Zahlreiche Mehrzweckhallen in den Kraichgau-Gemeinden, wie hier die Neidensteiner Von-Venningen-Halle, werden in den kommenden Wochen zum Ad-hoc-Impfzentrum für die örtlichen Senioren über 80 Jahre. Foto: Berthold Jürriens
Von Berthold Jürriens
Kraichgau. Warum kompliziert, wenn’s auch einfach geht? So oder ähnlich halten es künftig mehrere Kraichgau-Gemeinden: Mobile Impfteams sollen über 80-Jährige quasi vor der Haustür impfen, etwa in den Mehrzweckhallen der Orte. Damit erhofft man sich, dass das aufwendige Buchungsverfahren und die Fahrten ins Impfzentrum wegfallen. Nicht alle, aber viele Gemeinden planen in Zusammenarbeit mit dem Landratsamt solche Mini-Impfzentren für Ältere.
Ermöglicht wird die Planung durch den Umstand, dass Mobile Impfteams inzwischen in fast allen Pflegeheimen des Rhein-Neckar-Kreises schon aktiv waren. In Gemeinden, in denen Ressourcen für ein temporäres kommunales Impfzentrum zur Verfügung stehen, wurden alle Einwohner dieser Altersklasse nun per Post informiert. Kein "virtueller Warteraum" für den Impftermin ist hierdurch mehr notwendig, in dem ältere Menschen oft Wochen und Monate erfolglos auf ihren Termin warteten – wenn sie überhaupt imstande sind, das Internet zu bedienen. Jetzt hingegen soll alles aus einer Hand und auch noch aus dem eigenen Rathaus kommen.
"Durch die Hilfe von vielen privaten Helfern" hätten in seinem Ort Angelbachtal "schon viele Impftermine ausgemacht" werden können, schreibt beispielsweise Angelbachtals Bürgermeister Frank Werner im Ortsblatt. Im Lauf der Woche will er die Zielgruppe anschreiben und den Bedarf prüfen, dann möglicherweise in der Sonnenberghalle am 7. April und 12. Mai Erst- und Zweitimpfung anbieten. Verabreicht werden soll laut Werner der Impfstoff von "Biontech" oder "Moderna".
Auch Neidenstein, Neckarbischofsheim, Helmstadt-Bargen und Reichartshausen haben sich für das Modell entschieden. Während man sich im Epfenbacher Rathaus am Freitag noch unschlüssig war und Angelbachtal für einen gemeinsamen Impftermin im Ortsblättchen warb, hat die Verwaltung in Waibstadt entschieden, keine eigenen Strukturen aufzubauen: Der von höherer Stelle vorgegebenen Impftermin war Bürgermeister Joachim Locher einerseits "zu kurzfristig, um den materiellen und personellen Aufwand für wahrscheinlich nur noch wenige Nicht-Geimpfte zu stemmen". Gleichzeitig liege Waibstadt "auch nur wenige Kilometer vom Sinsheimer Impfzentrum entfernt", erläuterte Locher. Laut seinen Informationen seien bereits viele der über 80-Jährigen geimpft, und in Kürze würden ja auch Hausarztpraxen die Impfkampagne unterstützen.
In Helmstadt-Bargen wird am 24. März in der Schwarzbachhalle geimpft. Dort wird, wie auch bei den Terminen in Neidenstein und Reichartshausen, der Impfstoff von Moderna verabreicht. Das "Biontech"-Vakzin gibt es bei dem Impftermin am 8. April in der Neckarbischofsheimer Zehntscheune für die über 80-jährige Einwohnerschaft. "Die Anfrage kam vom Landratsamt", erzählt Helmstadt-Bargens Bürgermeister Wolfgang Jürriens, der froh ist, dass "wir zusagen konnten und nun ein Impfangebot direkt vor Ort machen können." Verantwortlich für die Organisation und Logistik ist Hauptamtsleiter Joachim Weschbach: "Wir haben sofort Bereitschaft signalisiert, dass wir bei der wichtigen Impfung unterstützen wollen", sagt er.
