Neckargemünd/Heidelberg. (uw) Die kriminelle Masche, sich als Polizeibeamte auszugeben, ist schon ziemlich alt. Trotzdem fallen immer noch ältere Menschen auf vermeintliche Polizisten herein. So geschehen unter anderem in Neckargemünd. Hier wurde eine Seniorin um 20.000 Euro ärmer.
Das Heidelberger Amtsgericht hat jetzt zwei Mitglieder der Bande zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt. Ein 24-jähriger Angeklagter erhielt drei Jahre und neun Monate. Zudem wurde die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt angeordnet. Ein 25-jähriger Mittäter muss für zwei Jahre und neun Monate ins Gefängnis.
Mitte Juni dieses Jahres hatte die Neckargemünder Rentnerin den Anruf einer unbekannten Frau erhalten. Die gab sich als Stuttgarter Kriminalbeamtin aus und machte der Seniorin weis, dass ein Einbruch bei ihr bevorstehe. Die Polizei habe bei rumänischen Ganoven einen Zettel mit ihrem Namen und der Adresse gefunden. Über Stunden hinweg wurde die Frau von mehreren Personen am Telefon massiv unter Druck gesetzt.
Eigentlich wäre ihr Erspartes bei der Sparkasse und der Volksbank sicher gewesen. Doch die Anrufer redeten ihr ein, dass die Einbrecher dort mit Bankmitarbeitern unter einer Decke steckten. Und so hob die Dame am nächsten Morgen insgesamt 20.000 Euro ab. Die Summe händigte sie einem der Angeklagten auf einem Parkplatz in Sinsheim aus. Der vermeintliche Polizist behielt 3000 Euro für sich, den Rest übergab er in München. Wem, das wollte er nicht sagen.
Auch in der Nähe von Stuttgart fielen zwei ältere Frauen auf die Betrüger herein und verloren so insgesamt 30.000 Euro. Eines der Opfer ist halbseitig gelähmt. Bei diesen Taten waren beide Angeklagte mit dabei. Einer von ihnen war erst Wochen zuvor aus der Haft entlassen worden, wo er wegen schweren Raubes eingesessen hatte. Die zwei wurden in Stuttgart festgenommen, bevor sie Geld bei einem weiteren Opfer abholen konnten. Bei einem der jungen Männer fanden Beamte 80 Gramm Marihuana.
Die Angeklagten hatten die Taten vor Gericht eingeräumt, ihren Auftraggeber gaben sie jedoch nicht preis. Es wird vermutet, dass die Bande von der Türkei aus operiert. Von dort rufen sogenannte "Keiler" Menschen mit altertümlichen Namen an und machen ihnen Angst. Die üble Masche funktioniert seit vielen Jahren nach einem ähnlichen Schema. Die Anrufer hätten einen solchen "Druck aufgebaut", dass die Opfer "keinen vernünftigen Gedanken mehr fassen konnten", sagte Richterin Walburga Englert-Biedert. Wenn die Senioren merken, dass sie hereingelegt wurden, ist es zu spät.
Wenn überhaupt, werden nur die sogenannten "Abholer" geschnappt, die nur einen kleinen Teil der Beute einstreichen. Das meiste Geld fließt vermutlich in die Türkei. Vor drei Jahren gelang es erstmals, einen Telefonbetrüger außerhalb Deutschlands festzunehmen. Der hatte von der Türkei aus alte Menschen angerufen und sich als Polizist ausgegeben. Komplizen holten dann Geld und Wertsachen bei den Opfern ab. Der Mann ist in Deutschland aufgewachsen, wurde aber wegen schwerer Straftaten in die Türkei abgeschoben. Fahnder des LKA Baden-Württemberg spürten ihn 2017 in Marokko auf. Er wurde nach Deutschland ausgeliefert und erhielt eine mehrjährige Haftstrafe.