Eine Klage verhinderte, dass die Containeranlage 2016 wie geplant bezogen wurde.
Von Anja Hammer
Meckesheim. Andreas Germann ist einer von denen, die sich "eine goldene Nase verdienen" wollten. Das wurde immer wieder den Menschen nachgesagt, die den Höhepunkt der Flüchtlingskrise in den Jahren 2015 und 2016 ausnutzten. Der Rhein-Neckar-Kreis und die Kommunen suchten händeringend nach Unterbringungsmöglichkeiten - und Immobilieneigentümer und Investoren witterten ihre Chance. Auch Germann: "Es ging ums Geschäft, na klar", sagt der Meckesheimer Unternehmer heute. Auf die "goldene Nase" wartet er aber noch immer. Stattdessen fiel er auf die Nase.
Im Herbst 2016 ließ Andreas Germann zwei Gebäude in Containerbauweise im Meckesheimer Industriegebiet errichten. Das Landratsamt des Rhein-Neckar-Kreises wollte diese anmieten und dort knapp 200 Flüchtlinge unterbringen. Doch zwei benachbarte Betriebe klagten. Es kam zum Baustopp - und Flüchtlinge zogen in der Dieselstraße nie ein. Das Landratsamt hatte kein Interesse mehr.
Das ist die bisher bekannte Geschichte, über die die RNZ schon mehrfach berichtete. Andreas Germann möchte nun seine Version der Geschichte erzählen. Die RNZ trifft den 55-Jährigen auf der Dachterrasse seiner Penthousewohnung. Von dort hat er die Container immer im Blick: Sein Wohn- und Firmengelände - Germanns Firma stellt Betonabsperrungen her - grenzt direkt an das Areal der leerstehenden Flüchtlingsunterkunft an.
Germann überlegt lange, bevor er auf Fragen antwortet. Manchmal antwortet er auch gar nicht und starrt in seine selbsttönende Sonnenbrille. Manchmal springt Hans-Jürgen Moos ein. Den früheren Meckesheimer Bürgermeister wollte Germann unbedingt dabei haben. Er nennt ihn einen "Freund der Familie", der sich gut in der ganzen Angelegenheit auskenne. Moos nennt sich Germanns "Medienberater" und siezt ihn.
Moos springt dann ein, wenn Germann lieber schweigen will. Etwa, als es um Zahlen geht. Einen "niedrigen siebenstelligen Betrag" hat Germann in die Flüchtlingsunterkunft investiert, berichtet Moos. Germann, der ursprünglich aus Mauer kommt und seit etwa sieben Jahren in Meckesheim wohnt, widerspricht nicht.
Andreas Germann will das Landratsamt verklagen. Fotos: Alex
Germann erzählt lieber, wie er 2015 das Landratsamt kontaktierte und sein Grundstück in der Dieselstraße für die Flüchtlingsunterbringung anbot. "Wir kamen ins Geschäft", sagt er. Im Sommer 2016 bekam er die Baugenehmigung. "Dann habe ich Vollgas gegeben." Mehrfach betont er, welchen Wert er auf die Qualität seiner Container gelegt hat. Die Firmen, die ihm vom Landratsamt empfohlen worden seien, hätten nur teure Container bei schlechter Qualität geboten. Germann: "Also habe ich in Polen Container nach meiner Vorgabe bauen lassen." Diese hätten "Wohnqualität", sagt er. Alles sei zügig vorangegangen, im November 2016 sei die Abnahme durch das Bauamt erfolgt.
"Und dann begannen die Nebenkriegsschauplätze", erklärt Hans-Jürgen Moos. Er meint den Baustopp und die Klage der Nachbarbetriebe. Das Kuriose: Die Firma AVM, die klagte, gehörte einst Germann - bis er sie vor rund zehn Jahren verkaufte.
Als er nach dem Baustopp seinen Ansprechpartner beim Landratsamt kontaktiert habe, habe er von diesem nur den Hinweis auf "unternehmerisches Risiko" zu hören bekommen, berichtet Germann weiter. Groß war daher die Erleichterung, als im Dezember 2016 die erste Monatsmiete vom Landratsamt auf seinem Konto landete. Die Ernüchterung folgte wenig später: Die Behörde forderte den "fünfstelligen Betrag" - laut Moos - zurück. Es sei ein Fehler passiert. Germann weigerte sich, es kam zum Gerichtsprozess und Germann musste den Betrag zurückzahlen. Der Unternehmer versteht das Ganze nicht: "Es gibt einen Mietvertrag", sagt er. Dieser laufe drei Jahre. Das Landratsamt sagt derweil auf RNZ-Nachfrage, dass es keinen gültigen Vertrag gibt.
Germann will nun vor Gericht ziehen und vom Landratsamt entweder die Erfüllung des Mietvertrags oder Schadenersatz verlangen. Doch er muss noch warten. Denn zunächst musste über die Klage der Nachbarbetriebe und die Gültigkeit der Baugenehmigung entschieden werden. Das Urteil wurde im Februar dieses Jahres getroffen. "Das fiel ganz in meinem Sinne aus", findet Germann.
Zum Abschluss des Treffens führt der 55-Jährige stolz durch seine Container. Ende 2019, wenn der Vertrag mit dem Landratsamt ende, will er sie umnutzen, erzählt er. Wenig später spricht er von verkaufen, da er eine Umnutzung in Meckesheim nie genehmigt bekommen würde.
Die ganze Zeit über bleibt Germann äußerlich gelassen. Wut, Ärger oder Verzweiflung - das lässt er sich nicht anmerken. Darauf angesprochen, dass aus der "goldenen Nase" nichts wurde, sagt er: "Ich sehe das große Minusgeschäft noch nicht", sagt er. Moos schiebt hinterher: "Das Ganze ist aber schon existenzbedrohend."