Hintergrund

10.02.2020 UPDATE: 10.02.2020 06:00 Uhr 46 Sekunden

Die Heilbronner "Waldheide"

Als an dem eiskalt-nebeligen Donnerstag, 11. Januar 1985, nach 14 Uhr, die Sirenen von Polizei- und Feuerwehr nicht mehr aufhörten und über dem Jägerhauswald eine Rauchwolke aufstieg, war schnell klar, dass auf der "Waldheide" im Osten der Stadt Heilbronn etwas passiert sein musste. Der gesamte Treibstoff der ersten Raketenstufe einer Atomrakete war blitzartig abgebrannt, laut Untersuchungsbericht "aufgrund eines bislang unbekannten physikalischen Phänomens". Die auch hochpolitische Dimension des Unglücks zeigte sich erst später.

In Heilbronn lebten damals in den "Wharton Barracks" und der Herbert-Hoover-Siedlung rund 4000 Amerikaner. Bis zu diesem Tag war die Bevölkerung bewusst in Unkenntnis gelassen worden, was sich auf dem seit 1951 von der US-Army genutzten und strengstens bewachten, ca. 50 Hektar großen "Fort Redleg" befand. Aufgrund des Nato-Doppelbeschlusses von 1984 wurden hier Raketen des Typs "Pershing II" samt Atomsprengköpfen stationiert.

Nach Abzug der US-Army wurde das Gelände, schon früher als Exerzierplatz genutzt, renaturiert, es ist wieder eine echte Waldheide, auf der bis heute auch Schafe weiden. Das einzige noch verbliebene Gebäude aus der Army-Zeit nutzt eine Schäferei als Stall. Um dessen Erhalt als letztem authentischer Zeuge der Zeit des Unglücks gab es 2019 eine Kontroverse im Gemeinderat. Eine Sanierung war der Mehrheit zu teuer, ein neues Gedenkkonzept aber sollte es geben.