Von Falk-Stéphane Dezort
Kirchardt-Berwangen. Gemessen an seinen knapp 6000 Einwohnern ist Kirchardt mit 17 aktiven Corona-Fällen (Stand: 22. Oktober, 15 Uhr) Spitzenreiter im Landkreis. Nun gibt es auch am Kindergarten Höhenstraße sowie in der Grundschule im Ortsteil Berwangen jeweils einen Corona-Fall. Zwei Kindergartengruppen mit 41 Kindern und ihre Erzieher sowie eine Schulklasse befinden sich momentan in Quarantäne. Das bestätigt Bürgermeister Gerd Kreiter im Gespräch mit der RNZ.
In einer anonymen E-Mail, die die Redaktion am Freitagmorgen erreichte, war von "chaotischen Zuständen" im Kindergarten zu lesen. So soll ein inzwischen auf das Corona-Virus positiv getestetes Kind die Einrichtung am 14. Oktober das letzte Mal besucht haben. Die Eltern seien jedoch erst am Freitag, 16. Oktober, über den Verdachtsfall informiert worden. Ihnen sei mitgeteilt worden, dass wenn man bis Sonntag nichts mehr höre, alles in Ordnung sei. Das Testergebnis des infizierten Kindes lag allerdings erst am zurückliegenden Dienstag vor, räumt Kreiter ein, der zu den Anschuldigungen aus der E-Mail Stellung bezog.
Zunächst sei das Kind, das sich bei seinem Vater angesteckt hat, letztmals am 13. Oktober in der Einrichtung gewesen. Nachdem der Corona-Fall beim Elternteil bekannt geworden war, habe die Kommune die sofortige Quarantäne und Testung des betroffenen Kindes sowie des Geschwisterkindes, das den Kindergarten "Lug" in Kirchardt besucht, veranlasst. "Das ist das übliche Verfahren, dass wir die Verdachtsfälle aus den Einrichtungen nehmen", erklärt Kreiter. "Wir können aber nicht auf Verdacht die gesamte Einrichtung schließen."
Nachdem am zurückliegenden Dienstag das positive Testergebnis vorlag, wurden zwei Kindergartengruppen samt Erzieher in häusliche Quarantäne geschickt. Am Donnerstag seien die betroffenen Kinder getestet worden, die Ergebnissen lägen aber noch nicht vor, sagt Kreiter. Die altersgemischte Gruppe im Erdgeschoss ist weiterhin in Betrieb, weil sie nicht zu den Kontaktpersonen des Kindes zählt. Das Geschwisterkind wurde negativ getestet.
Der Absender der E-Mail bemängelt auch die Zustände im Bezug auf die Einhaltung der Quarantäne und ist verwundert darüber, wieso manche Familien komplett und manche nur teilweise oder gar nur das Kind unter Quarantäne steht. "Zu jedem Kind muss mindestens ein Elternteil mit in Quarantäne", betont Kreiter. "Wir können die Kinder ja nicht einfach allein zu Hause lassen." Und ob eine Familie komplett oder nur teilweise nicht mehr raus darf, hänge auch damit zusammen, ob die häuslichen Verhältnisse eine Absonderung der betroffenen Personen zulassen. Können das Kind und beispielsweise der Vater getrennt vom Rest der Familie ein Bad und einen Schlafraum nutzen, müsse man nicht alle unter Quarantäne stellen. Diese wird im Übrigen "stichprobenartig vom Ordnungsamt" kontrolliert, sagt der Bürgermeister. Allerdings stießen die Mitarbeiter bei rund 150 Personen, die ihre Wohnungen derzeit nicht verlassen dürfen, an ihre Grenzen. "Das Ordnungsamt läuft auf Kante."
Und auch, dass die Kinder normal mit dem Kindergartenbus aus Bockschaft zu den Einrichtungen gebracht werden und hier eine Vermischung der Kinder stattfindet, sei in Ordnung, betont Kreiter. Denn nur die Personen mit direktem Kontakt müssten in Quarantäne, nicht aber die Kontaktpersonen der Kontaktpersonen.
Generell ist die Corona-Lage in Kirchardt angespannt. "Es ist eine Entwicklung, die wir mit Sorgen beobachten", sagt Kreiter. Denn anders als beim Ausbruch des Virus im Zusammenhang mit einem Gottesdienst in Sinsheim-Steinsfurt im Juli, könne man den Infektionsherd dieses Mal nicht lokalisieren. Die Infizierten stammten aus allen Bevölkerungsschichten jeden Alters. "Es ist ein diffuses Infektionsgeschehen." Daher reagiert die Kommune und schließt ab Dienstag, 27. Oktober, wieder ihr Rathaus für den Publikumsverkehr. Anliegen können dann nur noch nach vorheriger telefonischer Terminvereinbarung oder direkt am Telefon erledigt werden. "Die Einschläge kommen näher", befürchtet Kreiter.
