Heimatkundler Wolfgang Burth erinnert mit einem Bild daran, wie die neue Synagoge ausgesehen hat, die hier einst stand. Foto: Brötzmann
Von Detlef Brötzmann
Eppingen. Bescheiden klein war die Gruppe, die sich zum europäischen Tag der jüdischen Kultur an der alten Eppinger Universität versammelt hatte. Wie in 45 anderen Orten in Baden-Württemberg erinnerte auch Eppingen im Rahmen eines europaweiten Gedenktages an das Judentum, seine Geschichte und Traditionen.
Das einstige jüdische Leben ist bis heute eng mit der Geschichte der Fachwerkstadt verbunden. Im Jahre 1842 lebten 222 jüdische Mitbürger in der Stadt, was damals einer Quote von zehn Prozent der gesamten Einwohnerschaft entsprach. Grund genug, um sich mit Wolfgang Burth von den Heimatfreuden auf eine Spurensuche der Eppinger Juden zu begeben.
Bereits vor 1386, der Zeit der Pest, zeugen Überlieferungen von der Existenz der Juden in Eppingen; danach erst wieder nach dem Dreißigjährigen Krieg. Im 19. Jahrhundert war das Judentum in Eppingen in seiner Hochphase. Um das Jahr 1900 nahm die Zahl dann wieder ab. Begründet ist dies durch eine Abwanderung in Großstädte. Dort versprach man sich eine höhere Lebensqualität.
Zu Beginn der nationalsozialistischen Herrschaft Anfang 1933 lebten in Eppingen noch 60 jüdische Bürger, 38 von ihnen kamen im Laufe der unrühmlichen Geschichtsepoche ums Leben. Unter ihnen der Fell- und Kleintierhändler Julius Sternweiler, der in der Fleischgasse Nr. 5 lebte. Er war einer der ärmsten Juden der Stadt, jedoch beliebt und geachtet. Doch dies nahm im Oktober 1940 ein jähes Ende, als er mit den letzten Eppinger Juden nach Gurs deportiert wurde.
Besser erging es einer großen und berühmten Tochter Eppingens, Selma Rosenfeld. Ihre jüdischen Eltern waren wohlhabend und Besitzer des Gasthauses "Ratskeller", in dem Selma Rosenfeld 1892 geboren wurde. Zunächst als Lehrkraft im Badischen Staatsdienst tätig, reiste sie 1924 in die USA zu einem Studienaufenthalt. Doch sie blieb in den Staaten, wurde Professorin in Los Angeles und gab Bücher für den Deutschunterricht heraus. Zur Erinnerung an diese Persönlichkeit trägt die Eppinger Realschule heute ihren Namen.
Die jüdische Gemeinde unterhielt in der Fachwerkstadt einst eine eigene Schule. Ein Fachwerkgebäude in der Metzgergasse zeugt noch heute davon. Damals hatte das evangelisch geprägte Eppingen mehr jüdische als katholische Schüler. Auch die alte Synagoge aus dem Jahre 1772 in der Küfergasse ist erhalten. Im Kellergeschoss befindet sich die sogenannte "Mikwe", ein Ritualbad. Zwischenzeitlich verschüttet, wurde es 1984 in acht Meter Tiefe wieder freigelegt.
Ein Hochzeitsstein an der Außenwand des Gebäudes blieb durch mutiges Handeln erhalten: Heinrich Renz hatte den Stein durch einen angebrachten Kellerladen geschützt. Das kam den Nazis suspekt vor. Als diese eines Sommers forderten, den Laden zu öffnen, sagte Renz "Da wird mein Most schlecht". Auf einen erneuten Anlauf im Winter entgegnete er: "Dann erfrieren die Kartoffeln". So blieb der Laden zu und der Stein erhalten.
Im Übrigen lebten die Eppinger Juden in einem guten Verhältnis mit und unter der Bevölkerung. Im Jahr 1873 wurde eine neue Synagoge in direkter Nachbarschaft zur evangelischen Kirche in der Kaiserstraße gebaut. Diese fiel allerdings in der Reichspogromnacht 1938 einem Brandanschlag zum Opfer. Die Thorarolle befand sich zu dieser Zeit bereits in Sicherheit, da sich die jüdische Gemeinde in Auflösung befand und die Synagoge kurz zuvor an die Sparkasse verkauft hatte.
Mit den wenigen verbliebenen Juden kam die jüdische Kultur in der Stadt zum Erliegen. Am Ende der Stadtführung spricht Wolfgang Burth einen bemerkenswerten Satz aus, der die Zuhörer betroffen macht:" 1940 ist die jüdische Geschichte in Eppingen zu Ende."