Von Roland Wolf
Eschelbronn. Die viertägige Schreinerkerwe hat mit einem prallen Programm auch in diesem Jahr wieder einiges zu bieten. Der Startschuss fällt am morgigen Freitag um 19 Uhr auf dem Marktplatz, wenn das Fass Bier angestochen wird. Musikverein und Gesangverein umrahmen die Eröffnung, und für das leibliche Wohl sorgen Tennisclub und Turnverein. Live-Musik gibt es von den "Lehmann-Brothers".
Der Kerwesamstag beginnt mit einem Weißwurstfrühstück der "Bierstandbrigade" ab 11 Uhr. Die "Floriansstube" der Feuerwehr öffnet um 16 Uhr ihre Pforten, außerdem werden Neuanschaffungen vorgestellt. Am Abend unterhält musikalisch die Trachtenkapelle aus Mückenloch.
Mit einem bayrischen Frühstück startet um 11 Uhr der Heimat- und Verkehrsverein zusammen mit dem Musikverein beim Museum in den Sonntag. Am Nachmittag wird der Luftballonwettbewerb veranstaltet. Drechsler, Schmied, Imker und Streuobstexperte geben sich im Schulhof ein Stelldichein. Der Gesangverein "Lyra" schlägt beim Autohaus Stier seine Zelte auf. Beim "Sellemols-Cafe" bei der Firma Amend wird um 15 Uhr und 16.30 Uhr die "Mundart im Holzlager" geboten. Beim Fußballclub auf dem Kallenberg steigt um 16.30 Uhr das Derby gegen den SV Daisbach. Im Ortskern reiht sich ab 11 Uhr beim "Kerwe-Flohmarkt" Tisch an Tisch; und auch die Möbelhäuser sind Samstag und Sonntag von 11 Uhr bis 17 Uhr geöffnet. Den Kerweausklang gestaltet am Montag ab 10.30 Uhr der Turnverein im TV-Heim mit dem Frühschoppen. Gerd Landes wird hier mit seiner Musik noch einmal für richtige Kerwestimmung sorgen.
Das Mittelalter hält Einzug, wenn auf dem alten Schulgelände die "Freien Badener" ihre Zeltstadt aufbauen. Sie ist Teil des Programms, das vom Heimat- und Verkehrsverein zusammen mit dem Musikverein anlässlich der Schreinerkerwe auf die Beine gestellt wurde. Bereits am Freitag wird es lebhaft auf der ansonsten ruhigen Wiese neben dem Schreiner- und Heimatmuseum. Dann rücken Christian und Gabi Selg mit ihren Freunden an, die aus ganz Baden-Württemberg kommen, und drehen dabei das Rad der Geschichte um einige Jahrhunderte zurück.
Sie wollen die Zeit des "düsteren Mittelalters" so authentisch wie möglich darstellen und ins rechte Licht rücken. "Denn so düster war diese Zeit gar nicht", sagt Christian Selg, der sich zusammen mit seiner Frau Gabi seit elf Jahren intensiv mit dem Mittelalter beschäftigt. Beide sind der Meinung, dass sich viele ein komplett falsches Bild vom Mittelalter machen, denn sie haben zu diesem Thema jede Menge Literatur "verschlungen".
Auf verschiedenen Märkten sind die "Freien Badener" jedes Jahr vertreten, aber in ihrem Heimatort sind sie jetzt zum ersten Mal - darauf freuen sich die Selgs ganz besonders.
Mit ihren Freunden haben sie im Lauf der Zeit ein gewaltiges Sammelsurium an Gerätschaften angeschafft und selbst zusammengebaut. Christian Selg ist selbstständiger Restaurations- und Stuckateurmeister, und mit seinem Firmenlaster transportiert er alles, was zur mittelalterlichen Zeltstadt gehört, von Ort zu Ort. Einen satten fünfstelligen Betrag haben sie seitdem in ihr Hobby investiert, dem sie mit Lust und Leidenschaft nachgehen.
Acht Zelte werden aufgebaut, und die Feuerstelle, wo die Flammen am Samstag und Sonntag ununterbrochen lodern werden, ist zentrale Anlaufstelle der mittelalterlichen Familie. Dort wird gekocht, wie es zur damaligen Zeit üblich war - allerdings nur für die Zeltstadtbewohner und nicht für die Kerwebesucher. Auch die Kleidung hat man selbst genäht, in der die Ritter, Knappen, Mägde, Knechte und Pagen das mittelalterliche Lagerleben vorstellen.
Ein Tribock darf auf dem Gelände nicht fehlen: Dabei handelt es sich um ein großes Katapult, mit dem man massive Steinblöcke aus sicherer Entfernung auf feindliche Burgmauern schleudern konnte. Da es sehr schwierig war, dieses Gerät zu transportieren, wurde es erst vor der belagerten Burg zusammengebaut und einsatzbereit gemacht. In allen kriegerischen Auseinandersetzungen war der Tribock üblich, später wurde er von den Kanonen abgelöst. Spannend werden auch die Schwertkämpfe sein, mit denen die "Freien Badener" die Besucher unterhalten.
Christian und Gabi Selg betonen, dass derartige Aktivitäten nur durch großen Zusammenhalt in der Gruppe möglich seien. So habe sich über die Jahre eine Truppe zusammengeschweißt, die mit viel Spaß und ohne finanzielles Interesse ihrem zeitaufwendigen Hobby frönt.
Und auch der Nachwuchs steht schon in den Startlöchern: Der zehnjährig Sohn des Ehepaares, Aramis, ist stets dabei und will später in die Fußstapfen seiner Eltern treten. Zu besichtigen ist das Zeltlager durchgehend am Kerwesamstag und Kerwesonntag.