Bürgermeister Thomas Seidelmann mit Amtskette. Foto: Orths
Von Friedemann Orths
Neckarbischofsheim. Plötzlich ertönte das "Badnerlied" in der Aula des Adolf-Schmitthenner-Gymnasiums, und Thomas Seidelmann, seit 1. August im Bürgermeisteramt der Stadt, eröffnete seine erste Gemeinderatssitzung. Sie stand ganz im Zeichen der Vereidigung des neuen Stadtoberhaupts. Seidelmann begrüßte zahlreiche Ehrengäste, darunter Landrat Stefan Dallinger, die Landtagsabgeordneten Albrecht Schütte und Hermino Katzenstein sowie Neckarbischofsheims Ehrenbürger Peter Beisel und viele Bürgermeister aus der Region.
Bürgermeisterstellvertreter Gerold Rossel übernahm dann die Vereidigung Seidelmanns: Er blickte auf den 24. Mai zurück, als Seidelmann mit 88 Stimmen Vorsprung vor Tanja Grether gewählt wurde. Auch Seidelmanns Wahl in den Gemeinderat ein Jahr zuvor habe gezeigt, dass sich "viele Wähler" Veränderung in Neckarbischofsheim wünschten. Während des digitalen Wahlkamps aufgrund der Corona-Pandemie habe es "kontroverse Äußerungen" von Bürgern auf Facebook gegeben, die "gegen die guten Sitten" verstoßen hätten. Rossel findet das "sehr bedauernswert". Doch: "Der Wahlkampf ist Schnee von gestern", jetzt wünsche er sich eine guten Zusammenarbeit im Gremium und Seidelmann "richtige Entscheidungen". Und das schon von Seidelmanns Vor-Vor-Vor-Vorgänger versprochene Neubaugebiet in Helmhof, merkte Rossel mit einem Augenzwinkern an. Mit der Übergabe der Amtskette und einem corona-bedingten Ellbogenstoß war die Vereidigung vollbracht.
In seiner Rede dankte Seidelmann zunächst seiner Vorgängerin, die nicht bei der Sitzung anwesend war. Er wolle auch "ausdrücklich" darauf hinweisen, dass es für ihn in seinem neuen Amt "keine Anhänger oder Gegner" gebe, sondern "nur Bürger, für deren Wohl" er sich einsetzen wolle. Maßgebend für seine Arbeit seien drei Punkte: Er wolle Probleme unvoreingenommen anpacken, Aufgaben beharrlich, zielstrebig und "mit Mut zu neuen Impulsen" angehen sowie "Neutralität, Transparenz und Bürgernähe" praktizieren.
„Karl Knötterkopp“ alias Rolf Geinert überraschte die Gäste mit einer kurzen Rede und trank „ein Pilschen“: „Kann nur besser werden“, gab er Seidelmann scherzhaft mit auf den Weg. Foto: OrthsSeidelmann wünschte sich von den Bürgerinnen und Bürgern, dass diese sich "aktiv und positiv" in die Diskussion zu aktuellen Themen einbringen – und das "mutig" und nicht anonym; es gebe "genug Feiglinge auf diesem Planeten". Seidelmann sieht sich als Vermittler zwischen den Gemeinderatsfraktionen. Von den beiden Fraktionen erwarte er, "dass sie aufeinander zugehen, um tragfähige, bestmögliche Entscheidungen" zu treffen: "Unterstützen Sie mich nach besten Kräften und helfen Sie mir in meiner Tätigkeit", sprach Seidelmann das Gremium an. Was eine mögliche Spaltung im Ort nach der Wahl angehe, so sehe er diese nicht, betonte Seidelmann. Zudem sei "Streit um die Sache" nichts Schlimmes, sondern notwendig. Mit vielen Menschen, mit denen er vor der Wahl kein gutes Verhältnis gehabt habe, habe er schon jetzt gute Gespräche geführt.
Für die Rathausmitarbeiter wolle er "ein guter Chef sein", er sehe sich als Teamspieler, der auf die Expertise seiner Verwaltung zähle: "Es ist nicht mein Anspruch, die Weichen für Neckarbischofsheim allein zu stellen!" Ein konkretes Programm habe er nicht aufgestellt, denn es sei zunächst notwendig, "eine gründliche Bestandsaufnahme vorzunehmen". Er wolle sich "nicht schonen" und "mit ganzer Kraft, mit Begeisterung und Idealismus" die Aufgaben angehen.
Zuvor war Tilo Freund von der Aktiven Liste, Seidelmanns Nachrücker für den vakanten Posten im Gemeinderat, verpflichtet worden, und die Gäste hatten Grußworte gesprochen.
Den Anfang dabei machte Landrat Dallinger. Er glaubt, dass es mit Seidelmann "ein gutes Miteinander" geben werde, betonte aber auch die "anspruchsvolle Zeit", nicht nur wegen Corona. Die Kommunen hätten immer anspruchsvollere Aufgaben zu erfüllen, es gebe eine "überbordende Themenvielfalt". Konkret für Neckarbischofsheim sprach Dallinger beispielsweise die Reaktivierung der Krebsbachtalbahn oder die Stadt als Schulstandort an. Die Aufgabe für Seidelmann sei "enorm", das habe er jedoch auch schon bei seiner Bewerbung gewusst: "Deshalb hält sich mein Mitleid in Grenzen", scherzte der Landrat. Er wünschte gutes Gelingen und sagte "Chapeau" vor dessen "Mut, sich den Herausforderungen zu stellen". Zudem hoffe er, dass aus dem Mut nach acht Jahren Glück und Erfolg werden.
Landtagsabgeordneter Schütte sprach von einem "besonderen Zeitpunkt", zu dem Seidelmann ins Amt gekommen sei, von "der größten Herausforderung seit Jahrzehnte", der Corona-Pandemie. Am Ende werde das Leben in den Kommunen konkret, da sich die politischen Entscheidungen dort auswirken. Seidelmanns Aufgabe sei es jetzt, die Gemeinde zusammenzuhalten. Sein Kollege Katzenstein sei "sehr beeindruckt" von den Themen, die Seidelmann mit ihm besprochen habe: Jugend, Klimaschutz und Krebsbachtalbahn. Dafür brauche man Durchhaltevermögen und eine "gehörige Portion Ausdauer", was Seidelmann als Iron-Man-Triathlet zumindest sportlich habe.
Weitere Grußworte überbrachten Waibstadts Bürgermeister Joachim Locher, stellvertretend für seine Amtskollegen aus dem Gemeindeverwaltungsverband Waibstadt, und Bammentals Bürgermeister Holger Karl, der seine Kollegen des Sprengels Odenwald-Kraichgau vertrat. Auch ASG-Schulleiter Harald Frommknecht, Pfarrerin Stephanie Ultes und Herbert Hauck, Personalratsvorsitzender der Rathausverwaltung, hielten Reden.
Ein besonderer Gast war "Karl Knötterkopp", eine Kunstfigur des ehemaligen Neckarbischofsheimer und Sinsheimer Bürgermeisters Rolf Geinert.