Amtsgericht Sinsheim. Foto: Archiv/Christiane Barth
Von Tim Kegel
Sinsheim. Drei Frauen sexuell belästigt hat ein junger Mann aus Eritrea, der sich am Donnerstag vor dem Amtsgericht verantworten musste. Der 25-Jährige bestritt bis zuletzt, aus Absicht gehandelt zu haben. Das Gericht um Richterin Husmann glaubte ihm nicht, weshalb er nun 40 Tagessätze zu je 45 Euro zahlen muss.
Die Taten passierten in der Thermen- und Badewelt, die der in Rheinland-Pfalz lebende Mann am 1. Februar gemeinsam mit einem Freund besucht hat. Und sie passierten schnell. Innerhalb eines Zeitraums von höchstens zehn Minuten. Den Geschädigten – einer 25-Jährigen und deren 26-jähriger Freundin sowie einer 19-Jährigen – wurde einmal mit einem Fuß, in zwei weiteren Fällen mit der Hand und teils "kraftvoll" in den Schritt gefasst. Die Opfer reagierten teils mit Fassungslosigkeit, teils mit spitzen Schreien, teils mit einem Tritt gegen den Angreifer. Eine der Frauen erlitt Minuten nach der Tat eine Angstattacke. Bei ihrer Aussage kommt alles noch mal hoch, sie ringt um Luft und um Fassung. Zwei der Frauen kannten sich. Gemeinsam wurden sie auf ein weiteres Opfer des Manns aufmerksam. Thermen-Personal und Mitarbeiter eines Sicherheitsdiensts wurden hinzu gerufen, schließlich die Polizei. Auch der Freund einer der jungen Frauen schafft es, den Täter zur Rede zu stellen.
Ganz anders stellt dies alles der 25-Jährige dar, der sich selbst verteidigt und einen Dolmetscher braucht: Er sei müde gewesen an diesem Tag. Von seinem Beruf als Maschinenbediener in einer Fabrik zudem überarbeitet. Er habe sich aufgrund der Entkräftung sogar übergeben, bevor er ins Wasser stieg. Er sei ein schlechter Schwimmer. Der Strudel im Whirlpool der Anlage habe die vielen Menschen regelrecht herumgewirbelt, ihn, den Geschwächten, sogar besonders schwer. Möglicherweise habe er sich festhalten müssen, um nicht vom Strudel hinweggerissen zu werden. Sollte es hierbei zu Berührungen gekommen sein, tue es ihm leid. Er sei bestimmt "keiner, der sich an Frauen vergreift". Als verheirateter Mann – mit einer Frau, die zurück in Afrika geblieben war, als er im Jahr 2014 nach Deutschland kam – tue er dies nicht. "Was soll ich von diesen Frauen wollen?", ließ er den Übersetzer fragen. "Meine Frau ist jünger als diese Frauen hier."
Einiges an Geduld wurde dem Gericht während der über zweistündigen Verhandlung auch abverlangt, weil der Beschuldigte immer wieder Nebenschauplätze aufmachte, von der Wohnungssuche über zwei schwere Unfälle – der eine in Libyen auf dem Weg nach Europa, ein weiterer nach der Ankunft – bis hin zu einer Blutuntersuchung wegen möglicher Nierenprobleme. Mehrfach musste die junge Richterin Husmann sich Respekt verschaffen, etwa als es hieß: "Warum hatte ich keine Gelegenheit, mich zu entschuldigen? Liegt das daran, dass ich schwarz bin?" Entschuldigen könne sich der Mann "ja jetzt", sagte Husmann. Schweigen.
Die Schilderungen der Geschädigten waren laut Gericht "sehr glaubhaft, detailreich und plausibel". Die Frauen seien zuvor von den beiden Männern begafft, "ekelhaft angeschaut" worden, sagte eine von ihnen. Es habe sich in dem – offenbar nicht annähernd so gut, wie vom Täter geschildert, besuchten – Bad nun einmal um "die einzigen Dunkelhäutigen gehandelt", was zur eindeutigen Identifizierung ebenfalls beitrug. Generell betrachtet, müsse man sich als Nichtschwimmer in einem Wellenbad "auch nicht an einer kleinen Frau festhalten" – und schon gar nicht mit Griffen unterhalb der sprichwörtlichen Gürtellinie, von denen es ja offensichtlich nicht einen, sondern drei binnen kürzester Zeit gab.
Auch dass die Damen – sie alle ähneln sich und entsprechen einem ähnlichen Frauentyp – abgesprochen haben könnten, wurde in den Aussagen zweifelsfrei widerlegt. Der 25-Jährige, so lautete der einhellige Schluss von Richterin und Staatsanwältin, hat "zielgerichtet mehrere Frauen belästigt und deren sexuelle Freiheit missachtet". Dem Mann zugute kam ein polizeiliches Führungszeugnis ohne Einträge.