Einfach mal machen - Teil 2

Mit dem Oldie-Camper geht es nach England

Vom Schrottplatz-VW zum Oldiecamper: Elli Dewald baut ihren eigenen Camper um. Nun geht sie auf die erste Reise nach England.

04.06.2021 UPDATE: 06.06.2021 06:00 Uhr 3 Minuten, 27 Sekunden
Die erste Reise von Elli und ihrem Mann Alex führte das Paar südöstlich von London auf das „War & Peace Festival“. Stilecht parkte der ausgebaute VW-Camper neben dem farblich passenden Ural-Motorgespann. Foto/Repro: Wacker

Von Heiko P. Wacker

Region Wiesloch. Vom Schrottplatz-VW zum hippen Oldiecamper: Die RNZ begleitete Elli Dewald aus Bad Schönborn beim Ausbau eines eigenen Campers. Der sechszylindrige Transporter bot zwar einen traurigen Anblick. Doch die Basis war billig – und sie war gut. Gut genug zumindest, wenn man Fantasie hat. Und sich zutraut, dieser freien Auslauf zu gönnen.

In Eigenregie und mit einer ganzen Menge Material aus dem Baumarkt baute Elli den aufgesetzten Stahlkasten aus. Allerdings musste der auch Raum bieten für drei Persönlichkeiten: Denn nicht nur Ehemann Alex, sondern auch Schäferhündin Namu durften auf der ersten Reise 2019 nach England mit, "und für die habe ich ein eigenes Domizil links im Durchgang zwischen Führerkabine und Wohnbereich gebaut", erklärt Elli. "Sogar mit einer Tür und einem selbst gezimmerten Gitter."

Auch für Hündin Namu muss im Camper genug Platz sein. Foto: Wacker

Allerdings schienen ihr schon während der Bauphase Zweifel gekommen zu sein, ob die Box nicht doch zu klein sein würde, also durfte kurzerhand der Gatte auf Probe drin sitzen. "Eigentlich wäre das die ideale Gelegenheit gewesen, einmal in Ruhe einen Abend zu genießen – aber man will ja nicht so sein", meint sie. Fotos dieser Episode, die viel über die lässige Atmosphäre in Ellis Beziehung verrät, existieren zwar nicht. Gleichwohl waren die Stunden des Zwingers gezählt. "Der Vollständigkeit halber durfte auch Namu noch kurz reinhüpfen. Wie die dann aber so traurig schaut, da war klar – das muss luftiger, das muss größer sein. Also alles wieder abgerissen und neu gebaut." Das ist ohnehin ein Markenzeichen von Ellis Kreationen: Die Halbwertszeit ist mitunter lausig, wenn ihr etwas nicht mehr zusagt, dann wird das umgebaut. Punkt.

"Und doch wollten wir jetzt erst einmal durchstarten, wollten den Sommer genießen", meint Elli rückblickend, die noch einige Stunden in die finale Farbgestaltung des Innenraums investierte, Vorhangstoffe und Moskitonetze vernähte und auch an Deko-Utensilien verbaute, was sich in ihrem Fundus so fand. "Manchmal entdecke ich was auf dem Flohmarkt, und das liegt dann trotzdem eine Weile in der Scheuer, bis ich Verwendung finde. Und aus dem Depot wanderte jetzt eine ganze Menge in den Camper – manches nützlich, manches einfach nur als Witz", denn Langeweile hat keinen Zutritt zu Ellis Reich. "Ich hatte aber auch die notwendige Muße, Alex hatte ja genug mit seinem russischen Ural-Motorradgespann zu tun."

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Elli Dewald legt gerne selbst Hand an. Foto: Wacker

Selbiges sollte unbedingt mit auf die erste Reise: Als Ziel hatten sich beide das britische "War & Peace Festival" südöstlich von London auserkoren, stilecht sollte der inzwischen auf grobstolligen Pneus rollende VW LT neben dem farblich passenden Ural-Gespann parken. "Wir stehen beide so ein bisschen auf diesen matten Farbstil", erklärt Elli, eine Prise Theaterspielen gehört für beide ebenfalls dazu.

Dass das in mattem Dunkelgrau gehaltene Ensemble für manchen hoch erhobenen Daumen sorgte, das war zu erwarten, im direkten Vergleich mit einem Wohnmobil von der Stange "zieht die Weißware garantiert den Kürzeren", feixt Elli, ohne das negativ zu meinen. "Jeder so, wie er will. Und ich will es eben ein bisschen unkonventioneller", erklärt die Rothaarige, die selbstsicher ihre Tattoos unter dem Ärmel des Arbeitskittels hervorlugen lässt. "Natürlich macht es Mühe, sich einen eigenen Camper auszubauen. Und man muss auch eine Menge an Nerven reinhängen. Doch am Ende hat man das, was man will. Und wenn man nicht glücklich ist, dann kann man ja wieder Hand angelegen. Ein Vermögen hat man auf keinen Fall verschwendet."

