Eppelheim

Ganz Eppelheim stimmt über Einkaufszentrum ab (Update)

Beim umstrittenen Neubau des Marktes könnte es eine Wende geben. Die Stadt prüft nun die rechtlichen Möglichkeiten.

05.04.2021 UPDATE: 27.04.2021 20:00 Uhr 4 Minuten, 26 Sekunden

Von Thomas Seiler

Eppelheim. Die wahlberechtigten Eppelheimer werden am Tag der Bundestagswahl am 26. September auch die Gelegenheit zu einem Bürgerentscheid haben. Das beschloss der Gemeinderat am Montagabend mehrheitlich. Dabei geht es um die Frage, ob die Bürgerschaft die "Aufstellung eines Bebauungsplanes zur Errichtung eines Einkaufszentrums im landwirtschaftlich genutzten Gewann Lochäcker im Eppelheimer Süden" wünscht. Zuvor, wohl am 14. September, soll es eine öffentliche Informationsveranstaltung zu diesem Thema geben.

Warum es zum zweiten Eppelheimer Bürgerentscheid nach 2016 kommt, – damals ging es um den zweigleisigen Ausbau der Straßenbahnbrücke nach Heidelberg – schilderte Bürgermeisterin Patricia Rebmann. Sie erwähnte die gemeinderätliche Patt-Situation und damit die Ablehnung einer Aufstellung eines Bebauungsplanes "Sondergebiet Gewann Lochäcker" in der Märzsitzung. Einige Tage später folgten die Anträge von SPD, CDU/FDP und Eppelheimer Liste (EL), nun per Ratsbeschluss einen Bürgerentscheid herbeizuführen.

"Wir benötigen zur Durchführung einer solchen Entscheidung mindestens 16 von 23 Ratsstimmen", blickte sie hier eindringlich auf die Grünen. Diese hatten im März zusammen mit der EL – auch zur Enttäuschung des Investors Real Estate Schwetzingen und von Edeka Südwest – ihr Veto gegen die Bebauungsplanaufstellung eingelegt.

Bekanntlich sollte sich 800 Meter weiter südlich vom jetzigen Edeka-Markt in einem Einkaufszentrum in unmittelbarer Nachbarschaft zu Patrick-Henry-Village (PHV) ein solcher Markt ansiedeln. Der bestehende Markt in der Rudolf-Wild-Straße würde dadurch abgelöst. Die Ablehnung gegen die Aufstellung eines Bebauungsplans resultierte daraus, dass Grüne und EL auf eine eine breit angelegte Bürgerbeteiligung pochten.

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Renate Schmitt (SPD) untermauerte erneut, dass man mit einem Aufstellungsbeschluss die Bürger mit ins Boot genommen hätte. "Jetzt haben wir eine kostenintensive Bürgerbeteiligung und eine Bürgerbefragung hoch zwei", meinte sie. Für sie gehe es nach wie vor um eine "attraktive und schnell erreichbare Einkaufsmöglichkeit für die Bevölkerung im Süden der Stadt". Ähnlich argumentierte Trudbert Orth (CDU/FDP). Zusätzlich führte er ins Feld, dass die "Gasversorgung Süddeutschland" mit einer Planungsvariante das betreffende Areal als Leitungstrasse ansieht. Deshalb gehe es "bei unseren Entscheidungen immer auch darum, etwas weiter zu denken, als sofort alles zu verhindern und zu verbieten".

Für Bernd Binsch (EL) standen dagegen demokratische Grundsätze im Vordergrund. Er zeigte sich sicher, "dass eine deutliche Mehrheit der Bürger unsere Sichtweise nach sofortiger Beteiligung teilt und sich gegen eine Aufstellung eines Bebauungsplans ausspricht".

Deshalb hielt Marc Böhmann (Grüne) die "sogenannte Informationsveranstaltung der Stadtverwaltung" im März vor jener besagten Gemeinderatssitzung für "eine reine Werbeshow für dieses geplante Einkaufszentrum". Der Stadtrat der Grünen zerpflückte zum wiederholten Male die Argumente der Befürworter und prangerte die Unausgewogenheit des gesamten Prozesses an, die mit zur Ablehnung führte. Die Zustimmung zum Bürgerentscheid machte er dann einerseits von der Umformulierung des von der Verwaltung vorgegebenen Begriffs "Supermarkt" in "Einkaufszentrum" abhängig, andererseits auch von der Durchführung einer öffentlichen Veranstaltung vor dem Bürgerentscheid – und das abhängig von den Gegebenheiten der Corona-Krise.

Die Neuformulierung war danach schnell vom Tisch, die Forderung nach einer öffentlichen Zusammenkunft weniger. Doch Böhmann ließ sich durch nichts beirren, auch nicht von Volker Wiegands (CDU) Einwurf, jede Fraktion könnte doch selbst ein Treffen durchführen – oder von dem Hinweis der Bürgermeisterin, dass ja keine weiteren Fakten hinzukommen würden.

Update: Dienstag, 27. April 2021, 20.15 Uhr


Kommt es beim Edeka-Neubau zu einem Bürgerentscheid?

