Was ist sie Stadt Eppingen wert? In jahrelanger Arbeit hat die Kämmerei eine Summe von fast 190 Millionen Euro errechnet. Einige Bewertungsposten werden allerdings kritisch hinterfragt. Foto: Guzy
Eppingen. (guz) Wer das nötige Geld hat, kann sich zwei Cristiano Ronaldos, 85 Ferrari FXX K oder die Stadt Eppingen kaufen. Etwa 190 Millionen Euro müsste er dafür jeweils hinblättern. Zumindest theoretisch, denn die Stadt ist zwar nicht auf dem Markt, hat aber ebendiesen Wert - inklusive all ihrer öffentlichen Gebäude, Plätze, Straßen, Brücken, Kunstwerke, dem Bar- und Anlagevermögen und dem Kommunalwald.
Vier Jahre hat die Stadtkämmerei daran gearbeitet, diesen Wert zu ermitteln und nun die Eröffnungsbilanz für den ersten doppischen Haushalt der Stadt von 2014 nachträglich vorzulegen. An einem wirklichen Erkenntnisgewinn durch die Bewertung haben einige Stadträte und auch Kämmerer Tobias Weidemann allerdings einige Zweifel.
Treibt man das Zahlenspiel, das Jörg Haueisen (FBW) mit dem Vergleich von Stadt-Wert und Transfererlösen im Profifußball greifbar machte, auf die Spitze, wäre der Eppinger Forst mit 20 Millionen Euro etwa so viel wert, wie der Transfer von Kevin Volland von 1899 Hoffenheim zu Bayer Leverkusen, und die gesamten Eppinger Straßen und Plätze so viel, wie der FC Chelsea für Stürmer Álvaro Morata gezahlt hat: 62 Millionen Euro.
Überaus viel Detailarbeit steckt in dem Zahlenwerk, denn bewertet wurde alles, was mit mehr als 1000 Euro zu Buche schlägt - allerdings nach dem Niedrigstwertprinzip. Demzufolge wurde beispielsweise der Wert von Schulen und Hallen mit 51 Millionen Euro errechnet, der von Bauplätzen und unbebauten Grundstücken mit 25 Millionen. Selbst die Vorgänge auf den Friedhöfen wurden erfasst - laut Kämmerer Weidemann jede einzelne Bestattung der letzten 25 Jahre: Die vorausgezahlten Grabnutzungsgebühren schlagen sich buchhalterisch mit 2,4 Millionen Euro in der Bilanz nieder. Insgesamt liege Eppingen mit einer Eigenkapitalquote von 67,4 Prozent im Mittelfeld vergleichbarer Gemeinden, verdeutlichte Kämmerer Weidemann.
Mit der akribischen Arbeit der Kämmerei zeigten sich alle Fraktionen hochzufrieden, mit der Aussagekraft der Eröffnungsbilanz hingegen weniger, zumal sich alle ermittelten Werte auf den Stichtag 1. Januar 2014 beziehen und damit längst überholt sind. Überdies sind etwa Rückstellungen für Beamtenpensionen, Investitionszuschüsse und Zinsen für Fremdkapital nicht bilanziert, und die Bewertungsgrundlagen für einzelne Posten haben sich seit 2014 mehrfach geändert. Die Stadtwerke kommen erst in der 2015er-Bilanz hinzu, die Stadtentwässerung Eppingen (SEE) und ihr Kanalnetz werden gesondert bilanziert. Es gebe zwar mehr Informationen, aber weniger Vergleichbarkeit als früher, sagte Kämmerer Weidemann.
Hartmut Kächele (SPD) sieht in vielen Bereichen noch "Unschärfen", hingegen kein Mehr an Transparenz. Die Bilanz gebe zwar "Infos, die man vorher nicht hatte", beispielsweise zum Wert des Waldes, sei aber dennoch nicht mit der Bilanz eines Geschäftsmannes vergleichbar. Überdies erinnerte er an die Kosten in Form vieler Arbeitsstunden, die nun auch für die Fortschreibung anfallen, und daran, dass das Land Baden-Württemberg sein Rechnungswesen selbst nicht auf die Doppik umstellen will. "Ich sehe noch nicht, was uns das bringt", sagte Kächele und bekannte, dass er heute der Umstellung auf das Neue Kommunale Haushalts- und Rechnungswesen "vielleicht nicht mehr zustimmen würde." Peter Wieser (Grüne) sieht den einst erhofften Vorteil durch mehr Informationen nun ebenfalls nicht mehr: "Wir haben jetzt an vielen Ecken und Kanten gemerkt, dass das alles nicht ganz durchdacht ist. Es muss mehr gehen, als vorhandene Missstände in neue Zahlen zu pressen", kritisierte er. Skeptisch zeigte sich auch Oberbürgermeister Klaus Holaschke: "Man hat ein politisches Ziel - ob es bis zu Ende gedacht ist, wird sich zeigen."
Letztlich nahm das Gremium den Entwurf der Eröffnungsbilanz zustimmend zur Kenntnis und beschloss zugleich, die Investitionszuschüsse an Zweckverbände in die Bilanz einzurechnen. Vor dem endgültigen Beschluss wird das Zahlenwerk in den kommenden Monaten vom Rechnungsprüfungsamt und der Gemeindeprüfanstalt unter die Lupe genommen und bewertet.