Revierförster Gunter Glasbrenner erläutert Regierungspräsidentin Sylvia Felder, SPD-Fraktionsvorsitzender Andrea Schröder-Ritzrau und Bürgermeisterin Christiane Staab, wie sich die Kermesbeere im Walldorfer Wald ausbreiten kann. Foto: Helmut Pfeifer
Von Timo Teufert
Walldorf. Wie steht es um den Walldorfer Wald? Diese Frage erörterten Revierförster Gunter Glasbrenner und Waldpädagogin Sabrina Ehnert gestern bei einem Besuch von Regierungspräsidentin Sylvia Felder in der Astorstadt. Nachdem sich Felder im Rathaus ins Goldene Buch eingetragen hatte, ging es ins Waldklassenzimmer "Waldlupe". Dort informierte Glasbrenner über die aktuellen Herausforderungen in den Wäldern.
Zu kämpfen haben die Bäume vor allem mit der seit einigen Jahren vorherrschenden Trockenheit, sie schwächt die Bäume. "Die Pfahlwurzel der Kiefer etwa kommt nicht mehr an das Grundwasser heran. Wir haben hier zudem einen Sandboden, der wenig Nährstoffe bietet und nicht fähig ist, dass Niederschlagswasser im Boden zu halten", sagt Glasbrenner. Durchschnittlich rechne man in der Region mit 450 bis 600 Millimeter Niederschlag pro Jahr, 2019 seien es aber nur 420 Millimeter gewesen. Auch Schmarotzer wie Misteln schädigen die Pflanzen: "Die Bäume pumpen das wenige Wasser nach oben und dort zweigen die Schmarotzer es ab", erklärt der Revierförster. Schädlinge im Boden machen den Bäumen überdies zu schaffen: "Maikäfer fressen die Wurzeln und durch die Erwärmung hat sich deren Entwicklung um ein Jahr beschleunigt." Die geschwächten Kiefern sind zudem anfällig für den hochgradig ansteckenden Kieferntriebpilz, berichtet Glasbrenner.
Sylvia Felder zu Besuch in Walldorf - Die FotogalerieDurch das Absterben der Bäume lichtet sich der Wald und Neophyten – so werden nicht heimische Pflanzen genannt – breiten sich aus. Dazu zählen die spätblühende Traubenkirsche und die Kermesbeere. "Dadurch verwildert der Bestand, die Pflanzen machen alles zu und ein Wald kann nicht mehr wachsen", so Glasbrenner. Besonders heimtückisch ist dabei die Kermesbeere, die giftig ist und andere Arten am Keimen hindert: "Eine Pflanze hat eine enorme Reproduktionskraft: Pro Spross kann eine Pflanze über 40 Blütenstände ausbilden. Pro Blütenstand können über 100 Blüten vorkommen und jede bestäubte Blüte bringt bis zu zehn Samen pro Frucht hervor", so Glasbrenner. Bei 17 Sprossen kann eine Kermesbeere 680.000 Samen ausbilden, rechnete der Revierförster vor. Diese können bis zu 25 Jahre im Boden liegen, bis sie Licht bekommen und keimen.
Glasbrenner und Ehnert zeigten Felder aber auch das Waldklassenzimmer. "Ich bin großer Waldfan", sagte Sylvia Felder im Waldklassenzimmer. Von daher habe ihr die Stadt Walldorf mit diesem Programmpunkt eine große Freude gemacht. Was im Wald geleistet werde, sei beeindruckend, sagte Felder, die selbst im Naturschutz aktiv ist. Das Auftreten der Kermesbeere war für die Gernsbacherin etwas Neues. Die Pflanze hat sich noch nicht überall in Baden-Württemberg so stark ausgebreitet wie in der Rhein-Neckar-Region.
Das Waldklassenzimmer sei ein wahnsinnig großes Geschenk: "Denn man kann die Natur nur dann schützen, wenn man sie kennt und wenn man sie lieben gelernt hat", so Felder. Deshalb sei es wichtig, dass Kinder dort vor Ort den Wald fühlen und erleben könnten. "Direkt im Wald ist das ein großer Schatz", so die Regierungspräsidentin.
Das Thema Wald und Waldschutz ist auch für Bürgermeisterin Christiane Staab ein großes Thema: "Wir müssen uns als Stadt so aufstellen, dass auch nachfolgende Generationen hier gut leben können." Dazu gehöre auch die Bildung und vor allem im Waldklassenzimmer könnten Kinder die Umwelt direkt erleben.