Ungewohnt frei ist nun der Blick auf die Eremitage Waghäusel: Die zwei über 50 Meter hohen Silos, die noch an die Ära der örtlichen Zuckerproduktion erinnerten, sind endgültig Geschichte. Nach einem spektakulären Abriss im Oktober wurden nun die restlichen Betonbrocken abtransportiert. Foto: Of
Von Hans-Joachim Of
Waghäusel. Dort, wo bis vor Kurzem noch zwei über 50 Meter hohe Silos von der einstigen Zuckerära zeugten, sieht man heute nur noch ein großes Stück Brachland. Die restlichen Betonbrocken der Silos wurden nach dem spektakulären Abriss im Oktober von der beauftragten Firma abtransportiert. Insgesamt 1,2 Millionen kostete die Aktion. Von der Bundesstraße B 36 aus hat man jetzt fast freien Blick auf die Eremitage Waghäusel.
Alle Zeitgenossen, denen die beiden grauen Landmarken schon immer ein Dorn im Auge waren, können aufatmen. Die anderen, die sich lange Zeit über eine alternative Nutzung der Silos Gedanken machten, haben sich mit der Situation arrangiert. Die jahrelangen Diskussionen in der Großen Kreisstadt Waghäusel sind Geschichte. Neben der Eremitage und der Musikschule Waghäusel-Hambrücken erinnert nur noch ein ehemaliges großes graues Lager, in dem heute die ZG Raiffeisen Getreide einbringt, an die Ära der örtlichen Zuckerproduktion. Wegen der ungewöhnlichen Form des langen Gebäudes, in dem früher Zucker-Pellets lagerten, wurde es von den dort tätigen Mitarbeitern einst "Sarghalle" genannt. Zahlreiche Menschen aus der ganzen Region begleiteten als "Zaungäste" im Vorjahr die wochenlang andauernden Abrissarbeiten, hielten sie im Bild fest und fragten sich, was wohl in Zukunft mit dem als "Gewerbegebiet 5" ausgewiesenen Gelände passiert. Waghäusels Oberbürgermeister Walter Heiler erklärte auf RNZ-Anfrage, dass dieses Gelände, das bekanntlich auch an die Wallfahrtskirche Waghäusel angrenzt, immer noch als Gewerbegebiet deklariert sei.
Die „Sarghalle“, wie sie einst wegen ihrer ungewöhnlichen Form genannt wurde, erinnert noch an die örtliche Zuckerproduktion. Heute bringt dort die ZG Raiffeisen Getreide ein. Foto: Of"Der Gemeinderat wird demnächst bei einer Sitzung darüber beraten, ob das Areal einer anderen Nutzung zugeführt werden kann", so der Bürgermeister. Während das frühere Jagd- und Lustschloss Eremitage im Laufe der vergangenen Jahre aufwendig renoviert wurde und heute unter anderem ein Museum beherbergt, geht der Aus- und Umbau der Kavaliershäuser zügig voran. Ein Gebäude wird seit 2008 von den "Astronomiefreunden Waghäusel" genutzt, die im Oktober 2019 auf dem Gelände auch eine Sternwarte bauten.
Im sogenannten Küchenbau veranstaltet Kurator Rolf Heinzmann von der Weinstein Galerie immer wieder interessante Kunstausstellungen: Zuletzt wurden Karikaturen von Thomas Nast, dem großen Pfälzer in Amerika, ausgestellt. Im Fremdenbau, der Teil des Humorparks ist, soll künftig ein "Struwwelpeter-Museum" mit zahlreichen Cartoons und Exponaten entstehen und Besucherinnen und Besucher aus ganz Deutschland anlocken. Das insgesamt 13 Hektar große Gelände war bereits vor über 20 Jahren für einen städtebaulichen Ideenwettbewerb mit der Frage "Wie kann das Gebiet neu bebaut und gestaltet werden" ausgeschrieben. Einige Vorschläge waren eingegangen, doch realisiert wurde lediglich der Silo-Abriss. Auch derzeit sind erneut Ideen gefragt, zumal der gesamte Komplex verkehrsgünstig an der Schnittstelle zwischen der Technologieregion Karlsruhe, der Pfalz und der Metropolregion Rhein-Neckar-liegt.