Der Hort der „Kleinen Strolche“ an der Parkringschule in Rot betreut Schulkinder ab sechs Jahren in drei Gruppen bis zu zehn Stunden am Tag. Nun wechselt der ehemalige Verein sein Rechtskleid und wird zur gGmbH, die Angebote bleiben aber erhalten. Foto: Hecker
Von Sophia Stoye
St. Leon-Rot. Fast hätten sie ihren Verein auflösen müssen, nun ist ihr Kinderbetreuungsangebot in St. Leon-Rot wieder gesichert: Ende des letzten Monats, rückwirkend zum ersten Januar dieses Jahres, wandelten sich "Die kleinen Strolche" vom Verein in eine gemeinnützige Gesellschaft mit beschränkter Haftung (gGmbH) um.
Angefangen hat alles 1995, damals noch in der Friedensstraße in Rot, als "Die kleinen Strolche" betreute Spielgruppen für Kinder zwischen zwei und drei Jahren anboten. "Am Anfang betreuten immer eine Mutter und eine Erzieherin die Kinder, mit der Zeit gab es dann ausschließlich feste Erzieherinnen, aber auch nur auf 450-Euro-Basis", blickt Sabine Billlmaier zurück. Gemeinsam mit Petra Pott ist sie seit 2010 Geschäftsführerin und viele Jahre gleichzeitig im Vorstand des Vereins gewesen. Außerdem war bis dahin noch die gesamte Verwaltung in den Händen von Ehrenamtlichen. Noch im gleichen Jahr wurde bereits die erste Krippe in St. Leon eröffnet, erst drei Jahre später kam der allgemeine Rechtsanspruch für Krippenplätze.
Die beiden Geschäftsführerinnen Sabine Billmaier und Petra Pott (Bild links, v. l.) leiten schon seit 2010 den ehemaligen Verein „Die kleinen Strolche“ und waren viele Jahre auch Vorstand des Vereins. Fotos: Hecker/privatInzwischen heißt der ehemalige Verein "Strolche Rhein-Neckar gGmbH" und betreibt zehn Gruppen mit bis zu 145 Kindern und im Durchschnitt 50 steuerpflichtigen Beschäftigungsverhältnissen sowie einigen Ausbildungsplätzen. Es gibt aber nicht mehr nur betreute Spielgruppen: Eltern können nun auch zwischen Krippen- und Hortgruppen wählen. Damit ist der ehemalige Verein von einem mittelständischem Unternehmen – angesichts der großen Zahl an Mitarbeitern und der Höhe der erwirtschafteten Umsätze – kaum mehr zu unterscheiden. Außerdem hat es laut den Geschäftsführerinnen einige weitere Gründe gegeben.
So habe beispielsweise der Vorstand des Vereins bisher persönlich und unbeschränkt gehaftet, in einem Ausmaß, das die tragbare Dimension weit übersteige. Zudem erklärte sich niemand dazu bereit, die Vorstandschaft und die damit verbundene Verantwortung über mehrere Jahre hinweg zu übernehmen – und ohne Vorstand hätte sich der Verein auflösen müssen. Somit herrschte auch keine Beständigkeit an der Vereinsspitze, da diese jährlich gewählt wurde – auch wenn sich oft Vorstände zur Wiederwahl stellten.
Außerdem erfordert die Vorstandsarbeit laut Pott und Billmaier ein hohes Maß an betriebswirtschaftlichen, arbeits- und sozialrechtlichen Kenntnissen, die nur durch eine kontinuierliche Beschäftigung mit diesen Themen erfolgreich geleistet werden können. Es sei eine starke zeitliche Belastung des ehrenamtlichen Vorstandes gewesen, da zum einen weitreichende Aufgaben nicht an die Geschäftsführer delegiert werden können und zum anderen, weil alle Vorstandsmitglieder gleichzeitig Mitarbeiter des Vereins waren. Somit durften sie während ihrer Arbeitszeit nicht für Sitzungen, die Vorstands-Aufgaben betreffen, freigestellt werden, erläutert Sabine Billmaier.
