Hintergrund I Stolpersteine Meckesheim

Bei der Verlegung der Stolpersteine in Meckesheim (siehe weitere Artikel) ging es um folgende Personen:

18.02.2018 UPDATE: 18.02.2018 06:00 Uhr 1 Minute, 36 Sekunden

In der Friedrichstraße 1 befand sich der Laden von Lina Stein. Foto: Siegbert Luksch

Lina Stein,

Mädchennamen Neuberger, wurde im Jahr 1876 in Meckesheim geboren. Gerne wäre sie Lehrerin geworden, doch das war damals für ein Mädchen aus dem Dorf nicht möglich. Sie besuchte die Handelsschule in Sinsheim. Mit 20 Jahren heiratete sie und bekam fünf Kinder, wovon eines früh starb. Nachdem sie im Jahr 1908 Witwe geworden war, übernahm sie den Kurzwarenladen in der Friedrichstraße 1. Ihr Geschäft war ein beliebter Treffpunkt für Frauen und Mädchen, berichten Zeitzeugen. In der NS-Zeit wurde der Laden erst überwacht, dann denunziert, boykottiert und letztlich geplündert. Die Familie lebte von den Almosen der Dorfbewohner. Am 22. Oktober 1940 wurde Lina Stein nach Gurs in die französischen Pyrenäen deportiert und im August 1942 in Auschwitz ermordet.

Der älteste Sohn von Lina Stein, Julius, hatte für Deutschland im Ersten Weltkrieg gekämpft. Später ging er bei einem jüdischen Kaufmann in die Lehre und betrieb dann in Stuttgart einen Lebensmittelladen. Mit seiner Deportation im Jahr 1942 in Richtung Lublin verliert sich seine Spur. Im Jahr 1945 wurde er für tot erklärt.

Über Tochter Alice ist bekannt, dass sie gerne und häufig musizierte und auch im evangelischen Kirchenchor mitgesungen hat. Auch sie wurde über das Lager Gurs nach Auschwitz gebracht, wo sie wie ihre Mutter ermordet wurde.

Der jüngste Sohn war geistig beeinträchtigt. Mit 27 Jahren wurde er in die Heil- und Pflegeanstalt in Wiesloch eingewiesen, wurde in der Folge zwangssterilisiert, war im harten Arbeitslager und wurde schließlich nach Lublin abgeschoben. Sein Todesdatum ist nicht bekannt.

Einzig Tochter Anna hat den Holocaust überlebt. Sie war ausgebildete Krankenschwester und überstand zusammen mit ihrer Tochter Margareta die Hölle von Theresienstadt. Beide wanderten im Jahr 1946 zu Verwandten nach Brasilien aus. Die heute 85-jährige Enkelin von Lina Stein nimmt in Rio de Janeiro gespannt teil an der Aufarbeitung des jüdischen Lebens in Meckesheim, berichtete Edith Wolber, die die Lebensgeschichten zusammengetragen hat.

Das Ehepaar Lina und Maier Kaufmann,

führte ab dem Jahr 1900 das "Gasthaus zur Krone" in der heutigen Professor-Kehrer-Straße. Sie, geboren im Jahr 1868, stammte aus der zweiten jüdischen Gastwirtschaft Meckesheims in der Friedrichstraße 30. Maier, ebenfalls im Jahr 1868 geboren, war von Beruf Metzger. Das Paar hatte vier Kinder und wohnte beim Schuster Maurer in der Leopoldstraße, nachdem sie ihr Geschäft aufgegeben hatte. Dort wurden sie am 22. Oktober 1940 abgeholt und im Jahr 1942 ermordet.

Ihre beiden Söhne waren bereits früh aus Deutschland ausgewandert: Max im Jahr 1898 nach New York, Arthur im Jahr 1902 nach Buenos Aires. Tochter Johanna und ihr Ehemann konnten noch 1940 nach New York emigrieren. Auch die jüngste Tochter Irma ging nach Nordamerika. (IAH)