Hintergrund

Ein Schminkköfferchen, das Wellness-Wochenende – oder doch lieber einen Gutschein für den Baumarkt? Elli Dewald aus Bad Schönborn muss nicht lange überlegen, was man ihr zum Geburtstag würde schenken dürfen.

Ebenso unverkrampft wie lässig geht die gebürtige

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Ein Schminkköfferchen, das Wellness-Wochenende – oder doch lieber einen Gutschein für den Baumarkt? Elli Dewald aus Bad Schönborn muss nicht lange überlegen, was man ihr zum Geburtstag würde schenken dürfen.

Ebenso unverkrampft wie lässig geht die gebürtige Heidelbergerin, die in Wiesloch aufwuchs und zur Schule ging, mit Bohrmaschine und Pinsel um, überall im und außerhalb vom Haus hinterlässt sie ihre Handschrift. Und vor einem Camper schreckt sie erst recht nicht zurück: Die RNZ durfte sie bei der Realisierung ihres jüngsten Projekts begleiten, das auch als Rat für all jene dienen darf, die sich (noch) nicht trauen, selbst Hand anzulegen.

"Einfach mal machen" sagt Elli Dewald – und modelliert aus einem alten Transporter vom Schrottplatz ein Unikat auf Rädern. Mit schmalem Geldbeutel – aber auch mit jeder Menge Mut zu eigenen Lösungen. Heute geht sie mit der RNZ und dem flammneuen Oldiecamper auf die erste Reise nach England.

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Insgesamt wurden für den Camperausbau kaum 700 Euro ausgegeben, der günstige Tarif verdankt sich freilich auch diverser wiederverwerteter Einzelteile. Diese stammen vor allem aus dem privaten Fundus, alte Türgriffe, nun endlich zum Einsatz gebrachte Teile der Campertechnik oder zweckentfremdete Wasserrohre sind hier gute Beispiele, "aber auch ohne wäre das Projekt ganz sicher nicht vierstellig geworden", meint Alex, während er den Spirituskocher für eine Tasse Kaffee anwirft. "Spiritus ist eigentlich ideal", erklärt er. "Das Zeug kostet nicht viel, man bekommt es rund um den Globus an jeder Tankstelle, und ergiebig ist es auch noch, im Schnitt brauchen wir rund einen Liter die Woche. Und das, obwohl wir mindestens zweimal, gerne auch drei Mal am Tag den Herd anwerfen." Bei einem durchschnittlichen Literpreis von knapp vier Euro ist das ein bezahlbares Vergnügen.

Ein Vergnügen war letztlich auch der zweiwöchige Trip nach England, wobei auf dem Rückweg schon wieder die ersten Pläne für eine Modifikation des Inneren geschmiedet wurden. "Das über dem Durchgang eingebaute Bett war mir immer im Weg, wenn ich von vorne nach hinten durchgehen wollte. Und auch die Kühlbox war mir zu klein. Wenn Alex hier ein paar Flaschen Bier für den Abend am Lagerfeuer reingelegt hat, dann war das Ding schon fast überfüllt", so Elli. In fernerer Zukunft sollte deshalb ein Kühlschrank einziehen. "Und auch an die Schränke hatte ich viel zu viel Platz verschwendet."

Nach der Reise über den Ärmelkanal wurden auch für die Saison 2020 Reisepläne geschmiedet, "aber das war ja wohl nix", meint Elli lakonisch und mit Blick auf die Corona-Pandemie. Allerdings wusste sie die erzwungenen Wochen des Stillstands während des Lockdowns sinnig zu nutzen. Während Alex an seinem neuesten Spielzeug zu schrauben begann – er hatte aus einem Abrisshaus in Thüringen einen schon halb unter dem Schutt begrabenen DKW Munga ergattert, den er den Winter über sanierte – begann Elli mit dem erneuten Umbau des Campers. Nach Plan? "Nein, Pläne mache ich keine, ich fange meistens einfach an. Alles andere findet sich dann schon." Mehr über die Realisierung der vorerst letzten Evolutionsstufe dann in der nächsten und zugleich letzten Folge von "Einfach mal machen!"

(Der Kommentar wurde vom Verfasser bearbeitet.)
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