Neben Krippenplätzen und betreuten Spielgruppen für Kleinkinder bieten die „Strolche Rhein-Neckar“ auch Hortgruppen in den St. Leon-Roter Räumen (Bild rechts) an . Fotos: Hecker/privatHinzu kommt, dass die Vereinsregistergerichte zunehmend die Auffassung vertreten, dass Vereine, die sich überwiegend wirtschaftlich betätigen, mit einem eingetragenen Verein (e.V.) die falsche Rechtsform gewählt haben. Ausnahmen sind hierbei allerdings sehr kleine Einrichtungen mit geringen wirtschaftlichen Tätigkeiten. Eine solche Änderung der Rechtsform kann mit einem Formwechsel erfolgen. Dies erlaubt nämlich dem ehemaligen Verein, lediglich sein Rechtskleid zu wechseln. Das bedeutet, dass alle rechtlichen Beziehungen, die vor dem Formwechsel begründet wurden, vollständig erhalten bleiben. Damit gehen auch geschlossene Verträge, wie beispielsweise die mit den Mitarbeitern, automatisch auf die neue Rechtsform über. Auch das Vermögen des Vereins bleibt bei einem Formwechsel unberührt.
Neben klaren Führungs- und Verwaltungsstrukturen, einer besseren Wahrnehmung durch Geschäftspartner, einer Haftungsbeschränkung auf 25.000 Euro und die Erhaltung der Gemeinnützigkeit, hat dieser "Rechtskleid-Wechsel" für den Verein an sich, aber auch für alle Eltern und Mitarbeiter Vorteile. Denn nicht nur die Betreuungs-, Arbeits- und sonstige Verträge bleiben dann gültig: Auch der Vereinsmitgliedbetrag entfällt und die gGmbH darf Spenden annehmen sowie Spendenquittungen ausfüllen.
"So eine Umwandlung ist allerdings nicht für jeden Verein sinnvoll, das ist wichtig zu wissen", betont Billmaier und führt aus: "Ein Formwechsel ist nur dann für Vereine sinnvoll, wenn sie sich in einem erheblichen Maße finanziell betätigen, um eine Pflicht zu erfüllen, die ansonsten zum Beispiel eine öffentliche Stelle ausführen müsste. Ein Kegelverein oder ein Gesangverein müssen nicht zwangsweise weitergeführt werden, sie können sich auch auflösen. Ein Verein, der Bedarfsplätze für die Gemeinde anbietet und damit den Rechtsanspruch erfüllt, sollte sich nicht auflösen." Gerade deswegen sind die Geschäftsführerinnen sehr froh darüber, die Buchhaltung für die nun zwingend vorgeschriebene jährliche Bilanz in den fachlichen Händen von Sabrina Münch zu wissen, damit nichts schief geht.
Derzeit stellt allerdings – wie für viele andere Einrichtungen auch – die Coronakrise die "Strolche Rhein-Neckar" vor große Herausforderungen. "Es ist eine schwierige Zeit, wir hatten Notgruppen, die Beiträge sind weggefallen und jetzt ist die Nachfrage weggebrochen", bedauert Pott. Kollegin Billmaier ergänzt: "Das ist in allen Gemeinden so. Die Leute achten jetzt mehr auf ihr Geld und für viele ist das einfach zu teuer." Zwar ersetzte die Gemeinde die ausgefallenen Beträge für die Monate April bis Juni, seit Juli läuft aber alles wie gehabt. Für die "Strolche Rhein-Neckar" war das eine komplett neue Situation. "Wir haben es noch nie gehabt, dass unsere Plätze nicht randvoll sind und wir keine Warteliste haben", so Billmaier.
Info: Für das kommende Jahr 2020/21 sind bei den "Strolchen" noch genug Krippen-, Hort- und Spielgruppenplätze frei. Anmeldung und weitere Informationen im Internet unter www.traegerev.de/anmeldung .