Der Ablauf ist überall identisch: Ein mobiles Impfteam aus Ärzten und medizinischem Fachpersonal ist für die Impfung vor Ort verantwortlich. 140 Impfungen sollen an einem Tag möglich sein, heißt es im Landratsamt. Zuvor haben die Kommunen die über 80-Jährigen kontaktiert, die sich nun, wenn sie noch keinen Termin haben und noch nicht geimpft sind, verbindlich anmelden können. Laut Hinweis im "Handlungsleitfaden zur aufsuchenden Covid-19-Impfung durch Mobile Impfteams (MIT) in Kommunen" können sich auch Bürger dieser Altersgruppe melden, die bereits einen Termin in einem Kreisimpfzentrum haben, aber auf einer Warteliste stehen. Mit der Bestätigung der Impfanmeldung zum Vor-Ort-Termin seien Personen, "die bereits einen Termin in einem Impfzentrum vereinbart haben, dazu anzuhalten, diesen zeitnah abzusagen", heißt es in dem Leitfaden.
Die Uhrzeiten der Impfung werden in den Gemeindeverwaltungen festgelegt und den Impfwilligen in einem weiteren Schreiben mitgeteilt. Die Bürgerinnen und Bürger jedoch, die ihre erste Impfung bereits in einem Impfzentrum erhalten haben, müssen dort auch zwingend ihren Zweittermin wahrnehmen.
Die Koordination sowie der Aufbau der Infrastruktur obliegen der Gemeinde. Mit Trennwänden werden die entsprechend benötigten Bereiche, wie zum Beispiel ein Anmelde- und Dokumentationsbereich, in den Gebäuden geschaffen. Das zusätzliche Personal wird von den Kommunen gestellt.
In Neidenstein haben Brigitte Streib und Regina Triller die Organisation übernommen: "Einige Bürger haben zu uns gesagt: Das wird auch mal Zeit", berichten die beiden. "Dabei können wir nur auf die politischen Entscheidungen reagieren und nicht selbst tätig werden." Es habe aber auch zahlreiche positive Rückmeldungen und bereits Anmeldungen von einigen der 116 über 80-Jährigen aus dem Burgdorf gegeben.
Ein ähnliches Bild zeichnet Bürgermeister Gunter Jungmann in Reichartshausen. Er freut sich, dass das Angebot für die 125 betreffenden Personen seiner Gemeinde zur Verfügung steht. Er glaubt, dass von diesen Personen "sicher auch viele schon geimpft sind". Das Rathaus als "vertrauensvoller Ansprechpartner beim Impfen" scheint auch in Neckarbischofsheim bei Hauptamtsleiterin Mareike Guschl positiv anzukommen: Dort wurden die 240 Impfangebote bereits gemacht: "Wir sind gerade mitten in den Planungen, auch weil wir mit dem 8. April etwas später dran sind." Auch Guschl berichtet von positiven Rückmeldungen, darunter von bereits geimpften Bürgern, die die Kommune für die Aktion lobten.
Wichtig sei in allen Ortschaften, dass die Rückmeldungen zeitnah eingehen, damit sich sowohl das Mobile Impfteam als auch die Verwaltung auf die Anzahl der zu impfenden Personen vorbereiten kann. Bei Fragen stehen die jeweiligen Rathäuser zur Verfügung.
> Folgende Impftermine waren bis Redaktionsschluss geplant:
Angelbachtal: Erstimpfung am 7. April; Zweitimpfung am 12. Mai; Ort: Sonnenberghalle.
Helmstadt-Bargen: Erstimpfung am 24. März; Zweitimpfung am 28. April; Ort: Schwarzbachhalle.
Reichartshausen: Erstimpfung am 27. März; Zweitimpfung am 1. Mai; Ort: Mehrzweckhalle.
Neidenstein: Erstimpfung am 28. März; Zweitimpfung am 2. Mai; Ort: Von-Venningen-Halle.
Neckarbischofsheim: Erstimpfung am 8. April; Zweitimpfung am 11. Mai; Ort: Zehntscheune.
Ob Termine in Epfenbach und Zuzenhausen zustande kommen, wird noch bekannt gegeben.