Beratungsstellen, Vereine und städtische Abteilungen mit viel Publikumsfrequenz sitzen in der Werderstraße 1. Foto: Tim Kegel
Von Tim Kegel
Sinsheim. Zuerst wurde es kalt und kälter. Die Mitarbeiter froren. Die Raumluft fühlte sich klamm an. Die Heizung kam nicht richtig auf Touren. Der Anfang vom vorläufigen Ende eines der wichtigsten Gebäude der Stadtverwaltung, die Werderstraße 1. Die "Alte AOK" - so heißt der 1950er-Jahre-Bau im Sinsheimer Volksmund.
Seit die Krankenkasse vor längerer Zeit aus- und zahlreiche städtische Büros, solche der Kreisverwaltung und mehrere Vereine, eingezogen sind, ist der Nutzwert der Werderstraße 1 sehr hoch. Auch durch die Lage im Behördenviertel: Die Bücherei zog hier ein, während der Sanierung der Dr.-Sieber-Halle. Teile des städtischen Amt 40 aus dem Sozial- und Integrationsbereich saßen hier permanent. Außerdem Beratungsstellen wie die Suchtberatung des Blauen Kreuzes und der Pflegestützpunkt des Rhein-Neckar-Kreises. Vereine wie der TV Sinsheim und die Deutsche Lebensrettungs-Gesellschaft unterhalten hier Geschäftsstellen.
Inzwischen werden Aus- und Umzüge vorbereitet; der Hauptausschuss des Gemeinderats wurde über einen "massiven Heizungsschaden" in dem Gebäude informiert . Die Schäden reichten unter die Bodenplatte, lägen tief im Rohrsystem und hätten bei ersten Untersuchungen mit Wärmekameras "nicht exakt lokalisiert" werden können. Baudezernent Tobias Schutz spricht vom Auffüllen des Heizwassers und dass dieses "binnen zwei Tagen wieder leergelaufen" sei. Eine aus Altersgründen schwächelnde Heizung fiel als Ursache aus; die Schäden liegen wohl tief und verteilt im Rohrsystem unter dem Bodenbelag.
"Nicht vor fünf Jahre"
Nun könnte man sagen, "das kann man irgendwie flicken", allerdings würden dann laut Schutz im günstigsten Fall "mindestens 50.000 Euro fällig". Er und auch Oberbürgermeister Jörg Albrecht im Gemeinderat wissen jedoch, "dass das auch schnell sechsstellig werden kann". In Zeiten eines klammen, von der Corona-Pandemie ausgezehrten Haushalts – und nach zahlreichen ähnlichen Überraschungen, wie etwa an der Theodor-Heuss-Schule – entschloss man sich jetzt für einen Aufschub auf unbestimmte Zeit. "Nicht vor fünf Jahre", schätzt Schutz, könne man sich des Problems annehmen.
Perspektiven gebe es jedoch und suche man: Der Verwaltungspart zieht bald in Büros um, die, seit dessen Kauf durch die Stadt, im alten Flurbereinigungsamt, einige Hundert Meter die Werderstraße aufwärts, noch frei sind. Die DLRG wird bald ein neues Domizil auf dem Freibad-Gelände beziehen. Die Pflegeberatung des Kreises kann Rathaus-Räume nutzen. Für die Restbelegung wolle man "gemeinsam Lösungen finden".
Und möglichst bald dürfte es ja wieder aufwärts gehen: Es laufen Überlegungen eines "Sanierungsgebiet Innenstadt-West", in dem, neben Haupt-, Bahnhofs- und Muthstraße, auch die Werderstraße 1 liegen würde. Aufgrund der Nähe zum Rathaus und weil es bereits reifliche Überlegungen für eine Vollsanierung des Baus mit zusätzlichem Stockwerk gab, dürfte dieser große Wurf Sinn machen.