Hintergrund - Ein höchst umstrittener Arzt

Über den SPK-Chef Wolfgang Huber - Nach seiner Haftentlassung "verschollen"

14.12.2021 UPDATE: 14.12.2021 20:01 Uhr 55 Sekunden

Ein höchst umstrittener Arzt

Als "eine Art Guru", "narzisstisch" und "größenwahnsinnig" beschreibt der heutige Medizinhistoriker Prof. Dr. Christian Pross den Kopf des Sozialistischen Patientenkollektivs (SPK): Wolfgang Huber. Er hielt seine Vorstellung von einer Revolutionierung der Psychiatrie für einzigartig und verwarf alle damaligen Reformansätze. Pross, damals selbst Student, lernte Huber kennen und war auch bei der Besetzung der Klinikverwaltung im Februar 1970 mit dabei.

1962 im Alter von 27 Jahren in Heidelberg promoviert, wurde Huber 1966 Arzt an der Psychiatrischen Poliklinik der Universität. "Huber hatte viel Einfühlungsvermögen und Charisma und damit die Fähigkeit, an den Kern der Probleme seiner Patienten vorzudringen", so Pross. Doch zugleich sei er eine "instabile Persönlichkeit" gewesen. "Er verweigerte sich den für damalige Verhältnisse ausgesprochen großzügigen und fortschrittlichen Angeboten der Klinik zur psychotherapeutischen Weiterbildung und nahm nicht mehr an Fall- und Teambesprechungen teil."

Unter Verletzung des Abstinenzgebots lud er ausgewählte Patienten zu philosophischen Gesprächskreisen in sein Privathaus ein und "beutete" laut Pross einige Patientinnen "sexuell aus". "Er zog die Patienten in seinen Arbeitskonflikt mit Prof. von Baeyer hinein und missbrauchte sie als Kampftruppe für seine absurden Vorstellungen von den psychisch Kranken als revolutionäres Subjekt." Huber und seine engsten Anhänger radikalisierten sich immer weiter, Kontakte zur RAF wurden geknüpft, ein gewaltsamer Umsturz geplant.

Wegen Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung, Sprengstoffherstellung und Urkundenfälschung wurden er und seine Frau Ursula im Dezember 1971 zu viereinhalb Jahren Freiheitsstrafe verurteilt. 1976 wurden sie aus der Haft entlassen, heute gilt er als "verschollen". rnz