Hintergrund Neckargemünd Photovoltaik

18.06.2020 UPDATE: 18.06.2020 06:00 Uhr 1 Minute, 44 Sekunden

Eine Markise sorgte für Diskussionen

Die Gestaltungssatzung für die Altstadt sorgt immer wieder für Diskussionen. Höchst umstritten ist zum Beispiel das Verbot von Fotovoltaikanlagen aus optischen Gründen. Anlass für die jüngste Diskussion in der öffentlichen Sitzung des Bauausschusses war eine Markise. In der Pfluggasse hatte eine Wohnungseigentümerin wegen eines Mieterwechsels eine acht Jahre alte und verwitterte Markise entsorgt und dem Nachmieter gestattet, eine neue Markise anzubringen. Diese sei als "Wärme- und Blendschutz" an dem Balkon unverzichtbar, so die Begründung.

"Nach der Gestaltungssatzung dürfen sich Markisen nur über ein Fenster erstrecken", erklärte die städtische Fachbereichsleiterin Susanne Lutz. "Hier wäre aber eine Befreiung für zwei Fenster notwendig." Die vorherige Markise habe es aber schon vor dem Inkrafttreten der Altstadtsatzung gegeben. Jene war orangefarben, die neue sei dunkelgrau, damit sie sich besser in die Umgebung einfüge. "Der Balkon ist etwas zurückversetzt und verdeckt", so Lutz. "Angesichts der speziellen Situation könnten wir der Befreiung zustimmen."

Jens Hertel (SPD) meinte, dass es genau genommen nicht nur um zwei Fenster, sondern um ein Fenster und eine Tür gehe. "Sonst würde man ja nicht auf den Balkon kommen", gab er zu bedenken. "Das ist etwas anderes als eine Markise über zwei Fenster an einer Hausfront." Eine "Balkonummantelung" gelte es aber zu verhindern. Die neue Markise sei schöner als ihr Vorgänger. Petra Groesser (Grüne) meinte, dass es sich nicht nur um eine Markise handele. Diese lasse sich am Ende noch herunterziehen und verdecke dann den ganzen Balkon. "Es gibt dort noch drei weitere Balkone und Terrassen", meinte sie. "Eine Ausnahme wäre ein Präzendenzfall und würde weitere Markisen heraufbeschwören." Sie fragte, warum hier Ausnahmen möglich seien, nicht aber bei Photovoltaikanlagen.

Marco La Licata (Linke) fand, dass "nach dem ganzen Corona-Kram" über die Altstadtsatzung gesprochen werden müsse. "Diese beschäftigt uns so oft", meinte er. "Wir brauchen eine Diskussion darüber." Eine Satzung sei Recht und könne ausgelegt werden. "Eine Photovoltaikanlage ist aber laut Satzung explizit nicht erwünscht", betonte er. Bei der Markise sei dies anders, da sie das Erscheinungsbild der Altstadt nicht verändere. Die Satzung sei sehr kleingliedrig, meinte Felix Konrad (Grüne). Er regte ein Gremium an, das diese auslegt. "Wir machen als Räte Ausnahmen ja immer nach eigenem Empfinden", so Konrad. "Die Satzung ist unklar", fand sogar Giuseppe Fritsch (Freie Wähler). "Wir müssen ja alle Ritt nachbessern."

Manfred Rothe (Freie Wähler) brachte als Kompromiss eine zeitliche Befristung für die Markise ein, was Bürgermeister Volk gut fand: "Dann kann die bereits montierte Markise bleiben." Auf Intervention von Fritsch und La Licata einigte sich der Ausschuss bei zwei Enthaltungen und einer Gegenstimme darauf, dass die "bekannte Bauherrschaft", so Volk, einen "freundlichen Hinweis" erhält: Die Markise darf ausgefahren, aber nicht heruntergezogen werden.