Wahlplakate der „Die Partei“ sorgen für Diskussionen. Foto: Falk-Stéphane Dezort
Von F.-S. Dezort und A. Guzy
Bad Rappenau/Eppingen. Der lange dahindümpelnde Wahlkampf nimmt auch in der Region Fahrt auf – mit einigen Diskussionen um echte oder vermeintliche Auswüchse im Schlepptau. Die Aktivitäten der jeweils gegnerischen politischen Lager werden dabei genau beobachtet und mitunter auch mithilfe eines Metermaßes auf Abstand gehalten.
Im öffentlichen Grün ja, an städtischen Gebäuden nein: Wo und wie die Parteien plakatieren, wird von manchen kritisch beäugt. Foto: GuzyIn Eppingen beispielsweise wurde laut Auskunft von Stadtsprecher Sönke Brenner inzwischen nahezu jede Partei von der Stadt aufgefordert, einzelne Plakate um- oder abzuhängen – was dann auch jeweils prompt geschehen sei. Hintergrund sind Meldungen von Bürgern, die beispielsweise darauf achten, dass Plakate nicht direkt an öffentlichen Gebäuden oder gar Wahllokalen hängen und dass der vorgeschriebene Abstand zu diesen Gebäuden eingehalten wird. Auch Plakatgröße und mögliche Sicht- oder Verkehrsbehinderungen werden "schärfstens beäugt", weiß Brenner. Anders als in Heilbronn, wo die Stadt zu früh aufgehängte AfD-Plakate von der Feuerwehr entfernen ließ, hat die Verwaltung in Eppingen jedoch noch nicht selbst Hand an nicht ordnungsgemäß hängende Plakate gelegt. Unbekannte hingegen schon: Der AfD-Stadtverband hat in mehreren Amtsblättern öffentlich moniert, dass einige seiner Plakate zerstört oder überklebt worden seien.
Derweil liegt der Eppinger FDP-Kandidat Georg Heitlinger weiterhin im Clinch mit dem Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz (MLR). So hält er die aktuell laufende Radio-Werbekampagne des MLR, in der Minister Peter Hauk persönlich zu den Bürgern spricht und zum Einkaufen in der Region auffordert, wegen der zeitlichen Nähe zur Wahl für einen Rechtsbruch und hat sich am Dienstag beim MLR beschwert. Eine Antwort lag ihm am Donnerstag weiterhin nicht vor. Nach eigenen Angaben ringt Heitlinger weiter mit sich, Anzeige zu erstatten.
Plakate von "Die Partei" sorgten derweil in einer Bad Rappenauer Nachbarschaftsgruppe im sozialen Netzwerk Facebook für Unmut. In weißen Lettern auf rotem Grund sind beispielsweise Sprüche wie "Hier könnte ein Nazi hängen", "Nazis töten" oder "Kinderarbeit statt Notbetreuung" zu lesen. "An Geschmacklosigkeit nicht zu übertreffen. Wer genehmigt so etwas mitten in Rappenau beziehungsweise generell", kritisierte ein Facebook-Nutzer.
Die Diskussion ging in alle Richtungen. Von "Satire darf alles" bis zu "nicht wählbar" war alles dabei. "Meine Güte, wenn ich diese Kommentare lese, da muss ich mir schon an den Kopf fassen. Das Plakat ist eindeutig zweideutig. Intelligenz ist gefragt. Diese scheint wohl einigen Kommentatoren zu fehlen", schrieb ein weiterer Facebook-Nutzer. "Ich persönlich finde es eher amüsant und somit ist der Sinn des Plakates, Aufmerksamkeit zu erhalten, voll eingetreten. Gerade die, die sich am meisten darüber aufregen, sollten sich die Bedeutung der Wörter Satire oder Sarkasmus bitte nochmals erklären lassen."
Milena Götz, die "Die Partei"-Kandidatin im Wahlkreis Eppingen, kann die Diskussion nicht nachvollziehen. "Wieso sind unsere Plakate Gegenstand von breit angelegten Diskussionen? Wo sich doch die Wohlfühlkampagne von Kretschmann mehr dafür eignen würde?"
Götz verneint, dass man bewusst für Ärger sorgen will. "Unsere Plakate provozieren meist nur die, die es betrifft. Wer sich davon gestört fühlt, dass wir darauf hinweisen, dass Nazis töten, oder dass statt unserem Plakat hier auch ein Plakat von Nazis hängen könnte, der befürwortet leider meist diese Taten oder relativiert sie. Oder kennt die Bedeutung von Satzzeichen nicht."
Bei Facebook wurde auch wiederholt von einem Überschreiten des guten Geschmacks geschrieben. Auch das sieht die "Die Partei"-Kandidatin anders: "Facebook überschreitet durchgehend die Grenze des guten Geschmacks. Wieso ein wütender digitaler Mob, der auf Corona-Tote mit einem Lachen reagiert, jetzt ein Maßstab sein soll, ist mir ein Rätsel. Unsere Plakate zeigen bewusst Probleme auf." Seit der Wiedervereinigung habe es 208 Tötungsdelikte durch Neonazis gegeben. "Wir hatten allein in den vergangenen zwei Jahren mit Halle, Hanau und dem Mord an Walter Lübcke neonazistische Terror- beziehungsweise Mordanschläge", erinnert Götz. Und in Eppingen ist 1996 beispielsweise Werner Weickum, ein damals 44-jähriger Elektriker, ermordet worden.
"Wir weisen genau darauf mit der Aussage ,Nazis töten‘ hin", sagt Götz. Diese Taten würden teilweise nicht anerkannt oder als Verschwörungen abgetan oder eben belächelt werden. "Solange wir mit der AfD Nazis in unseren Parlamenten haben und solange Nazis jahrelang mordend durch das Land ziehen konnten, wie der NSU, werden wir darauf hinweisen und hinweisen und hinweisen."