Großer Andrang herrschte beim Buga-Ausverkauf. Tausende wollten einen Monat nach dem Finale der Großveranstaltung ein nützliches, manche lieber ein emotionales Erinnerungsstück ergattern. Foto: Hans Georg Frank
Von Hans Georg Frank
Heilbronn. 20 Minuten vor dem geplanten Start kapitulieren die Torwächter. "Wir mussten öffnen, der Druck war zu stark", sagt Oliver Toellner, einer der Organisatoren des Ausverkaufs bei der Bundesgartenschau in Heilbronn. Tausende wollen einen Monat nach dem Finale ein nützliches, manche lieber ein emotionales Erinnerungsstück an das "Sommermärchen" ergattern.
Andrea Seeger ist glücklich. Sie hat ein Paar jener bunten Stühle greifen können, die sie bereits während der Buga ausgesucht hatte. "Während der Wassershows bin ich schon Probe gesessen", erinnert sie sich sichtlich gerne. Die schicke Sitzgelegenheit kostet 70 Euro. "Im Laden werden dafür 129 Euro verlangt", glaubt eine aufgeregte Frau zu wissen. Doch sie irrt, der reguläre Preis liegt bei 225 Euro. Entsprechend begehrt sind die stapelbaren Kultstühle der Marke Fermob, die Weitgereiste aus dem Jardin du Luxembourg in Paris kennen. Wer leer ausgeht, schimpft über unverschämte Zeitgenossen, die mehr mitnehmen als sie eigentlich tragen dürfen. Die Begrenzung auf die "haushaltsübliche Menge" von vier Exemplaren wird ignoriert.
Die Schnäppchenjäger machen bei jedem Schritt im Freien und in einer Halle ordentlich Beute für Garten, Haushalt, Hobby. Sie müssen sich orientieren in einem Sammelsurium vom winzigen Teelicht bis zum bienenfreundlichen Tausendblütenstrauch. Werkzeug, Kabel, Lampen, Geschirr, Regencapes, Straßenkreide, Pflanzkübel mit und ohne Inhalt, Biertische, Kühlschränke, Stehlampen, Soft-Shell-Jacken mit Logo, Bänke, Spiegel, Regale, Hochdruckreiniger, Rettungsringe, Wäscheständer, Büromaterial – beherztes Zugreifen lohnt sich, auf Preisvergleiche sollte gleichwohl nicht verzichtet werden.
Birgit Glassl findet Gefallen an zwei großen Buga-Fahnen: "Die drapiere ich irgendwie im Garten." Begehrt sind auch zaunbreite "Herzlich willkommen"-Banner, die als Sichtschutz zum Nachbarn taugen. "Aktionstag Neckar" steht auf dem Schild, das sich Axel Schneider unter den Arm klemmt. "Das finde ich ganz witzig, ich werde es wohl in den Flur hängen", begründet er den Kauf für drei Euro.
Für ihren privaten Park haben Heike Hackert und Jens Hausmann zwei XXL-Sitzsäcke ausgesucht. Dass diese ziemlich verdreckt sind, stört nicht, "die lassen sich einfach reinigen". Während der Buga hat sich das Paar nie auf diesen bequemen Ungetümen entspannt, "jetzt machen wir das daheim". Wer mit einem Strandkorb liebäugelte, wird enttäuscht. Diese Urlaubsmöbel gehören den Gastronomen und sind längst in Sicherheit.
Tausende Pflanzen finden innerhalb kurzer Zeit neue Besitzer. Für zehn Euro werden florale Wundertüten gekauft, ohne genau zu wissen, was drin ist. "Absolute Schnäppchen sind fünf Rosen für zehn Euro", verrät Lydia Frotscher, Gartenbautechnikerin, "normalerweise kostet eine Rose acht Euro." Für eine fünf Meter hohe Schwarzkiefer fließen 1000 Euro in die Buga-Kasse. Die drei Meter hohen Olivenbäume in pinkfarbenen Übertöpfen gefallen Christina Eichbauer so gut, dass sie sich für zwei entscheidet, Stückpreis 300 Euro. Irena Prokop lässt sich eine 20 Jahre alte koreanische Flachtanne auf den Hänger laden und strahlt: "Im Handel würde ich dafür 500 Euro zahlen oder mehr." Auf der Buga-Restrampe genügten 250 Euro für den Mega-Bonsai.
Weniger gefragt sind die letzten Kunststoffkolosse namens Karl, Maskottchen des Sommermärchens. Doch Ladenhüter wird es nicht geben, deutet Oliver Toellner an: "Was wir nicht verkaufen, stellen wir bei Ebay ein." Bei der Internet-Auktion gab es kürzlich den Zuschlag für einen Karl erst bei 2820 Euro. Ein Modell, das mit Seidenblumen bestückt ist, soll 2000 Euro einbringen. "Davor haben viele Leute ihre Selfies gemacht", hat Christine Renner beobachtet. Sie ist als Prokuristin für die Finanzen verantwortlich – und ganz zufrieden mit dem Ergebnis. "Es ist überraschend viel verkauft worden", wird sie am Abend melden, "die Einnahmen liegen knapp über 50.000 Euro."