Moderne Bildschirmtafeln sorgen dafür, dass auch Schüler zu Hause sehen können, was ihre Mitschüler im Klassenraum an die Tafel schreiben. Foto: Löwenrot
Von Timo Teufert
St. Leon-Rot. Die Corona-Pandemie hat einen Digitalisierungsschub gebracht – auch in den Schulen. Was bis vor einem Jahr noch undenkbar war, ist heute Realität: Lehrerinnen und Lehrer halten ihre Stunden über Videotools ab, Schülerinnen und Schüler bearbeiten ihre Aufgaben zu Hause und laden sie in den Cloud-Speicher hoch. Am privaten Löwenrot-Gymnasium in St. Leon-Rot gab es schon seit längerer Zeit Überlegungen, eine Cloud-Lösung einzuführen, sodass relativ schnell auf den Online-Unterricht umgeschaltet werden konnte. Trotzdem bringt die Schule im Lockdown viele Herausforderungen für alle Beteiligten mit sich.
"Das Homeschooling und die Digitalisierung sind eine riesige Herausforderung für die Schulen", sagt Jörg Schmidt, Geschäftsführer des Löwenrot-Gymnasiums. Das Löwenrot habe im ersten Lockdown im März den Vorteil gehabt, dass die "Open Schul-Cloud" des Hasso-Plattner-Instituts schon in der Vorbereitung war. "Für die Einführung hatten wir mit Testphasen ungefähr zwei Jahre eingeplant. Doch dann kam Corona und hat uns überholt", blickt Schmidt zurück. Innerhalb von einer Woche war alles so eingerichtet, dass ein Basis-Online-Unterricht stattfinden konnte. Schmidt geht außerdem davon aus, dass in Zukunft die Schulbücher digital in der Cloud hinterlegt werden können, sodass die Schüler von überall darauf zugreifen können.
Zusammen mit den ersten Vorbereitungen für die Cloud wurde auch die Technik in der Schule nachgerüstet und etwa Bildschirmtafeln mit Kameras angeschafft. Statt eines Lehrers, der die IT betreut, ist die Schule eine Kooperation mit einem regionalen Systemhaus eingegangen: "Wir haben uns sehr frühzeitig dafür entschieden, nicht ahnend, wie der Zustand während der Pandemie sein würde", sagt Schmidt. Nun stehen zwei Mitarbeiter des Systemhauses bei IT-Fragen oder Problemen auf Abruf bereit. "Wir sehen uns deshalb gut aufgestellt und für die Zukunft gut gewappnet", so Schmidt.
Doch bei aller Offenheit und Begeisterung für die neuen Lehrmethoden, die Schulleiter Dirk Lutschewitz innerhalb seines Kollegiums festgestellt hat, sagt er aber auch: "Schule lässt sich nicht einfach ersetzen. Sie ist ein wichtiger Treffpunkt. Deshalb wollen wir so schnell es geht Öffnungsperspektiven nutzen." Denn ansonsten bestehe die Gefahr, dass Schüler, die mehr als Fernunterricht brauchen, aus dem Blick gerieten. Durch die neuen Tafeln und hochwertigen Mikrofone in den Klassenräumen wäre auch Wechselunterricht – also geteilte Klassen – kein Problem für das Löwenrot: "Wir können den Unterricht aus dem Klassenraum ohne Probleme übertragen", so Lutschewitz. Die technische Ausstattung hilft nicht nur in der Pandemie, sondern kann auch später eingesetzt werden, wenn Schüler nicht am Präsenzunterricht teilnehmen können. "Das wird den Präsenzunterricht nicht ersetzen, aber hilft dabei, Lücken zu reduzieren und damit Lerndefizite geringer zu halten", so der Schulleiter.
Auch wenn die aktuelle Situation für Schüler schlimm sei, müssten sich weder Eltern noch Schüler Gedanken machen, dass dauerhaft Lücken entstehen. "Bis Weihnachten hatten wir Präsenzunterricht und wir haben zeitliche Reserven", betont Lutschewitz. So habe man im ersten Halbjahr keine Klassenfahrten machen dürfen und es gebe keine Austausche. Deshalb glaube er, dass man das Curriculum schaffen werde.
Doch er betont auch, dass man seit den Sommerferien den Schülern viel zugemutet habe: Sie mussten im Klassenverband bleiben, die "Aktivitäten in der Mittagspause" (AIM) sind ausgefallen, die Abstands- und Hygieneregeln mussten eingehalten werden und es gab eine Maskenpflicht am Löwenrot. "Es gab keinerlei Murren wegen dieser Auflagen, alle haben mitgezogen. Da hat man schon gemerkt, dass alle froh waren, wieder gemeinsam lernen zu können", ist Lutschewitz überzeugt. Die Mehrheit der Schüler vermisse deshalb jetzt auch den Schulalltag, berichtet der Schulleiter.
Lutschewitz sieht in der Krise aber auch eine Chance: "Die Erkenntnisse und Erfahrungen, die wir jetzt gesammelt haben, können wir später wieder anwenden."