Besitzer eines Maxx-Tickets, die in der Übergangszone zwischen Sinsheim-Reihen und Eppingen wohnen, haben Pech. Ihre Karte ist dort an Schultagen erst ab 14 Uhr gültig, damit der Tarif des HNV nicht unterlaufen wird. Besserung ist erst mal keine in Sicht. Foto: Friedemann Orths
Von Friedemann Orths
Ittlingen. Ein kurioses Problem haben Besitzer eines Maxx-Tickets, die in der Übergangszone der Verkehrsverbünde Rhein-Neckar (VRN) und Heilbronner-Hohenloher-Haller-Nahverkehr (HNV) wohnen und eine Schule besuchen, die außerhalb des Übergangsgebietes liegt.
Das Gebiet des VRN endet ab Sinsheim-Reihen, dort beginnt eine Übergangszone, die bis Eppingen reicht und in der Kunden beider Verkehrsverbünde mit ihren Zeitkarten problemlos fahren können. Die Verbände haben sich auf Übergangsgebiete geeinigt. So weit, so kundenfreundlich. Weniger freundlich gehen die Verkehrsunternehmen mit Schülern und Auszubildenden um: Im Übergangsgebiet gilt das Maxx-Ticket an Schultagen aber erst ab 14 Uhr.
Dies bedeutet, dass Schüler sich Einzelfahrscheine zusätzlich zu ihrem Maxx-Ticket oder eine zweite Zeitkarte des Heilbronner Verkehrsverbunds für 48,25 Euro monatlich kaufen müssten. Das Maxx-Ticket schlägt mit 43,10 Euro zu Buche, ein Einzelfahrschein von den betroffenen Orten nach Reihen kostet für Kinder im Alter von sechs bis vierzehn Jahren 1,80 Euro. Eine weitere "Alternative": ein Schülertarif der Deutschen Bahn, der mit 110 Euro teurer als beide Schülerzeitkarten zusammen ist und nur für die genaue Strecke gelten würde.
"Ich verstehe diese Wischiwaschi-Regelung nicht", sagt Bettina Djulic, deren Tochter täglich von Ittlingen nach Neckargemünd fahren muss. Sie wurde kontrolliert und erfuhr dann, dass das Ticket erst ab 14 Uhr gültig ist. Allein in Ittlingen kennt Bettina Djulic noch vier Personen mit dem selben Problem. "Schwarzfahren vermittle ich meiner Tochter nicht", sagt sie noch. Derzeit ist es für die Familie am günstigsten, täglich einen Einzelfahrschein zu kaufen oder die Tochter mit dem Auto nach Reihen zu fahren.
Auf RNZ-Nachfrage teilte der VRN schriftlich mit, dass für den Bereich ab Sinsheim-Reihen, Teil des sogenannten "Überlappungsgebiets", der HNV zuständig sei. VRN-Kunden könnten hier zwar ihre Tickets nutzen. Da das Maxx-Ticket "gegenüber den Ausbildungstarifen in den meisten benachbarten Verbünden preislich deutlich günstiger" sei, gelte die 14-Uhr-Regelung, um "den dort eigentlich geltenden Tarif" nicht zu "unterlaufen". Dies sei ein "Wunsch der benachbarten Verkehrsverbünde".
"Wir hätten sicherlich nichts dagegen, wenn unser Maxx-Ticket vollumfänglich in anderen Verbünden gelten würde oder wir beispielsweise mit un-serem Job-Ticket nach Heilbronn fahren könnten", gibt der VRN an. Hierdurch entstünden jedoch Mindereinnahmen in einem anderen Verbund, für die zunächst eine Lösung gefunden werden müsste.
Angefragt beim HNV gibt Thomas Tiselj Auskunft: "Wir wollen niemandem Geld aus der Tasche ziehen." Die Überlappungsgebiete orientierten sich an Verkehrsströme, die es noch zu Zeiten gab, als keine freie Schulwahl bestand. Somit gab es die Problematik für Schüler damals nicht. Für die Verbünde stelle sich die Frage, wie man abgrenze. Was hält er von einer Sonderregelung für betroffene Zeitkartenbesitzer? Hier müssten dann "Einnahmeausfälle kompensiert werden". Und obwohl er Verständnis für die verzwickte Situation zeigt und "ab und an Anfragen" mit demselben Problem den HNV erreichen, muss er dennoch zugeben: "Ich kann’s momentan nicht ändern." Der nächste Schritt liege beim Land.
Auch Jens-Jochen Rot, dem Vorsitzenden des Sinsheimer "Arbeitskreis Nahverkehr", ist das Problem bekannt. "Verbundgrenzenregelungen sind immer wieder ein Thema im Arbeitskreis", sagt er im Gespräch mit der RNZ. Die Argumente der Verkehrsverbünde sind ihm bekannt: "Es geht um Einnahmenverluste." Dies sei nachvollziehbar, Bewohner der Überlappungsgebiete aber hätten Pech. Auch Altbürgermeister Helmut Beck kämpfe seit Jahren dafür, dass RNV-Zeitkarten bis Heilbronn gelten. "Es ist, wie es ist."
Eine Änderung könnte frühestens 2021 anstehen. Dann sollen im Rahmen des neuen Landestarifs Baden-Württemberg "bwegt", der im Dezember dieses Jahres in Kraft tritt, auch Zeitkarten für den Übergangsverkehr angeboten werden - zu welchen Konditionen, steht noch nicht fest. Markus Kempf von der Nahverkehrsgesellschaft Baden-Württemberg sagt, dass diese Karten dann zumindest "nicht teurer als heute sein sollen". Dies bezieht sich jedoch auf den Preis von Sunshine- und Maxx-Ticket zusammengerechnet. Dass Familie Djulic ihre Tochter nun täglich, quasi parallel zur S-Bahn, nach Reihen fährt, findet er auch unbefriedigend: "So etwas wollen wir eigentlich nicht." Einziger Trost: "In zwei Jahren wird es voraussichtlich besser."
Edgar Neumann, Pressesprecher des Verkehrsministeriums Baden-Württemberg, erklärt auf RNZ-Nachfrage schriftlich: "Der HNV wünscht nicht, dass das Maxx-Ticket des VRN zu viel Gültigkeit in seinem Tarifgebiet erlangt." Das Land bezuschusse Schülerkarten jährlich mit 200 Millionen Euro, dadurch könnten sie zu einem um mindestens 25 Prozent abgesenkten Preis angeboten werden: "Es ist nicht so, dass keine günstige Alternative vorliegt, weil das Land nicht genug Geld in den Verkehr steckt, vielmehr wird der einzig wirtschaftliche Preis, jener der DB, als sehr teuer wahrgenommen, weil das Land und die kommunale Seite bereits sehr viel Geld für günstigere Alternativen zur Verfügung stellen."
Auf die Frage, ob es eine "einfache Lösung" für Betroffene gebe, antwortet er: "Im Einzelnen kann es tatsächlich zu einer individuell ungünstigen Konstellation kommen. Hier stellt sich allerdings dann die Frage, ob nicht auch der Schulwegkostenträger eine Lösung finden kann."
Bis dahin bleibt den Betroffenen wohl nur eines übrig: zwei Mal zu zahlen.