Von Falk-Stéphane Dezort
Siegelsbach. Sich einfach in sein Auto setzen, dahin fahren, wo es einem gefällt, und immer einen kuscheligen Schlafplatz mit an Bord haben: Urlaube mit einem Wohnwagen haben unbestritten einen besonderen Reiz, entdeckt man auf diese Art auch viele imposante Orte fernab der Tourismus-Hochburgen und Hotelanlagen. Doch in einem solchen Haus auf Rädern kommt man als Mann mit 1,96 Meter Körpergröße schnell mal an seine Grenzen. Wohl dem, der dann wie Janosch Zepek über den Komfort eines Wohnbusses verfügt.
In einer Scheune in der 1700-Einwohner-Gemeinde bastelt der 28-Jährige zusammen mit seiner Freundin, seiner Familie und den engsten Freunden an seinem großen Traum. Aus einem ausrangierten Reisebus entsteht in mühevoller Handarbeit ein gemütlicher Wohnbus, mit allem, was man für eine entspannte Auszeit vom Alltag benötigt.
Denn die neue Ausstattung des zwölf Meter langen und 18 Tonnen schweren Wohnbusses kann sich durchaus sehen lassen. So hat Zepek neben einer Kochnische, einem Loungebereich mit ausfahrbarem Fernseher, zahlreichen Schränken für ausreichend Stauraum sowie einem gemütlichen Schlafbereich samt Sternenhimmel auch eine komplette, abgetrennte Nasszelle mit wassergespülter Toilette, Dusche und Waschbecken eingebaut. Den dafür benötigten 250 Liter großen Frischwasser- sowie 350 Liter großen Abwassertank hat der Hobbybastler platzsparend in den Gepäckablagen des Reisebusses installiert. "So ist man noch flexibler und kann irgendwo auch unabhängig von der dortigen Infrastruktur stehen", erklärt Zepek. Auch eine Klimaanlage sowie blickdichte und lichtundurchlässige Vorhänge, die seine Oma angefertigt hat, werden den Bus noch verfeinern. Für die Nasszelle müssen noch die Rohre verlegt und die Tanks angepasst werden.
Doch inzwischen drängt dem 28-Jährigen ein wenig die Zeit. Denn am 24. Juli will er zusammen mit seiner Partnerin und zwei weiteren Freunden zu einer Jungfernfahrt mit dem Bus nach Kroatien in den Urlaub aufbrechen. "Es wird ein knapper Endspurt", meint Zepek. "Wir arbeiten mit Hochdruck und machen ja auch schon Abstriche." Damit meint der 28-Jährige, dass er vorerst auf die geplante Dachterrasse verzichtet und diese nachträglich im Winter fertig baut. Am wichtigsten sei es jetzt, das Grundgerüst fertigzustellen und den Bus durch den TÜV zu bekommen sowie von einem Omnibus auf einen Wohnbus umschreiben zu lassen. "Die Optik ist dann erst einmal nebensächlich", sagt er. Immerhin: Der Bus war bereits beim Lackierer und kommt nun in einem schlichten Grau daher. Zudem will der gelernte Grafikdesigner sein Gefährt noch mit einem orangenfarbenen Logo samt Schriftzug veredeln.
Dem gebürtigen Siegelsbacher wurde das Campen regelrecht in die Wiege gelegt. Regelmäßig habe er mit seiner Familie die Urlaube auf Camping-Plätzen verbracht. "Es ist einfach ungezwungener", sagt er. Er habe schon einige Wohnmobile ausprobiert, doch da sie am Fließband gefertigt werden, waren alle zu klein. Daraufhin habe er sich Anfang 2019 Gedanken gemacht, wie er das Problem lösen kann. Nachdem er seinen Lkw-Führerschein bestanden hatte, kam ihm die Idee mit dem Bus. "Dann ging die Sucherei los", erinnert sich Zepek. Fündig wurde er letztendlich bei einem Händler in Crailsheim.
Als er den 20 Jahre alten Mercedes Setra mit bisher 562.000 gefahrenen Kilometern dann schließlich sein Eigen nennen konnte, ging es für Zepek ab September 2019 ans Eingemachte. Zunächst wurden bis auf fünf alle der 51 vorhandenen Sitze entfernt und der Bus entkernt. Es wurden Leitungen und "einige Kilometer" Kabel verlegt, Fugen verfugt und 150 LED-Lampen für den Sternenhimmel verarbeitet, lackiert, tapeziert und vieles mehr.
Ideen für die Ausstattung hat er sich auch auf der CMT-Messe in Stuttgart geholt. Der Trend aus den USA, ausrangierte Busse umzubauen, schwappe immer mehr nach Europa. "Wir wollen den Trend selbst verwirklichen und den Bus nach unseren Vorstellungen gestalten", sagt Zepek. "Wir haben massig Platz." Rund 16 bis 17 Quadratmeter Wohnfläche bietet der Bus.
Man brauche ein wenig handwerkliches Geschick, und dann sei das auch machbar, sagt der Hobbycamper. Für vieles hole sich der Gerätewart bei der Freiwilligen Feuerwehr in Siegelsbach Hilfe von Freunden und Kameraden oder schaue "YouTube"-Videos. Was sein Hobbyprojekt, in das der 28-Jährige, der jeden Tag in der Scheune ist, "locker schon" eine vierstellige Anzahl an Arbeitsstunden investiert hat, kostet, wollte er aber nicht verraten. Nur so viel: "Es ist deutlich günstiger als ein Wohnmobil."
Wer den Fortschritt des Busses weiter verfolgen will, der kann dies beim sozialen Netzwerk "Instagram" tun. Denn dort hat der Bus, den Harry-Potter-Fan Zepek auf den Namen "Patronus" getauft hat, ein eigenes Profil. Wenn das Projekt beendet ist, will Zepek seine "Follower" mit Bildern von seinen Reisen an entlegene Orte versorgen und die Seite als Reise-Blog nutzen. "Mit dem Bus sieht man die Dinge noch mal anders", ist Zepek überzeugt.
"Die Resonanz ist gut", freut er sich. "Es melden sich viele Leute und fragen nach Tipps. Es hat sich eine Community entwickelt." Die Seite wurde inzwischen von 883 Menschen abonniert. Und auch das mediale Interesse ist hoch. Neben mehreren Zeitungen wollen nun auch zwei Fernsehsender über das Projekt des jungen Siegelsbachers berichten.