Für die Grundschule ist Anfang kommender Woche eine Abstrichaktion geplant. Ob es dazu kommt, ist fraglich. Denn aufgrund der steigenden Zahlen werden die Kapazitäten eng, sagt Kreiter.
Update: Freitag, 23. Oktober 2020, 14 Uhr
Corona-Lage in Kirchardt wieder entspannt
Kirchardt. (y) Die Corona-Lage in Kirchardt hat sich wieder entspannt. Laut Bürgermeister Gerd Kreiter gab es am Freitag lediglich noch einen aktiven SARS-CoV-2-Fall in der Gemeinde. Für eine weitere Person sei die häusliche Quarantäne festgesetzt worden.
Wie berichtet, waren vor einigen Tagen noch mehr als 100 Einwohner in Quarantäne. Auch durch diese Maßnahme, deren Einhaltung von der Gemeinde durchaus strikt kontrolliert wurde, konnte die Infektionskette offenkundig erfolgreich unterbrochen werden.
Die Gemeinde Kirchardt ist nach einer Reihentestung binnen weniger Stunden zu einem Corona-Hotspot geworden. Bislang ist das Virus bei 18 in Kirchardt lebenden Mitgliedern einer rumänischen Glaubensgemeinde nachgewiesen. Die Gemeinde tut nun alles, um die Ausbreitung zu verhindern. Für 100 Menschen im Ort wurde Quarantäne angeordnet. Symbolfoto: Armin GuzyAb der kommenden Woche wird das Rathaus wieder für die Öffentlichkeit ohne Voranmeldung unter Einhaltung der Hygieneregeln geöffnet, kündigte Kreiter an. Ausgehend von einem Gottesdienst einer Pfingstgemeinde im benachbarten Steinsfurt waren Ende Juli bekanntlich zahlreiche Menschen positiv auf das Virus getestet worden. In der Hochphase waren insgesamt 22 Personen aus Kirchardt infiziert.
Die Kontrollen der häuslichen Quarantäne haben offenbart, dass der ganz überwiegende Teil der Betroffenen Verständnis für die Maßnahmen gezeigt hat und verantwortungsvoll mit der Situation umgegangen ist, resümierte Kreiter. Nur bei zwei Personen mussten dem Bürgermeister zufolge Verstöße gegen die Auflagen geahndet werde.
"Der Aufwand des Gesundheitsamtes und des Ordnungsamtes zur Unterbrechung dieser Infektionskette war enorm", merkte Kreiter an, aber ebenfalls entscheidend für die Bewältigung der Situation sei das Verantwortungsbewusstsein all jener Personen, die sich in häuslicher Quarantäne befanden und mit deutlichen Einschnitten in ihrem privaten Lebensumfeld umgehen mussten.
Die Gemeindeverwaltung bittet darum, die geltenden Hygiene- und Abstandsregeln weiterhin einzuhalten. "Die Pandemie ist noch nicht vorbei. Es hängt vom Verhalten aller ab, wie wir die Ausbreitung des Virus eindämmen können", appellierte Kreiter an die Bürger.
Update: Freitag, 14. August 2020, 19 Uhr
Von Falk-Stéphane Dezort und Armin Guzy
Kirchardt. Nahezu in Nullkommanichts ist die 6000 Einwohner zählende Gemeinde Kirchardt zu einem Corona-Hotspot geworden. Bei einem Massentest im Rahmen des Virusausbruchs in der rumänischen Gemeinde in Steinsfurt wurde am Donnerstag bekannt gegeben, dass 40 Menschen positiv auf das Corona-Virus SARS-CoV-2 getestet wurden. Allein 18 von ihnen kommen aus Kirchardt. "Dies zeigt, dass die Pandemie noch nicht vorbei ist", sagte Bürgermeister Gerd Kreiter im Gespräch mit der RNZ. "Wenn wir nicht aufpassen, werden die Zahlen weiter steigen. Wir dürfen jetzt nicht nachlässig werden", appelliert er. Laut Mitteilung des Landratsamtes sind, Stand Freitag, 17 Uhr, inzwischen insgesamt 28 Positiv-Fälle im Landkreis Heilbronn nachgewiesen, die auf die Testung in Sinsheim zurückgehen.
Der Rathauschef geht davon aus, dass sich die Betroffenen bei einem Gottesdienst in Steinsfurt angesteckt haben. Denn seit dem 14. Juli habe in den Räumlichkeiten in der Kirchardter Waldstraße, die sich die rumänische Gemeinde mit der evangelisch-freikirchlichen Gemeinde teilt, kein rumänischer Gottesdienst mehr stattgefunden. Darüber hinaus sei in Sinsheim auch ein Angehöriger der Glaubensgemeinschaft aus Pforzheim gewesen, da in dessen Landkreis corona-bedingt momentan keine Gottesdienste stattfänden. Zum Übertragungsweg des Virus innerhalb der Gemeinde – also ob es beispielsweise beim Singen oder der Kommunion passiert ist – kann Kreiter nichts sagen.
