"Ich tue das, was ich für richtig halte"
Wiesloch. (rö) Ruhestand bleibt ein Fremdwort für Gert Weisskirchen (Foto: Pfeifer): "Ich könnte es nicht, unabhängig davon, dass ich es nicht will", sagt er auf die Frage, wann er es geruhsamer angehen will. Und: "Man kann auch etwas für die Gesellschaft tun, die einem so viel gegeben hat." Heute darf der in Baiertal lebende ehemalige SPD-Bundestagsabgeordnete (1976-2009) den 75. Geburtstag feiern.
Weisskirchen, in Heidelberg geboren und in den ersten sechs Lebensjahren in Neckargemünd aufgewachsen, ehe es ihn mit seinen Eltern über Köln und Paderborn nach Wiesloch verschlug, war vor seiner Zeit als Abgeordneter Realschullehrer in Eppingen, wissenschaftlicher Assistent an der PH Heidelberg und Professor für Sozialpädagogik an der Fachhochschule Wiesbaden, später Honorarprofessor für angewandte Kulturwissenschaften an der Fachhochschule Potsdam. Er lehrt nach wie vor: so von 2010 bis 2015 an der Willy Brandt School of Public Policy der Universität Erfurt und von 2016 bis 2018 am Institute of Cultural Diplomacy in Berlin; gerade wurde er zu einer Diskussionsrunde am Warschauer Institut für europäische Demokratie über den Rechtsruck in Europa eingeladen, auch bei einer Sommer-Universität im ungarischen Köszeg wird er drei Tage als Referent zu Gast sein.
In der SPD ist Gert Weisskirchen seit 1966 aktiv, war unter anderem Landesvorsitzender der Jusos, Vorsitzender des SPD-Kreisverbands Rhein-Neckar, Mitglied des Landesvorstands und des Vorstands der Bundestagsfraktion, deren außenpolitischer Sprecher er zehn Jahre lang gewesen ist. Er war Mitglied der Parlamentarischen Versammlung der OSZE und darin Vorsitzender des Ausschusses für Menschenrechte und Vizepräsident, vom Vorsitzenden der Staaten in der OSZE wurde er zu seinem persönlichen Beauftragten im Kampf gegen Antisemitismus berufen.
Für sein Engagement um ein neues Europa wurde er vielfach ausgezeichnet: so mit dem Kommandeurskreuz des Ordens für Verdienste um Litauen, dem Paul Ehrlich-Gunther K. Schwerin-Preis für Menschenrechte der Anti Defamation League, der Solidarnosc-Sondermedaille, vom Staat Israel für seinen Kampf gegen Antisemitismus oder mit dem tschechischen Staatspreis Gratias agit.
Heute tut Weisskirchen "mit großer Freude das, was ich für kulturpolitisch richtig halte": Er schreibt Artikel (zum Beispiel für ein in einem amerikanischen Verlag erscheinendes Buch über die Beziehungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Russischen Föderation), ist Vorsitzender der Europa Union Rhein-Neckar und engagiert sich im Kulturforum Südliche Bergstraße. Mit 75 kandidiert er erstmals für den Gemeinderat ("ich bin gebeten worden und habe Ja gesagt"), dessen Mitglied seine 2015 verstorbene Frau Renate fast 25 Jahre lang gewesen ist. Vor allem ihre "Unerschrockenheit" habe er immer bewundert, sagt der Jubilar.
Zur Feier seines Geburtstags lädt Gert Weisskirchen morgen, Freitag, ab 18 Uhr in den Wieslocher Gerbersruhpark ein. Für Musik sorgt "Cool Breeze".