Von Armin Rößler
Rauenberg. Am Sonntag, 14. Januar, findet von 11 bis 16 Uhr in der Rauenberger Kulturhalle eine große Registrierungsaktion statt. Gesucht wird ein Stammzellspender für die vierjährige Stella aus Rauenberg, die an einem lebensbedrohlichen Gendefekt erkrankt ist. Die Schirmherrschaft für die Aktion haben Landrat Stefan Dallinger und Rauenbergs Bürgermeister Peter Seithel übernommen. Angesprochen sind alle Bürger zwischen 17 und 55 Jahren. Aber auch wer nicht spenden darf oder kann, ist willkommen. So wird gegen Spenden Kaffee und Kuchen angeboten, damit auch ein finanzieller Beitrag für die Aktion geleistet wird, auf den die DKMS (ehemals Deutsche Knochenmarkspenderdatei) als gemeinnützige Gesellschaft angewiesen ist.
Bei der DKMS sind 7,7 Millionen mögliche Stammzellspender registriert, die seit 1991 mehr als 67.000 Menschen die Chance auf ein zweites Leben ermöglicht haben. Die Organisation hat auch 576 Spender aus Rauenberg in ihrer Datei, fünf haben schon gespendet. Im Rhein-Neckar-Kreis sind es rund 30.000, von denen genau 221 bereits helfen konnten. Einer von ihnen ist der 32-jährige André Diedrichsen, der aus Baiertal stammt und mit seiner Frau Nadine in Rotenberg lebt. Der gelernte Kaufmann leitet zwei Firmen, eine Handelsvertretung und eine Werbeagentur. 2014 hat er sich registrieren lassen und wurde dann tatsächlich zum Stammzellspender und Lebensretter. Mit der RNZ hat er über seine Erfahrungen gesprochen.
RNZ: Herr Diedrichsen, was war Ihre Motivation, sich als Stammzellspender registrieren zu lassen?
André Diedrichsen: Meine Frau und ich waren nicht auf dem klassischen Weg bei einer Registrierungsaktion. Wir haben einen Bericht über die DKMS im Fernsehen gesehen und uns dann die Stäbchen schicken lassen, um uns zu registrieren. Die Motivation? Ich bin aktiver Blutspender. Das Thema Stammzellenspende war bei mir vorher nie auf dem Schirm, aber durch den Fernsehbericht und auch auf Drängen meiner Frau habe ich dann gesagt: Alles klar, machen wir. Dafür musste ich dann ja zunächst auch nur das Stäbchen in den Mund stecken und es wieder zurückschicken.
Wie läuft das ab?
Das ist ein Abstrich über den Speichel im Mund mit einem Wattestäbchen, das war’s schon. Dann haben wir die Stäbchen wieder zurückgeschickt. Ein paar Tage später kam Post von der DKMS, dass wir registriert sind. Dann habe ich erst einmal lange nichts gehört.
Und dann kam die Nachricht, dass Sie als Spender infrage kommen.
Das war natürlich schon ein kleiner Schock. Es ist ja so: Man registriert sich und denkt, damit hat man seine Aufgabe getan. Dann kam aber doch die Nachricht, dass ich passen könnte. Danach hat ein Aufklärungstelefonat stattgefunden und es war eigentlich alles total unkompliziert. Ich habe mich um nichts kümmern müssen, die DKMS hat auch den Termin mit meinem Hausarzt ausgemacht. Als ich dort mit der Blutabnahme fertig war, stand schon der Kurier da, der mit meinem Blut direkt ins Labor gefahren ist. Dann kam der Anruf von der DKMS, dass ich tatsächlich der genetische Zwilling eines Menschen bin, der eine Stammzellenspende braucht, verbunden mit der Frage, ob ich mir die Spende wirklich vorstellen könnte. Für mich war gleich klar, dass ich das mache. Aber es war trotzdem ein komischer Moment, eine kleine Überwindung.
Was war vor der eigentlichen Spende noch zu tun?
Ich wurde über die beiden möglichen Varianten aufgeklärt und habe mich für die periphere Blutentnahme entschieden, weil das vom Ablauf her einfacher ist als eine Knochenmarkentnahme aus dem Beckenkamm. Man kriegt dann eine Woche vorher eine Art Virus geschickt, den man sich spritzen muss. Der hat ein paar Nebeneinwirkungen, dem einen macht das gar nichts aus, der andere fühlt sich schlapp oder hat Gliederschmerzen. Ich habe mich gefühlt, als ob ich eine Grippe kriege. Das war aber nach der Spende sofort weg. Vor Ort in Köln war alles super, die ganze Organisation hat die DKMS übernommen, die haben auch das Hotel und die Zugtickets gebucht. Für mich war es null finanzieller Aufwand, nur zeitlicher.
Wie hat sich die Spende abgespielt?
Man ist mit mehreren Personen in einem Raum und ist an beiden Armen an eine Art Dialyse-Gerät angeschlossen. Meine Spende hat nicht ganz drei Stunden gedauert, manche haben aber auch vier Stunden gebraucht. Zum Angucken hatte ich 200 Filme zur Auswahl. Wenn ich was trinken wollte, kam sofort eine Krankenschwester. Die hat mich auch mit Gummibärchen gefüttert. Man hat also wirklich Unterhaltung, da vergehen die drei, vier Stunden wie im Flug.
Wissen Sie, wem Sie gespendet haben, oder läuft das anonym ab?
Ich hatte die Wahl, ob ich Kontakt aufnehmen möchte, habe mich aber dagegen entschieden, weil ich sage, das ist für mich keine große Sache. Ich möchte auch kein Dankesschreiben, sondern denke, dass das eine Sache ist, die jeder machen sollte, der kein Problem damit hat, Blut zu spenden. Man hat mir aber verraten, dass meine Spende nach Italien geht, an eine Frau, die 47 Jahre alt ist.
Es muss ein tolles Gefühl sein, wenn man sagen kann: Ich habe ein Leben gerettet.
Absolut. Das ist ein unbeschreibliches Gefühl. Auch wenn man sieht, wie einfach es ist, mit so geringem Aufwand ein Leben zu retten.
Theoretisch könnten Sie sogar ein zweites Mal zum Stammzellspender werden.
Man ist zunächst für einige Zeit gesperrt, weil es sein kann, dass die Person, für die ich gespendet habe, noch mal eine Stammzellenspende bräuchte. Danach kann es aber jederzeit sein, dass die DKMS noch mal auf mich zukommt, weil ich wieder als genetischer Zwilling passe. Natürlich wäre ich auch dann wieder dazu bereit.
Bei der Aktion für Stella am Sonntag sind Sie als Helfer mit dabei.
Jawohl. Ich finde grundsätzlich, dass es die bürgerschaftliche Pflicht von jedem ist, sich zumindest registrieren zu lassen. Da ist hier in Rauenberg ein kleines Mädchen, das dringend Hilfe braucht. Das ist so nah, da stellt sich gar nicht die Frage, ob man hilft.
Herr Diedrichsen, vielen Dank für das Gespräch.
Info: www.gemeinsam-fuer-stella.de