Eppelheim/Heidelberg. Im Streit um den Neubau eines Edeka-Marktes im Süden von Eppelheim an der Grenze zu Heidelberg ist das letzte Wort womöglich noch nicht gesprochen. Eine Patt-Situation im Gemeinderat hatte bekanntlich einen Aufstellungsbeschluss für den Bebauungsplan "Sondergebiet Gewann Lochäcker" verhindert, mit dem in direkter Nachbarschaft zum Heidelberger Stadtteil Patrick-Henry-Village ein neuer Edeka-Markt ermöglicht werden sollte. Nun führt möglicherweise ein Bürgerentscheid aber in eine ganz andere Richtung. Damit könnte es doch noch zu einem Ausweg für Edeka Südwest kommen, dort eine neue Bleibe in einer solchen Gewerbeimmobilie zu erhalten.

Den zehn Stimmen inklusive des positiven Votums der Bürgermeisterin Patricia Rebmann waren im Gemeinderat genau zehn Stimmen der Grünen und der Eppelheimer Liste gegenüber gestanden. Mit Horst Fießer, Martina Rubik-Kreutzfeldt und Linus Wiegand durften gleich drei Christdemokraten aus Befangenheitsgründen nicht mit abstimmen. Das Patt führte dazu, dass der Investor "Immo Real Estate Schwetzingen" auf dem mehr als 15.000 Quadratmeter großen Acker keine mehrgeschossige Einzelhandelsimmobilie bauen dürfte.

Doch bereits kurz nach der Sitzung hätten mehrere Personen bei ihr angefragt, ob es noch weitere rechtliche Möglichkeiten gebe, erklärt Bürgermeisterin Rebmann gegenüber der RNZ. Fast gleichzeitig dazu trudelten von drei der vier Fraktionen – CDU/FDP, SPD und Eppelheimer Liste – Anträge auf einen Bürgerentscheid im Rathaus ein. "Die Gemeindeordnung regelt, dass der Gemeinderat mit einer Mehrheit von zwei Dritteln aller Mitglieder eine Angelegenheit der Gemeinde der Entscheidung der Bevölkerung unterstellen kann", so Rebmann. Das bedeutet, dass der Gemeinderat damit 16 Ja-Stimmen bräuchte, um einen Bürgerentscheid zu veranlassen.

Dass das Prozedere bis zu einem Bürgerentscheid sehr knifflig werden kann, wollte die Rathauschefin nicht verhehlen. Deshalb prüfe die Verwaltung peinlich genau die weitere Vorgehensweise, was allerdings nach Rebmann "einige Zeit in Anspruch nehmen" werde. Wichtig ist für sie dabei die Frage, ob ein solcher Entscheid, der ein Quorum von mindestens 20 Prozent aller Wahlberechtigten benötigt, überhaupt diesen gekippten Aufstellungsbeschluss aufheben könne.

Als sinnvolle Variante betrachtete sie die Gründung einer Interessengemeinschaft oder einer Initiative als Motor für den Bürgerentscheid, dem ein Bürgerbegehren vorangestellt werden könnte. Sie habe daher insgeheim – aber dennoch vergebens – bei der Gemeinderatssitzung gehofft, dass die Stellungnahme der Eppelheimer Liste in einen Antrag hätte münden können. Diese hatte einen Bürgerentscheid zur Bundestagswahl im September vorgeschlagen.

Bernd Binsch (Eppelheimer Liste) untermauerte gegenüber der RNZ die Haltung seiner Fraktion. "Leider sind die anderen Fraktionen dann nicht mehr auf unseren Vorschlag eingegangen", meinte er. Deshalb stellte man genauso wie die CDU/FDP und SPD den Antrag auf den Bürgerentscheid. Jener könne jetzt entweder direkt – falls möglich – vom Gemeinderat beschlossen oder durch eine Unterschriftensammlung für ein Bürgerbegehren herbeigeführt werden. Im Vorfeld eines umzusetzenden Bürgerentscheids wünschte sich Binsch "neutrale und ausgewogene Informationsveranstaltungen, in der alle Meinungen zum umstrittenen Thema Gehör finden".

Ähnlich sieht es Christa Balling-Gündling (Grüne). Sie teilt für ihre Fraktion mit, dass man "von Anfang an eine breite und ausgewogene Bürgerbeteiligung auch bei diesem Thema" eingefordert habe – und zwar "vor einer Entscheidung im Gemeinderat". Die vor der Sitzung von der Stadt durchgeführte Online-Veranstaltung hielt sie für "eine reine Werbeshow". Dass von den Befürwortern des Projektes behauptet wurde, der Aufstellungsbeschluss diene nur dazu, zu prüfen, ob das Projekt sinnvoll und durchführbar sei, hielt Balling-Gündling für "Augenwischerei". Hinzu geselle sich überhaupt keine seriöse Prüfung möglicher Alternativen am bisherigen Edeka-Standort. Deshalb gebe es aus ihrer Sicht auch keine Alternativlosigkeit.

Grundsätzlich spreche nichts gegen einen Bürgerentscheid, meinte Christa Balling-Gündling zu den Anträgen der anderen Fraktionen. Denn damit bestehe aus ihrer Sicht die große Chance, "dass sich jeder differenziert über das Projekt informieren kann". Sie zeigte sich zuversichtlich, dass "unsere Argumente die Mehrheit der Bürger überzeugen".

Update: Montag, 5. April 2021