Biberbeauftragter Uwe Genzwürker (r.) und Bauhofleiter Martin Kuhmann (2.v.r) informierten vor Ort über den Biber. Foto: Armin Guzy
Von Armin Guzy und Angela Portner
Eppingen. Es ist ein seit 2019 andauerndes Katz-und-Maus-Spiel, wobei längst nicht klar ist, wer hier Maus und wer Katze ist: der Biber oder der Mensch? Seit sich der streng geschützte Großnager zwischen Eppingen und Adelshofen häuslich, beziehungsweise burglich, eingerichtet hat, halten er und seine Familie das Team vom Bauhof auf Trab – und außerdem Naturschützer, den Biber-Beauftragten des Landkreises, die Landwirte und auch den Gemeinderat. Der Eppinger "Bibersee" hat längst überregional Schlagzeilen produziert und zieht nach wie vor regelmäßig "Biber-Touristen" an. Aber der Nager hat sich mit seiner Bautätigkeit auch den Zorn einiger Landwirte zugezogen: Eine Mühle nahe dem Biberbau ist von Hochwasser bedroht, ein Kontrollschacht der Bodenseewasserversorgung ist vollgelaufen, und Felder stehen unter Wasser – eine Entschädigung für die entgangene Ernte gibt es nicht.
Mitglieder des Gemeinderats, Landwirte und Interessierte haben sich am Dienstag bei einem eiskalt-feuchten Ortstermin ein Bild der Lage verschafft und sich von Uwe Genzwürker, dem Biber-Beauftragten des Landkreises, und von Bauhofleiter Martin Kuhmann in die Materie einführen lassen. Das Ziel: Die Gemeinderäte wollen mit Informationen gewappnet sein, falls der Biber als Thema auf dem Ratstisch aufschlägt.
Dass er das eher früher als später tun wird, steht für die meisten außer Frage. Denn die Landwirte fordern, zunehmend lauter, entweder ein Einschreiten oder eine Entschädigung, während sich der Biber munter weiter ausbreitet – seit einem starken halben Jahr ist er auch nahe der Raußmühle zugange –, und sich die nächste Bibergeneration bald ein eigenes Revier suchen muss.
"Auf dem Gartenschaugelände wollen Sie ihn sicher nicht", schnitt Genzwürker das Worst-Case-Szenario an, und Bauhofleiter Kuhmann berichtete von den nur mäßig erfolgreichen Versuchen, den tierischen Baumeister dauerhaft wasserstandtechnische Grenzen aufzuzeigen. Der Bauhof hat zwar Drainagen in den Biberdamm und den angrenzenden Mühlgraben gelegt, damit das Wasser bei Starkregen abfließen kann und nicht das Mühlengelände überflutet, aber der Biber lässt sich in die Gestaltung seines neu eroberten Lebensraums kaum dauerhaft reinreden und baut die Drainagen wieder zu. "Blöd sind die Tiere nicht", das wissen Kuhmann und sein Team längst. Außerdem: Ärgert ihn der Mensch zu sehr, zieht der Biber weiter, und das Spiel fängt anderswo von vorne an. Und höchstwahrscheinlich würde sich dann außerdem schnell ein Nachfolger finden, der die freigewordenen Burg in Beschlag nimmt: Biber sind erstaunlich mobil und legen weite Strecken zurück.
Vorhersagen lässt sich das Verhalten des "Wasser- und Landschaftsbaumeisters par excellence", als den Genzwürker den Biber anerkennend bezeichnet, ohnehin nicht – dazu ist er in der Region noch zu neu. Zur fehlenden Erfahrung über einen längeren Zeitraum kommt der äußerst strenge Schutzstatus, unter dem das bis zu 30 Kilo schwere Tier steht. Und die zurückliegenden regen- und schneereichen Tage haben das Problem mit dem Biberdamm nicht kleiner werden lassen.
Wiederholt meldete sich beim Ortstermin Landwirt Hans-Jörg Gebhard zu Wort, der schon zuvor mit der RNZ über die Thematik gesprochen hatte. Er sieht "keine wirkliche Vereinbarkeit", weil die Landwirte auf den Schäden sitzen bleiben, die seiner Aussage nach schnell in die zigtausende Euro gehen können, während die Mehrheit der Gesellschaft die ungesteuerte Wiederansiedlung begrüßt, aber nicht dafür bezahlen will. Gebhardt sprach von einer wahren "Fan-Gemeinde" auf der einen Seite, aber auch davon, dass die Besitzer der überschwemmten Felder "quasi enteignet" würden. Für ihn ist die Thematik eine Frage von "Gerechtigkeit und Gleichbehandlung".
Während Grünen-Fraktionschef Peter Wieser die Frage aufwarf, ob "die Anrainer das nicht mal aushalten müssen", befand SPD-Stadtrat Michael Mairhofer, man dürfe die Landwirte nicht allein lassen, brauche dringend ein Konzept und müsse vielleicht auch mal "korrigierend eingreifen". Der Biber sei aber "leider nicht jagbar", äußerte sich Gebhard dazu, und Reinhard Keller, Landwirt und CDU-Stadtrat, sagte: "Mit drei (Bibern) können wir leben, aber sicher nicht mit viel mehr."
"Sie müssen nicht zuschauen", stellte Biberbeauftragter Genzwürker klar. Es gebe auch durchaus die Möglichkeit, dass die Stadt Bibergebiete kauft, als landwirtschaftliche Flächen stilllegt und dafür Ökopunkte sammelt. Diesen Weg beschreitet gerade die Stadt Buchen: Sie möchte eine Wiesen am dortigen Hollersee kaufen, die vom Biber geflutet wurde. Was dagegen im Mannheimer Luisenpark mit Genehmigung der Behörden geschehen ist – dort hat man einen Biber gefangen und umgesiedelt – ist im nicht umzäunten Bereich jedoch nicht erlaubt. Und, auch das stellte Genzwürker klar: Eine "letale Vergrämung", also die Konfliktlösung mit Falle oder Flinte, ist strengstens verboten und in Baden-Württemberg auch noch nicht bekannt.
Für den Gesetzgeber ist der Biber ein "herrenloses Wildtier", daher muss das Land auch nicht für dessen verursachte Schäden haften. Gebhardt verweist in diesem Zusammenhang auf Bayern: Dort hat die Landesregierung einen "Biberfonds" eingerichtet und zuletzt auf 550.000 Euro aufgestockt, um Landwirte zu entschädigen: "Aber Baden-Württemberg macht da nichts.", monierte Gebhardt. Wirkliche Harmonie war nach dem Ortstermin noch nicht spürbar; immerhin wurden Fakten und Positionen benannt und der Wille des Gemeinderats gezeigt, sich des Themas anzunehmen und nach einem Interessenausgleich zu suchen.