Im ehemaligen St. Leoner Pfarrgarten, den die Kirche an die Gemeinde verkauft hatte, soll ein Wohnheim für Kinder und Jugendliche mit Behinderung entstehen. Die Johannes-Diakonie Mosbach rechnet mit einer Fertigstellung Ende 2022. Grafik: Meurer Architektur
Von Sebastian Lerche
St. Leon-Rot. Die Coronakrise hat das Projekt praktisch nicht verzögert: Das Wohnheim für Kinder und Jugendliche mit Behinderung, das die Johannes-Diakonie Mosbach in St. Leon-Rot plant, ist auf einem guten Weg. Im November soll der Bauantrag gestellt werden, mit dem Spatenstich rechnet man im Frühjahr 2021 und Ende 2022 könnte es bereits bezugsreif sein. Darüber informierte Yvonne Jelinek, regionale Geschäftsführung der Johannes-Diakonie, im Gespräch mit der RNZ.
Das Wohnheim entsteht im ehemaligen Pfarrgarten in St. Leon, den die Kirche mitsamt dem Pfarrhaus an die Gemeinde verkauft hat mit der Auflage, dort ein soziales Projekt zu verwirklichen. Pfarrhaus und Grundstücksmauer bilden ein denkmalgeschütztes Ensemble und müssen erhalten werden.
Der ehemalige St. Leoner Pfarrgarten. Foto: LercheNach einem intensiven Entscheidungsprozess, bei dem auch ein anderes Vorhaben erwogen worden war, fand man mit dem Wohnheim der Diakonie die beste Lösung, wie es vonseiten der Verwaltung und des Gemeinderats ebenso wie der Bürgerschaft hieß, als die künftige Nutzung von Pfarrgarten und -haus Anfang des Jahres näher vorgestellt wurde.
Vier Millionen Euro investiert die Diakonie nach ersten Schätzungen in dieses Projekt, wobei die genauen Berechnungen laut Yvonne Jelinek noch ausstehen und das Vorhaben dann mit dem Rhein-Neckar-Kreis noch genau abgestimmt werden muss.
Ein dreiteiliges Gebäude soll entstehen, dessen Architektur sich in die gewachsenen Strukturen im St. Leoner Ortskern einfügt: drei Giebeldächer, zweistöckig mit ausgebauten Dachgeschossen, barrierefrei, mit Platz für 24 Jugendliche mit Behinderung, die ihr eigenes 15-Quadratmeter-Zimmer erhalten. Ein Apartment für weitere vier junge Erwachsene ist inzwischen dazugekommen.
Weiterhin gibt es in Erd- und Obergeschoss großzügige Wohn- und Aufenthaltsbereiche. Im Dachgeschoss sind Verwaltungs- und Personalräume geplant für das Team aus Pflegern, Therapeuten und pädagogischen Kräften. Überdies wird oben eine Spiel- und Bewegungsfläche mit 62 Quadratmetern angelegt.
Diese ausgedehnte Fläche soll nicht nur den Bewohnern zur Verfügung stehen, sondern auch örtlichen Vereinen und Gruppen angeboten werden, so Jelinek. "Wir hoffen auf gute Begegnungen": Die Diakonie lege Wert auf die Nähe und Zusammenarbeit mit der Nachbarschaft. Nicht zuletzt hoffe man auf Synergien mit der Kinderbetreuung, die die Gemeinde im Pfarrhaus nebenan plant, will das Außengelände im Pfarrgarten gemeinsam nutzen. "Diese Öffnung nach außen und die Vernetzung gehören fest zu unserem Konzept."
Yvonne Jelinek von der Johannes-Diakonie Mosbach. Foto: LercheDie künftigen Bewohner sind voraussichtlich zwischen sechs und 21 Jahre alt, leichte geistige oder körperliche Einschränkungen sind ebenso zu erwarten wie Schwerstmehrfachbehinderungen. Für junge Erwachsenen ab 18 Jahren ist die Wohngemeinschaft (WG) im Apartment gedacht, hierfür wurde die Planung des Innenbereichs zwischenzeitlich angepasst. In Stein gemeißelt ist die ohnehin noch nicht, viele Details müssen dann angepasst werden, wenn man klarer sieht, wer hier einziehen wird und mit welchen Graden an körperlicher oder geistiger Behinderung man zu tun hat.
Neben Schulbesuch, Kontakten zu Nachbarschaft oder Vereinen, Freizeitgestaltung, Einkauf und anderen tagtäglichen Aktivitäten bildet die WG eine gute Möglichkeit, Selbstbewusstsein und Eigenständigkeit der jungen Leute zu fördern, wie Yvonne Jelinek betont. Schließlich ist ein Leben der Klienten mit möglichst wenig Unterstützung das vordringliche Ziel der Betreuung und Begleitung durch die Diakonie.
Interesse gebe es schon, erzählt Jelinek, sie habe schon Kontakt gehabt, doch erst ungefähr ab dem Spatenstich starte man ernsthafte Gespräche mit Bewerbern. Der Rhein-Neckar-Kreis hat den Bedarf an Wohnheimplätzen für Jugendliche mit Behinderung festgestellt, bezahlt die Betreuung über die Eingliederungshilfe. Von den Eltern werden Jelinek zufolge erst ab einem Gesamteinkommen von 100.000 Euro jährlich vergleichsweise geringe Beiträge erhoben.
Auf ein wichtiges Element weist sie noch hin: Vier Plätze werden im Wohnheim freigehalten für die Kurzzeitpflege: Sie entlastet Eltern oder pflegende Angehörige, die in Not sind oder die einfach ein freies Wochenende oder einen Kurzurlaub möchten, und ermöglicht ihren Kindern die Begegnung mit Gleichaltrigen und eine fachkundige Betreuung.
Der Bedarf an der Kurzzeitpflege ist groß, hat laut Jelinek auch der Kreis erkannt, seitdem 2017 die Lebenshilfe Wiesloch wegen Fachkräftemangel und der nicht auskömmlichen Finanzierung durch Rhein-Neckar-Kreis und Kassen ihre "Wohnoase" schließen musste.
Kurzzeitpflegeplätze gibt es daher in allen neuen Häusern der Johannes-Diakonie, erklärte Yvonne Jelinek. Dezentral lautet das Schlüsselwort für die neuen Vorhaben, nicht irgendwo am Rand, sondern mittendrin im Leben der jeweiligen Kommunen, "das ist ein grundsätzlicher Wandel". Zehn derartige Häuser hat die Diakonie in den letzten Jahren gestemmt, sieben weitere kommen in den nächsten Jahren dazu.
Info: Auskunft bei Yvonne Jelinek, Telefon 0 62 61/8 83 21, E-Mail yvonne.jelinek@johannes-diakonie.de.