Hintergrund Biber Götzingen

23.11.2020 UPDATE: 23.11.2020 06:00 Uhr 1 Minute, 46 Sekunden

> Wer haftet für die vom Biber verursachten Schäden? Wir haben beim Landratsamt nachgefragt und von Pressesprecher Jan Egenberger folgende Antwort erhalten:

> "Den Biberschaden an der Götzinger Mühle hat ein Biberberater des Landkreises begutachtet und war dabei auch beratend tätig, um den Biber aus seiner Lage zu befreien. Eine Entschädigung für den entstandenen Schaden ist nicht möglich (Begründung siehe unten). Die Biberberater können jedoch auch bezüglich der Absicherung von Gartenteichen beraten.

> Generell zum Thema Entschädigungen: In Baden-Württemberg gibt es für durch Biber verursachte Schäden keine staatlichen Entschädigungen. Grund dafür ist, dass der Staat prinzipiell nicht für Schäden, die durch wildlebende Tiere verursacht werden, haften kann (Jagdrechtliche Vorschriften können abweichen, sind aber nicht anwendbar, da der Biber nicht dem Jagdrecht unterliegt).

> Das Land kann wirtschaftende Menschen nicht gegen Risiken aus der freien Natur absichern. Analog müsste es sonst auch Entschädigung für Schäden geben, die durch Krähen, Kormorane, Mäuse etc. verursacht werden. Voraussetzung für den staatlichen Schadensausgleich wäre das Vorliegen eines Verschuldens oder die Schaffung einer Gefährdungslage. Beides ist im Fall des Bibervorkommens in Baden-Württemberg nicht gegeben. Der Biber ist nachweislich auf natürlichem Weg aus den Nachbarregionen Elsass (Frankreich), Thurgau (Schweiz) und Bayern nach Baden-Württemberg eingewandert. Deshalb beschränkt sich das Bibermanagement in Baden-Württemberg auf die zentralen Elemente Aufklärung und Beratung Betroffener sowie Durchführung von Präventionsmaßnahmen zur Vermeidung von Schäden. Beispielsweise können Schäden vermieden werden, indem gefährdete Bäume und Kulturen eingezäunt werden oder indem auf überschwemmungsgefährdeten Agrarflächen die Nutzungsintensität im Rahmen eines Förderprogramms verringert wird.

> Etwas anders sieht die Situation in Bayern aus: Dort wurden vor ca. 45 Jahren mit Genehmigung des Staatsministeriums Biber künstlich wieder angesiedelt. Der Freistaat Bayern hat deshalb zusätzlich zu den auch in Baden-Württemberg angewandten Präventionsmaßnahmen einen Entschädigungsfonds eingerichtet. Dabei handelt es sich jedoch formal um eine freiwillige Zahlung von Beihilfen an Betroffene, die land-, forst- oder fischereiwirtschaftlich tätig sind. Ein voller Ausgleich für entgangene Einnahmen wird dabei i. d. R. nicht erreicht. Privatpersonen erhalten auch dort keine Entschädigungen. Gerichtliche Klagen gegen dieses Vorgehen in Bayern waren bislang erfolglos. Dem Urteil nach gelte § Abs. 1 Satz 1 BNatSchG und der verfassungsrechtliche Grundsatz: Sofern keine unzumutbare Beeinträchtigung bestehe, haben Eigentümer Maßnahmen des Naturschutzes zu dulden bzw. entschädigungslos hinzunehmen."

> Vierter Biberberater im Kreis: Die Biberpopulation im Kreis wächst: Allein im Jahr 2020 ist ein Zuwachs um 12,5 Prozent auf aktuell rund 45 Reviere mit insgesamt 150 bis 200 Tieren zu verzeichnen. Deshalb sind die für den Naturschutz Verantwortlichen beim Landratsamt froh, dass mit Jörg Winkler aus Haßmersheim ein weiterer ehrenamtlicher Biberberater gewonnen werden konnte. Dieser unterstützt das bisher dreiköpfige Beraterteam im Kreis künftig im Neckarraum.