Mehrfach rückte die Polizei mit mehreren Einsatzfahrzeugen aus, weil es zu gewaltsamen Konflikten gekommen war. Am Wochenende kam es zu Prügeleien in der Wilhelm-, Neuland- und Lilienthalstraße. Archiv-Foto: Christian Beck
Von Christian Beck
Sinsheim. "Für die Polizei war die Nacht eine Herausforderung", räumt Polizeisprecher Norbert Schätzle ein. Gemeint sind die drei gewaltsamen Auseinandersetzungen am späten Samstagabend und am frühen Sonntagmorgen, bei denen mehrere Personen verletzt wurden. Bis zu sieben Streifenwagen waren dabei im Einsatz, berichtet Schätzle. "Was ist hier los?", fragte daraufhin ein RNZ-Leser. Häufen sich Schlägereien in der Stadt?
Die Meinungen hierzu gehen auseinander. Oberbürgermeister Jörg Albrecht findet: "Seit Corona ist es schlimmer geworden." Bei der Polizei ist man anderer Meinung: "Einen Schwerpunkt sehen wir nicht", sagt Martin Hauser, Leiter des Ermittlungsdienstes am Polizeirevier Sinsheim. Und Schätzle erklärt: "Das flammt immer mal wieder auf, dann ist es wieder ruhiger."
Er verweist auf das Bahnhofsviertel, in dem es diesen Sommer immer wieder zu Auseinandersetzungen gekommen ist, es zuletzt aber zu weniger Konflikten kam. Was die Ereignisse vom Wochenende anbelangt, handele es sich wahrscheinlich um "drei unterschiedliche Komplexe", sprich: Die Taten haben, so vermutet der Polizeisprecher, nichts miteinander zu tun.
Eine Gemeinsamkeit haben sie doch: Sowohl beim Streit beim "Westpoint" in der Neulandstraße als auch beim Streit auf dem Parkplatz in der Lilienthalstraße haben Gruppen aus einem Kulturkreis ihre Differenzen untereinander geklärt. Beides Mal hatten die Beteiligten einen Migrationshintergrund, allerdings nicht den gleichen. Vor diesem Hintergrund betont Hauser: "Die Angst, dass Personen nicht mehr nach Sinsheim gehen wollen, ist unbegründet. Es sind eher Gruppen, die miteinander ein Problem haben." Und dies würde dann auch untereinander geklärt.
So trug es sich diesen Sommer auch schon in der Bahnhofstraße zu: Als Polizisten bei einer gewaltsamen Auseinandersetzung zwischen zwei jungen Männern eingriffen, betonten diese, dass es sich um eine Familienstreitigkeit handele, aus der sich die Polizei heraushalten solle. Diese Beobachtung hat auch Albrecht gemacht: Dass Gruppen mit Migrationshintergrund auch familiäre Zwistigkeiten untereinander klären, teils mit Gewalt, "ist kein Geheimnis mehr". Und teilweise geschehe dies so, dass es die Ordnungshüter kaum mitbekommen.
Werden sie gerufen, hat sich die Lage häufig beruhigt, wenn sie eintreffen. Und die Beteiligten der Auseinandersetzungen kennen sich angeblich nicht und wollen wenig bis gar nichts dazu sagen. Dass die Polizei die Ereignisse im "Westpoint" verstärkt in den Blick genommen hat, fußt auch auf der Tatsache, dass ein Beteiligter dort schwer im Gesicht verletzt wurde und bei den Ordnungshütern Anzeige erstattet hat.
Gehe es um Aufklärung und Prävention spielten auch das Personal und die Aufgaben, die es erledigen soll, eine Rolle. Laut Hauser komme die Polizei "an die Grenzen der Kapazität", denn es gebe viele Aufgaben, die aufgrund von Kontrollen und Demonstrationen in Corona-Zeiten noch zugenommen haben. Demnächst komme auch der Bereich Bundesliga-Fußball wieder hinzu.
Vor diesem Hintergrund versuche man, das Personal so effektiv wie möglich einzusetzen und die Polizisten auf Streife zu schicken, sodass diese Präsenz zeigen können. Unterstützung erfahre das Revier außerdem zweimal pro Woche von der Bereitschaftspolizei. Nachts sind laut Schätzle im Regelfall zwei Streifen im Einsatz. Allerdings könnten bei Bedarf Kollegen aus Wiesloch oder Neckargemünd hinzubeordert werden. Das sei auch am Wochenende so geschehen.
Doch gibt es eine Möglichkeit, diese Konflikte von vornherein zu verhindern? "Das ist die spannende Frage", sagt Albrecht dazu. Die Patentlösung hat er nicht, trotz vielfältiger Bemühungen wie beispielsweise dem Einsatz von Integrationsmanagern, sei es "unheimlich schwer", hier eine Lösung zu finden. Er spricht von "einer Gesamtentwicklung in allen Bereichen, die mir Sorgen bereitet". Die Ereignisse vom Wochenende möchte der OB nun "erneut im Krisenstab thematisieren" und weiterhin an dem Thema dranbleiben.