunst der Wähler auf Aufkleber auf ihren Veranstaltungsplakaten beschränkt. Ihre Kandidaten in Schriesheim waren - mit einer Ausnahme bei einer Parteikundgebung im Zehntkeller - weder in Person, noch auf Plakaten sichtbar. Trotzdem reichte es am Ende mit einer weitgehend unbekannten Rumpfliste zum erhofften Ratssitz. Frei nach dem Motto: Antreten ist alles. Für Irmgard Mohr, die sich in verschiedenen Vereinen und als SPD-Stadträtin unzählige Stunden ehrenamtlich für die Stadt engagiert hat und künftig nicht mehr am Ratstisch sitzt, muss sich das wie blanker Hohn anfühlen.

Die AfD muss - genau wie die neu gegründete Bürgergemeinschaft - nun erst einmal den Beweis antreten, dass sie den Wählern etwas bieten kann. Von Einzelstadträten sind zwar keine Wunderdinge zu erwarten. Aber Wolfgang Renkenberger von der FDP hat zuletzt beim Grundsatzbeschluss zur Sanierung des Kurpfalz-Gymnasiums gezeigt, dass eine einzelne Stimme im großen Sitzungssaal einen großen Unterschied machen kann.

Insofern bleibt das Ergebnis in Schriesheim trotz grüner Welle, Volkspartei-Krise und Generationenwechseln paradox. Denn das Abschneiden von SPD und Freien Wählern zeigt: Wer viel macht, bekommt nicht automatisch viel zurück.