Wie der Rathauschef bestätigt, gibt es auch eine Verbindung zu dem Corona-Fall an der Eppinger Hellbergschule. Das betroffene Schulkind kommt aus Kirchardt. Und auch das Geschwisterkind, das die Schule in Kirchardt besucht, sei positiv getestet worden. Daraufhin seien am Montag alle Schüler der betroffenen Klasse abgestrichen worden. Dabei wurde klar, dass zwei weitere Schüler infiziert sind.
Auch das Landratsamt Heilbronn bestätigte auf Nachfrage, dass in diesem Zusammenhang ganze Klassen getestet wurden. Angesichts der Zuspitzung in Kirchardt, hat die Kreisbehörde auch das Landesgesundheitsamt um eine Einschätzung und um Unterstützung gebeten. Das Kreisgesundheitsamt fahre "ein dickes Programm", sagte Landkreissprecher Manfred Körner. Wegen der Ermittlungen der Kontaktpersonen fällt das Wochenende für zahlreiche Mitarbeiter dort wohl flach.
Eine Übersetzung der Corona-Verordnung ins Rumänische werde gerade erarbeitet, und Dolmetscher werden organisiert, denn die Sprachbarriere sei durchaus ein Problem. "Was uns höllisch Angst macht", sagte Körner, "ist der Umgang mit negativen Befunden. Das sind Momentaufnahmen – ein paar Stunden später kann der Test schon anders ausfallen", verdeutlichte der Landkreissprecher. Die einzige Chance, die Verbreitung zu verhindern, sei das Abkapseln.
Dabei ist nun auch die Gemeinde Kirchardt stark gefordert. Alle hier positiv getesteten Bürger haben einen rumänischen Migrationshintergrund, erklärte Kreiter. Rund 100 Menschen befänden sich in der Gemeinde momentan in heimischer Quarantäne – bei 37 Grad Celsius Außentemperatur sicherlich alles andere als angenehm. Und weitere werden voraussichtlich Folgen, da noch nicht alle Kontaktpersonen ermittelt sind. Manche hätten schon angerufen und gefragt, ob sie raus dürfen, erzählt Kreiter. "Für Familien ist das ganz schwierig", weiß er.
"Solange sich das Virus in der rumänischen Kirchengemeinde aufhält, haben wir die Hoffnung, dass es nicht unkontrolliert auf die gesamte Gemeinde übergeht", sagte der Rathauschef, der betonte, dass man auch alle Schritte eingeleitet habe, um das Virus aus "den Kindergärten fernzuhalten". Zunächst habe man an die betroffenen Familien appelliert, Geschwisterkinder nicht in die Einrichtungen zu schicken. Diesem Appell seien aber "ein paar wenige" nicht nachgekommen, sodass die Gemeinde daraufhin die Betreuung dieser Kinder untersagt hat. Laut Körner geschah dies auch an Haustüren und in Anwesenheit der Polizei. Auch Kreiter bestätigte am Freitag, dass Mitarbeiter vom Ordnungsamt kontrolliert haben, ob die Quarantäne eingehalten wird.
Der lokale Corona-Ausbruch kommt auch für Rathauschef Kreiter überraschend. Bislang lag die Anzahl der Infizierten während der Krise immer unter dem Landesdurchschnitt. "Wir hätten das lieber anders gehabt", sagt Kreiter. Dennoch befinde man sich nun im engen Austausch mit dem Gesundheitsamt, welche Maßnahmen zur Eindämmung getroffen werden könnten.
Als eine erste Vorsichtsmaßnahme hat die Gemeinde am Freitag das Rathaus wieder für den Publikumsverkehr geschlossen. Angelegenheiten im Rathaus können nur noch mit vorheriger telefonischer Anmeldung unter 07266 / 2080 wahrgenommen werden. "Vieles geht auch von zu Hause aus", sagt Kreiter.
Info: Laut Landratsamt wurden, Stand Freitagmittag, fünf neue Positiv-Fälle registriert. In einem der Fälle bestehe ein Zusammenhang mit den Testungen in Sinsheim. Diese Person lebt aber nicht in Kirchardt, sondern in einer anderen Gemeinde im Landkreis Heilbronn, in der bislang nur sechs Fälle insgesamt bekannt waren. Den Namen der Gemeinde wollte das Landratsamt nicht nennen. In den anderen vier neu hinzugekommenen Positiv-Fällen werden nun die Kontaktpersonen ermittelt.