Von Roland Wolf
Eschelbronn. Es gehört zum Eschelbronner Ortsbild wie der Kirchturm oder der Kallenberg – das Pappelwäldchen am Ortsausgang in Richtung Neidenstein. Jeder kennt die Bäume. Sofort wird ihr Anblick – auch von Personen, die hier nur im Auto vorbeikommen – mit dem Schreinerdorf verknüpft. Doch dieses Wäldchen gehört bald der Vergangenheit an, denn aufgrund der sehr schlechten Verfassung des Baumbestands wird die rund 45 Ar große Fläche momentan vollständig gerodet.
Der Flecken war einmal eine Wiese, die vor ungefähr 70 Jahren mit den Pappeln bepflanzt wurde. Abnehmer des Holzes war unter anderem die Meckesheimer Zündholzfabrik, und auch für die Furnierproduktion fand es gute Verwendung. Der Heimat- und Verkehrsverein errichtete dort eine Ruhebank mit Tisch, und für viele durchreisende Geschäftsleute oder Handwerker war das schattige Plätzchen immer wieder ein willkommener Ort für ein Nickerchen in der Mittagspause. Vor 50 Jahren gelangte das Pappelwäldchen sogar in die Schlagzeilen, als dort eine Kinderleiche gefunden wurde. Über die näheren Umstände war damals nichts genaueres zu erfahren – bis heute ist die Geschichte rätselhaft. Der letzte Eschelbronner Besitzer des Wäldchens war Wolfgang Streib: Er verkaufte den Wald vor einigen Jahren an Hartmut Grab aus Neidenstein. Dieser kommt jetzt nicht umhin, die Bäume zu fällen.
Das Straßenbauamt machte offenbar schon seit längerer Zeit Druck, hier etwas zu unternehmen. Denn es sah ein immer größer werdendes Risiko für die Verkehrsteilnehmer auf der angrenzenden Landesstraße. Forstrevierleiter Tobias Dörre bestätigt, dass die Pappeln ihr physiologisches Alter schon lange erreicht haben und dass die Fällungen nun absolut sinnvoll seien. Die Pappel ist bereits nach 30 bis 50 Jahren ausgereift. Der Forstwirt unterstützt den Waldbesitzer nun bei der Vermarktung des noch brauchbaren Holzes.
Bei der Rodung wurde der Wald von innen heraus entkernt, in der Mitte standen die Bäume, die am leichtesten zu fällen waren. "Die fielen fast schon von alleine um", sagt Grab.
Dörre will die Fläche nach der Rodung mit der Schwarznuss, einem Baum, der schnell und gut wächst, wieder aufforsten. Ungefähr 500 Bäume sollen dann dort einmal stehen, berichtet er. Das Schwarznussholz ist sehr haltbar, leicht zu bearbeiten und wird im Möbelbau, Innenausbau und auch als Furnier gern verwendet. Auch zum Schnitzen und Drechseln ist es gut geeignet. Ein Holz, das für das Schreinerdorf wie geschaffen scheint.
Aber auch anderweitig war das Terrain schon auf Interesse gestoßen, als eine große Lebensmittelkette mit dem Gedanken spielte, dort einen Einkaufsmarkt zu errichten. Zuvor hatten Projektentwickler ein Auge auf das frei gewordene Gelände einer ehemaligen Gärtnerei in der Eschelbronner Industriestraße geworfen, aber das Vorhaben scheiterte am Widerstand eines angrenzenden Betriebs, dessen Fläche noch zusätzlich für den Markt erforderlich gewesen wäre. Durchaus lukrativ wäre ein Markt am Standort zwischen Waibstadt und Meckesheim, da sind sich die Fachleute aus der Lebensmittelbranche sicher. Und so gab es auch Gespräche mit Waldbesitzern und Gemeinden, aber momentan liegen auch diese Ideen auf Eis oder sind ganz begraben. "Nur bei einer interkommunalen Zusammenarbeit zwischen Eschelbronn und Neidenstein wären die Pläne zu realisieren", hört man aus dem Rathaus. Aber die Absicht, sein Wäldchen zu verkaufen, hatte Hartmut Grab eigentlich nie. Sein Interesse am Wald war schon immer vorhanden, sagt er. Und da er am Neidensteiner Ortsrand in Richtung Eschelbronn wohnt, hat er es nicht weit dorthin und kann die Entwicklung seines neuen Walds ständig beobachten.
"Wald bleibt Wald" heißt es auch in der Forstwirtschaft im Sinne einer nachhaltigen Bewirtschaftung. Aber im Fall des Pappelwäldchens handelt es sich um eine Grauzone, sagt Revierleiter Dörre, denn es ist nicht Teil eines größeren zusammenhängenden Waldbestands.